Netanjahu spricht von Komplizen Wer machte die Bilder bei der Hamas-Attacke?
09.11.2023, 18:50 Uhr Artikel anhören
Das Bild der Nachrichtenagentur AP zeigt die Verschleppung einer israelischen Frau am 7. Oktober in den Gazastreifen. Im Hintergrund halten Fotografen mit professioneller Kameraausrüstung die Szene fest.
(Foto: AP)
Am 7. Oktober dringen Hamas-Kommandos in Israel ein und richten ein Massaker an. Im Tross der Terroristen befinden sich auch palästinensische Fotografen, die für westliche Nachrichtenagenturen arbeiten. Ein Bericht wirft die Frage auf, ob die Journalisten von der Hamas gelenkt werden.
Israel Regierungschef Benjamin Netanjahu hat Fotografen internationaler Medien vorgeworfen, beim Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober dabei gewesen zu sein und Bilder gemacht zu haben. "Diese Journalisten waren Komplizen bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit, ihr Handeln verstieß gegen die Berufsethik", teilte Netanjahus Büro mit. Die Medien seien schriftlich aufgefordert worden, das aufzuklären und umgehend Maßnahmen zu ergreifen.
Hintergrund der Anschuldigungen sind Recherchen der israelischen Nichtregierungsorganisation Honest Reporting. In einem Bericht kritisiert die NGO vier palästinensische Fotografen, die freiberuflich für westliche Nachrichtenagenturen und Medien wie AP, Reuters, "New York Times" und CNN die Attacke der Hamas-Terroristen aus nächster Nähe dokumentierten. Ihre Fotos und Videos fanden später Eingang in die internationale Berichterstattung. Honest Reporting äußert den Verdacht fehlender journalistischer Distanz. Die NGO wirft die Frage auf, ob die Fotografen vorab informiert und am Tag des Massakers von der Hamas koordiniert und gelenkt wurden.
Aufgrund der Vorwürfe trennte sich der US-Nachrichtensender CNN von einem der im Bericht erwähnten Fotojournalisten aus Gaza. Man habe beschlossen, "alle Geschäftsbeziehungen zu Hassan Eslaiah einzustellen", zitiert das israelische Online-Portal Ynetnews aus einer Antwort des Senders. Wenig später folgte die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) dem Beispiel.
Kuss vom Hamas-Führer
Im Fall Eslaiah führt Honest Reporting unter anderem ein älteres Selfie an. Es zeigt ihn Arm in Arm mit dem Hamas-Führer Yahya Sinwar. Der Top-Terrorist gibt Eslaiah dabei einen Kuss auf die Wange. Am 7. Oktober nahm Eslaiah ein Video auf, das ihn vor einem brennenden israelischen Panzer zeigt. Er trägt dabei weder einen Helm noch eine Presseweste, die ihn als Journalisten kenntlich macht. Am selben Tag streamte Eslaiah auf Facebook, wie er auf dem Rücksitz eines Motorrads die Grenze nach Israel überquert. Während der Fahrt hält eine Hand eine Handgranate in die Kamera.
Anderen palästinensischen Fotojournalisten wirft Honest Reporting die Dokumentation von Gräueltaten und Entführungen durch die Hamas vor. So sei etwa der Fotograf Abu Mustafa dabei gewesen, als ein palästinensischer Lnychmob die Leiche eines israelischen Soldaten malträtiert habe. Ein Bild der Tat wurde später von der Nachrichtenagentur Reuters veröffentlicht. "Journalisten, die von dem Massaker wussten und dennoch tatenlos zusahen, wie Kinder abgeschlachtet wurden, unterscheiden sich nicht von Terroristen und sollten als solche behandelt werden", schrieb Israels Verteidigungsminister Benny Gantz auf X.
"Es ist rücksichtslos, solche Vorwürfe zu machen"
Die Nachrichtenagentur AP schrieb zu den Vorwürfen: "AP nutzt Bilder von freien Mitarbeitern überall auf der Welt, auch in Gaza. Die Associated Press hatte keine Kenntnis von dem Angriff am 7. Oktober, bevor dieser passiert ist." Die ersten Bilder freier Fotografen, die AP empfangen habe, zeigten, dass diese mehr als eine Stunde nach Beginn des Angriffs aufgenommen worden seien. "Weder waren AP-Mitarbeiter zur Zeit des Angriffs an der Grenze, noch überquerten AP-Mitarbeiter die Grenze zu dieser Zeit", hieß es.
Die Nachrichtenagentur Reuters schrieb: "Uns sind der Bericht von Honest Reporting und die Vorwürfe gegen zwei freie Fotografen, die zur Reuters-Berichterstattung am 7. Oktober beigetragen haben, bekannt. Reuters weist kategorisch zurück, vorab von der Attacke gewusst oder die Hamas am 7. Oktober dabei begleitet zu haben." Auch die "New York Times" wies den Vorwurf, vorab von dem Terrorangriff gewusst zu haben, als "unwahr und ungeheuerlich" zurück. "Es ist rücksichtslos, solche Vorwürfe zu machen, und bringt unsere Journalisten in Israel und Gaza in Gefahr", so die Zeitung.
Quelle: ntv.de, jpe/dpa