Politik

"Mehr richtig als falsch gemacht" Westerwelle entschuldigt sich

Abgang nach zehn Jahren: Guido Westerwelle.

Abgang nach zehn Jahren: Guido Westerwelle.

(Foto: dpa)

Außenminister Westerwelle versucht auf dem Parteitag der Liberalen, mit dem Eingeständnis eigener Fehler seinen Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Er entschuldige sich "für jeden Fehler", sagt der scheidende Parteivorsitzende. Ein Teil der Basis fordert seine Ablösung als Außenminister, weil sie ihn für die Krise der Partei mit verantwortlich macht.

Der scheidende FDP-Chef Guido Westerwelle hat sich vor den über 600 Delegierten des Parteitags der Liberalen in Rostock "für jeden Fehler" entschuldigt. Wörtlich sagte Westerwelle, der nach zehn Jahren an der Parteispitze nicht mehr antritt: "Ich stehe zu jedem Fehler und ich entschuldige mich auch für jeden Fehler."

Westerwelle und Rösler im Rostocker Ratskeller.

Westerwelle und Rösler im Rostocker Ratskeller.

(Foto: dapd)

Insgesamt zog er aber eine zufriedene Bilanz seiner Ära. "Die letzten zehn Jahre waren unterm Strich durchaus positiv in der Bilanz. Wir haben mehr richtig als falsch gemacht."

Die neue Parteiführung will auf dem dreitägigen Parteitag eine offene Abrechnung mit Westerwelle verhindern. Nach einem Gespräch mit dem neuen FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle verzichtete der Fraktionsvize Martin Lindner auf einen Antrag, die Delegierten abstimmen zu lassen, ob Westerwelle im Außenamt bleiben darf.

"Eine Einzelmeinung"

"Es war eine Einzelmeinung", sagte bei n-tv über die Aktion seines Namensvetters. "Er hat ja viel Kritik für seine Initiative bekommen, für seine Meinungsäußerung, denn wir wollen jetzt die Personaldebatte beenden. (...) Heute wird nochmal diskutiert werden, das ist klar - das ist das Recht der Delegierten. Aber ab Montag müssen wir uns wieder um Deutschland kümmern und nicht länger um uns selbst."

Die FDP-Abgeordneten Torsten Staffeldt und Claudia Winterstein verfolgen als einzige ihrer Fraktion in Berlin die Aussprache im Bundestag. Thema ist die seit Mai dieses Jahres bestehende Arbeitnehmerfreizügigkeit.

Die FDP-Abgeordneten Torsten Staffeldt und Claudia Winterstein verfolgen als einzige ihrer Fraktion in Berlin die Aussprache im Bundestag. Thema ist die seit Mai dieses Jahres bestehende Arbeitnehmerfreizügigkeit.

(Foto: dpa)

Dem künftigen Vorsitzenden Philipp Rösler sicherte Westerwelle volle Unterstützung zu. "Ich werde meinem Nachfolger nicht ins Lenkrad greifen." Der neue Wirtschaftsminister Rösler wird am Nachmittag zum Parteichef gewählt. Am Samstag soll er seine erste Rede als Parteichef halten.

Westerwelle kritisierte die Opposition, die über die Personalwechsel der Liberalen herziehe. Die SPD habe in seiner Zeit als FDP-Chef sechs Parteivorsitzende verschlissen: "Im Vergleich zu euch sind wir der Hort für Stabilität in Deutschland", rief er den Sozialdemokraten zu.

"Sind in schwerer Krise"

Vor Westerwelle hatte Brüderle mit einer kritischen Bestandsaufnahme den Parteitag eröffnet. "Unsere Partei befindet sich in einer schweren Krise", sagte der neue Fraktionschef. Der Ex-Wirtschaftsminister zog eine kritische Bilanz der bisherigen Regierungsbeteiligung der FDP in Berlin. Die Partei habe vor der Wahl "hohe Erwartungen geweckt", in der Koalition mit der Union bislang aber "nicht genügend geliefert" und deswegen Glaubwürdigkeit verloren. "Wir müssen besser werden", forderte Brüderle. Die FDP müsse auf liberale Kernthemen wie Bürgerrechte, Bildung und soziale Marktwirtschaft setzen.

Ausdrücklich dankte Brüderle Westerwelle. "Lieber Guido, die Partei hat dir viel zu verdanken." Am Vorabend hatte FDP-Generalsekretär die Gäste des Parteiabends im Rostocker Ratskeller mit den Worten begrüßt: "Herzlich willkommen bei der FDP - also im Keller."

Leutheusser, Homburger, Zastrow

Die Delegierten stimmen auch über Röslers neue Führungsmannschaft ab, mit der er die Liberalen aus der Krise holen will. Als neuer Vize soll neben der früheren Fraktionsvorsitzenden Birgit Homburger und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger auch Sachsens FDP-Chef Holger Zastrow in die Parteispitze aufrücken. Homburger erhält den Posten offensichtlich aus Ausgleich für den Fraktionsvorsitz, den sie räumen musste, damit Rösler das Wirtschaftsressort übernehmen kann.

Trotz des personellen Umbaus kommt die FDP laut einer Umfrage für die ARD aus dem Stimmungstief nicht heraus. 61 Prozent der Deutschen sind demnach der Meinung, dass mit der FDP verlässliche Politik nicht mehr möglich sei. 86 Prozent glauben, dass die Partei sich mehr mit sich selbst beschäftigt anstatt mit den Problemen Deutschlands. Nur 30 Prozent sehen die FDP mit dem designierten Vorsitzenden Rösler auf dem richtigen Weg.

Der Chef der Jungen Liberalen, , nannte den Personalwechsel bei den Liberalen den "ersten wichtigen Schritt für einen Neuanfang". Wichtig sei allerdings, dass die FDP nun auch größere Themen in der Regierung umsetze, sagte Lasse n-tv. "Da muss jetzt natürlich mehr kommen." Die Rolle Brüderles in der Partei wertete er skeptisch.

Quelle: ntv.de, hvo/ghö/dpa/AFP

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