Politik

Der Countdown läuft Was die Wahlnacht spannend macht

Wie hier in Kalifornien kann noch gewählt werden, wenn andere Bundesstaaten längst die Stimmen auszähen.

Wie hier in Kalifornien kann noch gewählt werden, wenn andere Bundesstaaten längst die Stimmen auszähen.

(Foto: imago images/ZUMA Wire)

Die Auszählung der Stimmen hat begonnen - doch längst nicht in allen Bundesstaaten. Sehr schnell wird aber ein Ergebnis aus Florida erwartet, und das könnte so etwas wie eine Vorentscheidung bringen. Wach bleiben lohnt sich also.

Um 18 Uhr hockt Deutschland vor dem Fernseher, Minuten später kommt die erste Hochrechnung zur Bundestagswahl - über solch eine Dynamik können die Amerikaner wohl nur müde lächeln. Ihr Land ist mehr als 25 mal so groß wie die Bundesrepublik und auf dem Festland gibt es fünf verschiedene Zeitzonen. Zwischen der Schließung der Wahllokale in Kentucky und Schlusslicht Alaska liegen sieben Stunden. Wobei man bei einem halben Einwohner pro Quadratkilometer und drei Wahlmännern nicht davon sprechen kann, dass die USA den Ausgang der Stimmzählung in Alaska mit großer Spannung erwarten. Dennoch: Es lohnt sich, den nächtlichen Countdown live mitzuerleben. Denn einige Zwischenergebnisse aus der Nacht können in Summe für Trump oder Biden schon den Gesamtsieg bedeuten.

"This is not a normal year" - Das ist kein normales Jahr, so schwört die "New York Times" ihre Leserinnen und Leser auf eine womöglich lange Hängepartie ein. Denn durch die hohe Wahlbeteiligung und den hohen Anteil an Briefwahlstimmen kommen einige Bundesstaaten an ihre Kapazitätsgrenzen. Manche wiederum akzeptieren abgegebene Stimmen per Brief auch noch Tage nach der eigentlichen Wahl. Im schlimmsten Fall könnte die Hängepartie nicht Stunden, sondern Tage andauern. Im - für die Nerven der US-Bürger - günstigsten Fall aber entscheidet sich in dieser Nacht, wer die USA in den kommenden vier Jahren regiert.

Mitternacht

In den ersten beiden Staaten haben die meisten Wahllokale gerade geschlossen. Zumindest Kentucky hat die Marschrichtung ausgegeben: Nach sechs Stunden sollen alle bislang abgegebenen Stimmen gezählt sein. Indiana, der zweite frühe Bundesstaat gibt sich entspannter und hat verkündet, wegen der vielen Briefwahlstimmen könnte es auch ein bis zwei Tage dauern, bis ein Ergebnis da ist. Beide Staaten sind relativ sichere Trump-Hochburgen.

1 Uhr morgens

In acht Bundesstaaten schließen weitere Wahllokale, darunter die Swing States Georgia und das besonders umkämpfte Florida. Wenn der Bundesstaat mit 29 Wahlleuten an Joe Biden ginge, würden sich Donald Trumps Chancen auf einen Wahlsieg von einem Moment auf den anderen minimieren. Aber Obacht: Florida hat schon früh damit begonnen, seine Briefwahlstimmen auszuzählen. Die werden also sehr schnell in die Wertung miteinfließen. Und unter Briefwählern liegt Biden Prognosen zufolge deutlich vorn.

Der "Pfannenstiel", der westliche Zipfel Floridas, gehört zu einer anderen Zeitzone und macht erst eine Stunde später Schluss. Hier leben aber besonders viele konservative Trump-Anhänger, deren Stimmen also etwas später gezählt werden. Daher hat es noch nichts zu sagen, wenn die ersten Zwischenergebnisse aus Florida Biden in Führung sehen. Das kann sich im Laufe der Nacht wieder ändern. Zeigen die ersten Werte aus Florida indes bereits einen Vorsprung für Donald Trump, dann könnte der Präsident sich seines Wahlsiegs dort nahezu sicher sein.

Georgia tendiert derzeit knapp zu Biden. Mit 16 Wahlleuten gehört er zu den mittelgroßen Swing States. Offiziell angekündigt ist, im Laufe des Mittwochs spätestens ein Endergebnis vorzulegen. Verlässliche Zwischenergebnisse könnten aus Georgia schon relativ schnell kommen.

