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Bruder von Hamas-Geisel bei Lanz "Wir werden uns nicht ergeben"

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Jeder Zehnte im Kibbuz Be'eri habe den Angriff der Hamas nicht überlebt, erzählt ein Bewohner.

Jeder Zehnte im Kibbuz Be'eri habe den Angriff der Hamas nicht überlebt, erzählt ein Bewohner.

(Foto: picture alliance / Anadolu)

Gili Roman und kommt aus Israel. Seine Schwester ist vermutlich eine der Geiseln der Terrororganisation Hamas. Bei Markus Lanz berichtet er, wie sein Kibbuz von der Hamas überfallen wurde - und warum er auf die Hilfe der Bundesregierung hofft.

Gili Roman wirkt gefasst. Am Donnerstagabend ist er zu Gast in der ZDF-Sendung "Markus Lanz". Was er dort erzählt, ist unglaublich. Es ist die Geschichte seiner Schwester, die seit fast zwei Wochen vermutlich eine Geisel der palästinensischen Terrororganisation Hamas ist. Seine Geschichte steht stellvertretend für die vielen israelischen Familien, deren Angehörige von der Hamas in den Gazastreifen verschleppt wurden.

Roman lebt mit seiner Familie in Be'eri, einem israelischen Kibbuz nahe der Grenze zum Gazastreifen. Seine Familie war gerade von einem dreiwöchigen Urlaub in Südafrika zurückgekommen und hatte die Verwandten zu Gast. Es ist der 6. Oktober, der Vorabend des Überfalls der Hamas auf Israel, der Beginn eines langen Wochenendes. Die Israelis feiern Simchat Torah, ein ausgelassenes und fröhliches Fest.

Gili Roman erzählt bei Lanz vom Überfall der Hamas auf seinen Heimatort.

Gili Roman erzählt bei Lanz vom Überfall der Hamas auf seinen Heimatort.

(Foto: picture alliance/dpa)

Auch Romans Schwester Yarden ist gekommen, zusammen mit ihrem Ehemann Alon und ihrer dreijährigen Tochter Gefen. Sie hatte erst vor kurzem den Kibbuz verlassen, aus Angst vor den Raketen aus dem Gazastreifen, dem Sirenengeheul und der ständigen Flucht in den Luftschutzbunker. Doch an diesem Freitagabend ist alles in Ordnung. Man isst, trinkt, feiert. Nur wenige Stunden später bricht das Grauen über den Kibbuz herein.

"Jeder Zehnte in unserem Kibbuz wurde getötet"

Am Morgen heulen die Sirenen. Wieder eilen die Bewohner von Be'eri in die Bunker. Doch diesmal bieten sie ihnen keinen Schutz. Palästinensische Terroristen dringen in den Kibbuz ein, töten etwa hundert Menschen. "Jeder Zehnte in unserem Kibbuz wurde getötet", sagt Roman. Auch seine Schwiegermutter. Die Terroristen dringen in ihr Haus ein, zwingen die Frau vor die Tür. Dort findet Gili Ramon später ihre Leiche, erschossen. Von der Familie seiner Schwester fehlt jede Spur. Noch kurz vor dem Eindringen der Terroristen hatte Gili Roman mit ihr über Whatsapp gechattet. "Ihre Tochter hatte ihren Teddy vergessen", sagt Roman, er habe sie zu trösten versucht.

Yarden wurde vermutlich von der Hamas verschleppt.

Yarden wurde vermutlich von der Hamas verschleppt.

(Foto: picture alliance/dpa/Roni Romann)

Als er seinen Luftschutzkeller verlassen kann, bietet sich ihm ein Bild des Grauens: Brennende Häuser, Tote überall. Noch Tage später werden Menschen aus ihren Verstecken geholt. Roman erzählt von einem kleinen Jungen, der sich mit seiner Mutter und einem dementen Angehörigen drei Tage lang versteckt hatte.

"Vier Soldaten liefen ihnen nach"

Was mit der Familie seiner Schwester passiert ist, erfährt Gili Roman später von seinem Schwager Alon. Die beiden Eheleute und die kleine Tochter werden von Soldaten in ein Auto gezwungen, das dann in Richtung Gazastreifen fährt. Als es wegen eines Panzers halten muss, nutzen die drei die Chance zur Flucht. "Sie sprangen aus dem Auto und versuchten, in den Wald zu rennen. Die Soldaten merkten das. Vier von denen rannten hinter ihnen her und schossen auf sie. Meine Schwester merkte, dass sie nicht schnell genug rennen konnte und gab das Liebste, was sie hatte, ihrem Mann. Das war ihre Tochter. Die beiden waren unzertrennlich."

Alon und die kleine Gefen verstecken sich im Wald. Zehn Stunden lang, ohne Essen, ohne Wasser, ohne Handy. Dann kehren sie nach Hause zurück. Von Gili Romans Schwester Yarden fehlt jede Spur. Tagelang habe er nach Hinweisen gesucht, erzählt Gili Roman. Doch ohne Erfolg. Dennoch hat er Hoffnung: "Wir haben auch kein Blut gefunden. Darum sind wir fest davon überzeugt, dass Yarden noch lebt und sich im Gazastreifen befindet", sagt er.

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Nun hofft er auf die Hilfe der Bundesregierung. Denn Gili Roman und seine Schwester sind deutsche Staatsbürger. Ihre Großeltern waren 1938 vor den Judenverfolgungen der Nazis nach Palästina geflohen. "Meine Großeltern waren stolz, Deutsche zu sein und auf die deutsche Kultur. Das haben sie uns mitgegeben", sagt er. "Und darum muss sich Deutschland mit uns in dem Bemühen einbringen, die Geiseln zu retten und zurückzubringen."

Roman ist entsetzt über den Angriff der Hamas-Terroristen. Sein Leben lang hat er für Frieden und Verständigung in der Region gekämpft. Er leitete eine internationale Schule, in der Schüler aus Israel, Palästina und aller Welt gemeinsam unterrichtet wurden. "Jetzt ist die Diskussion über einen Frieden zwischen Israel und Palästina kaum noch möglich", sagt Roman. Und er ist sicher: "Sie (die Hamas) werden uns nicht besiegen. Und wenn sie zehntausend israelische Soldaten töten - wir werden nicht die Weiße Flagge zeigen. Wir werden uns nicht ergeben."

Quelle: ntv.de

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