Trotz Rückstands in Umfragen Warum Joe Biden bei der Wahl jetzt auf Florida setzt


Biden macht sich Hoffnungen darauf, den US-Bundesstaat Florida im November gewinnen zu können.
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Bei den Präsidentschaftswahlen in den USA im November wird es am Ende besonders auf das Ergebnis in wenigen Staaten ankommen. Eine Gerichtsentscheidung zum Recht auf Abtreibung bringt nun für die Biden-Kampagne einen neuen Staat ins Spiel: Florida.
Die Präsidentschaftswahl in den USA im November wird sich in einigen wenigen Bundesstaaten entscheiden. Sieben "Swing States", Staaten, in denen der Wahlausgang offen ist, stehen dabei im Fokus: Arizona, Georgia, Michigan, Nevada, North Carolina, Pennsylvania und Wisconsin. Diese dürften das Zünglein an der Waage werden, das entscheidet, wer im Januar kommenden Jahres seine zweite Amtszeit im Weißen Haus antreten darf: Joe Biden oder Donald Trump.
Jetzt kommt jedoch noch ein weiterer Bundesstaat hinzu: Florida. Vor einigen Wahlzyklen rechneten sich die Demokraten hier noch reele Erfolgschancen aus - Barack Obama trug hier 2008 und 2012 den Sieg davon. Doch bei den letzten Präsidentschaftswahlen im "Sunshine State" gewann Donald Trump sowohl gegen Hillary Clinton als auch zuletzt gegen Biden.
Der aktuelle Gouverneur kommt mit Ron DeSantis ebenfalls von den Republikanern und in beiden Parlamentskammern im US-Bundesstaat dominiert Trumps Partei. Auch bei den wichtigen Wählerregistrierungen hinken die Demokraten in dem Staat mit über 20 Millionen Einwohnern deutlich hinterher.
Eigentlich keine besonders rosigen Ausgangschancen für den 81-jährigen Biden mit Blick auf die Wahl im November. Doch sieht die demokratische Wahlkampagne offenbar eine Chance. "Florida ist kein leicht zu gewinnender Staat, aber er ist für Präsident Biden zu gewinnen", schreibt die Wahlkampfmanagerin Julie Chavez Rodriguez in einem Kampagnenpapier, welches dem US-Nachrichtensender NBC vorliegt. Man habe mehrere Wege, um die notwendigen 270 Stimmen im bundesweiten Wahlleutekollegium zu erreichen - eine Möglichkeit biete sich in Florida, heißt es in der Mitteilung.
Volksabstimmung über Schwangerschaftsabbruch
Anlass für die Hoffnung der Demokraten ist ein neues Gesetz in Florida, welches den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen massiv einschränkt. Der dortige Supreme Court entschied Anfang der Woche, dass sich aus der Verfassung des Bundesstaats kein individuelles Recht auf Abtreibung ergebe. Dadurch wird zum Mai ein knallhartes Abtreibungsrecht in Kraft treten - Abbrüche sind dann nur noch bis zur sechsten Schwangerschaftswoche möglich. Zu diesem Zeitpunkt ist eine Schwangerschaft oftmals noch gar nicht bekannt.
Neben Florida nutzten viele republikanisch dominierte US-Bundesstaaten zuletzt die Chance, das Abtreibungsrecht einzuschränken, seit der Oberste Gerichtshof mit einer höchst umstrittenen Entscheidung das Grundsatzurteil "Roe v. Wade" aufgehoben hatte, welches seit 1973 ein landesweites Recht auf Abtreibungen sicherte.
Seitdem hat der Kampf um das Streitthema massiv zugenommen - und das Thema mobilisiert die Wählerschaft. Bei Umfragen nach den Zwischenwahlen im Jahr 2022 sagten bis zu 70 Prozent der Wähler, dass dieses Thema ihre Wahlentscheidung beeinflusst habe. Ähnlich sieht es auch für die Wahl im November aus.
Und das möchte sich die Biden-Kampagne zunutze machen. Der Supreme Court in Florida lieferte eine Steilvorlage, welche die liberale Wählerschaft im "Sunshine State" an die Urnen treiben könnte. Denn: Eine geplante Volksabstimmung parallel zur Präsidentschaftswahl über das Recht auf Abtreibungen sei ebenfalls zulässig, entschied das Gericht. Falls 60 Prozent der Wähler zustimmen, würde in der Verfassung des Bundesstaats festgeschrieben werden, dass eine Abtreibung bis zur 24. Schwangerschaftswoche möglich wäre - das Abtreibungsverbot der Republikaner wäre Geschichte.
Biden-Kampagne startet Offensive
Grundsätzlich spricht sich in Umfragen in den USA eine Mehrheit der Bevölkerung für ein nationales Recht auf Schwangerschaftsabbruch aus. Das führte in der jüngeren Vergangenheit bereits zu beachtlichen Erfolgen in eher konservativen US-Bundesstaaten, wie Kansas oder Kentucky.
In beiden Staaten standen Verfassungszusätze zur Abstimmung, die das Recht auf Abtreibung massiv eingeschränkt hätten - und wurden abgelehnt. "Wie wir bei einer Wahl nach der anderen gesehen haben, mobilisiert der Schutz der Abtreibungsrechte ein vielfältiges und wachsendes Wählersegment, das den Demokraten Auftrieb gibt", schreibt die Biden-Wahlkampfmanagerin Julie Chavez Rodriguez.
Anlass genug für die Biden-Partei, um in den teuren Werbemarkt in Florida zu investieren. Seine Kampagne präsentierte in dieser Woche einen ersten neuen Wahlwerbe-Spot, der sich an die Wählerinnen und Wähler in Florida richtet. Darin wird Trump für die Einschränkungen des Abtreibungsrechts verantwortlich gemacht. Die Berufung dreier ultrakonservativer Richter an den Supreme Court in Washington hatte es erst möglich gemacht, dass das nationale Abtreibungsrecht gekippt wurde. Und Trump präsentierte dies im Nachgang auf Social Media als seinen Erfolg.
Ob das Thema bei den Wählern nachhaltig verfängt, wird sich zeigen. In jüngsten Umfragen im US-Bundesstaat Florida - deren Befragungszeitraum noch vor dem dortigen Gerichtsurteil lag - liegt Biden, laut dem US-Portal 270towin 6,5 Prozentpunkte hinter seinem Herausforderer Trump zurück. Ein deutlicher Abstand - bei den Wahlen 2020 hatte Bidens Rückstand nur 3,5 Prozentpunkte betragen.
Quelle: ntv.de