2 Uhr morgens

Floridas Pfannenstiel zählt aus, jetzt steigt die Spannung. Gewinnt Biden Florida, dann ist er auf der Zielgeraden, wenn er nicht in den traditionellen demokratischen Hochburgen patzt. Der Präsident hingegen muss Florida gewinnen, ebenso wie Pennsylvania, um überhaupt im Rennen zu bleiben. Denn durch die traditionell republikanischen Bundesstaaten sind Trump nur 125 Stimmen von Wahlmännern sicher - gegenüber 258 für Joe Biden. Trump muss also viele Swing States für sich entscheiden. Ohne Florida und Pennsylvania wird es nicht reichen.

Letzterer versiegelt auch zu dieser Zeit die Wahllokale, beginnt aber auch jetzt erst mit der Auszählung der Briefstimmen. Wegen der großen Zahl hieß es im Vorfeld aus Pennsylvania: "Die überwiegende Mehrheit der Stimmen wird bis Freitag, den 6. November ausgezählt sein. Dieser Bundesstaat könnte die US-Bürger also echte Nerven kosten: Falls Florida an Biden geht, muss Trump unbedingt Pennsylvania gewinnen, um im Rennen zu bleiben.

Gleichzeitig könnte es hier lange nach einem Sieg des Präsidenten aussehen, da etliche Bezirke die Briefstimmen erst im Anschluss an die Direktstimmen zählen. So kann sich Trump auf frühe Tendenzen hier kaum verlassen. Sollte der Präsident bereits Florida geholt haben, braucht Biden nicht zwingend den Sieg in Pennsylvania, aber ohne würde es schon deutlich enger für ihn. Pennsylvania ist also ziemlich entscheidend und gleichzeitig extrem entspannt mit dem Auszählen. Das ganze Land, die halbe Welt derart auf die Folter zu spannen, erscheint schon leicht eigenwillig.

Mit North Carolina und Ohio haben nun auch zwei weitere Swing States die Stimmabgabe abgeschlossen oder streben das zumindest an. In vier Gemeinden in North Carolina waren die Wahlhelferinnen und Wahlhelfer zu spät gekommen, die Lokale machten mit Verzögerung auf. Die verlorene Zeit wird eventuell hinten angehängt. Ansonsten sollten die Resultate von hier schnell kommen, allerdings nehmen beide Staaten auch noch eine Woche lang verspätete Stimmen per Brief an. Wenn es sehr eng wird und es auf wenige Stimmen ankommen sollte, fällt die Entscheidung vielleicht erst Mitte des Monats.

Texas zählt nun auch. Würden die 38 texanischen Wahlleute an Biden gehen, wäre das für Trump schon demütigend, so lange hat der Bundesstaat verlässlich republikanisch gewählt. Derzeit liegt der Präsident dort knapp vorn.

3 Uhr morgens

Neben einigen anderen kommen nun Michigan und Wisconsin dazu. In beiden Staaten gelang Trump 2016 ein absoluter Überraschungssieg. Für Biden ist es wichtig, dass er die beiden Staaten nun zurückerobert. Die Umfragen deuteten das an. Zunächst sah es aus, als könnte es auch hier lange spannend bleiben: die Briefstimmen in Michigan werden erst am Wahltag ausgezählt, von dort kam die Warnung, es könne bis zum Freitag dauern, bis ein Ergebnis feststeht. Nun kündigte der Staatssekretär des Bundesstaates jedoch an, da die Wahl derart problemlos laufe, könne Michigan schon recht früh Resultate liefern.

4 Uhr morgens

Nevada mit Tendenz zu Biden, Utah und Iowa mit Tendenz zu Trump. Es ist damit zu rechnen, dass sich diese Prognosen auch im Ergebnis wiederfinden. Eventuell könnte man sich an dieser Stelle einen einstündigen Power-Nap gönnen, um dann um

5 Uhr morgens

wieder voll einzusteigen. Die Ergebnisse der Staaten, die nun ihre Wahllokale schließen, sind zwar etwas öde, weil sehr vorhersehbar: Kalifornien, Oregon und Washington gehen sicherlich an Biden, Idaho sicherlich an Trump. Aber im flinken Florida könnte man nun langsam ausgezählt haben. Und das Ergebnis könnte so etwas wie eine Vorentscheidung sein und die Lizenz, um Alaska und Hawaii sich selbst zu überlassen und nun tatsächlich ins Bett zu gehen.

Quelle: ntv.de

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