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Ende der Minderheitsregierung in NRW Kraft gewinnt

Nachdenklich oder gelassen? Hannelore Kraft dürfte ihre guten Umfragewerte kennen.

Nachdenklich oder gelassen? Hannelore Kraft dürfte ihre guten Umfragewerte kennen.

(Foto: dpa)

Hannelore Krafts Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen steht vor dem Aus. Doch eine Niederlage für die Ministerpräsidentin ist das nicht. Zwei Jahre lang hat sie das Land ohne Parlamentsmehrheit erfolgreich regiert. Ein absoluter Ausnahmefall in der neueren deutschen Geschichte. Der wahre Verlierer in Nordrhein-Westfalen ist die Opposition.

"Hannelore Kraft scheitert in Nordrhein-Westfalen, sie verliert ihre Handlungsfähigkeit". So lauten vielerorts die Schlagzeilen, nachdem die SPD-Ministerpräsidentin eine Mehrheit für den Haushaltsentwurf ihrer Minderheitsregierung verpasste. Doch tatsächlich ist es nicht Kraft, die ihre Handlungsfähigkeit verliert, es ist die Opposition, die kläglich scheitert.

In der jüngeren deutschen Geschichte gab es nur wenige wirklich erfolgreiche Minderheitsregierungen. Die wohl bekannteste war die in Sachsen-Anhalt. Reinhard Höppner bildete 1994 eine rot-grüne Koalition ohne Mehrheit im Parlament. Mit Hilfe der PDS und später auch der Stimmen anderer Abgeordneter konnte sich der Sozialdemokrat acht Jahre lang an der Spitze des Landes halten. Die meisten anderen Minderheitsregierungen endeten schon nach wenigen Monaten.

Rot-Grün regiert stabil

Vor fast zwei Jahren schwor Hannelore Kraft den Amtseid. Danach gelang es ihr eine absolute Mehrheit für Rot-Grün zu erkämpfen.

Vor fast zwei Jahren schwor Hannelore Kraft den Amtseid. Danach gelang es ihr eine absolute Mehrheit für Rot-Grün zu erkämpfen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Politiker, denen es nicht gelingt, eine Minderheitsregierung am Leben zu halten, sind also die Regel, nicht die Ausnahme. Kein Wunder also, dass die Opposition schon kurz nach den Landtagswahlen im Sommer 2010 auf ein baldiges Ende von Krafts Amtszeit spekulierte. Und zunächst sah es auch ganz danach aus. stimmte Rot-Grün nicht geschlossen ab. "Wenn Kraft schon ihr eigenes Lager nicht zusammenhält, wie soll sie dann bloß Einigkeit mit der Opposition herstellen?", fragten damals die Kraft-Gegner.

Ein halbes Jahr später gelang es ihr nur mit allergrößter Not, ihren Nachtragshaushalt durch das Parlament zu peitschen. Sie erreichte nur die Mehrheit, weil CDU-Abgeordnete am Tag der Abstimmung nicht anwesend waren. Und dann erklärte das Landesverfassungsgericht den Haushalt auch noch für verfassungswidrig, weil er zu hohe Schulden vorsah.

Doch trotz dieser Rückschläge gewann Kraft in jenen Monaten an Rückhalt in der Bevölkerung. Und das aus gutem Grund. Krafts rot-grüne Minderheitsregierung war  

Nach einem Jahr im Amt setzte sie 27 Gesetzentwürfe durch. Mehr schafften auch CDU und FDP nicht. Ihre emotionale Rede während der Trauerfeier für die Toten der Duisburger Loveparade brachte der Ehefrau und Mutter eines Sohnes viel Sympathie ein. Rot-Grün legte seit der Wahl um sieben Punkte zu und kam damals in Umfragen auf 54 Prozent.

Auch nach fast zwei Jahren schafft Krafts Truppe noch die absolute Mehrheit; sie vereint aktuell immerhin 52 Prozent der Wähler hinter sich. In Deutschland, wo erfolgreiche Minderheitsregierungen eine absolute Ausnahme sind, ist das ein Zeichen von Stärke. Und Krafts Stärke wird weiter zunehmen. Auch nach der Neuwahl wird sie die Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens sein – dann aber mit einer Mehrheit im Landtag. Kraft gewinnt.

Opposition verspielt Handlungsfähigkeit

Scheitern wird aller Voraussicht nach die Opposition. Für die CDU würden laut aktuellen Umfragen 35 Prozent der Wähler stimmen. Die Union wird künftig wohl mit der Piratenpartei die Oppositionsbank drücken. Angesichts geringer Schnittmengen dann wohl ziemlich machtlos.

FDP und Linke dürften an der Fünf-Prozent Hürde scheitern, sie kommen derzeit nur auf zwei bis drei Prozent. Während Hannelore Kraft regiert, werden sie das politische Geschehen in Nordrhein-Westfalen also nur noch passiv erleben. Vermutlich für lange Zeit.

Linke und FDP wussten natürlich auch vor der Kraftprobe in der Haushaltsdebatte, dass sie in Neuwahlen scheitern würden. Trotzdem versperrten sie sich dem Haushaltsentwurf der Ministerpräsidentin. Sie spekulierten auf ihr Einlenken und haben sich dabei kräftig verzockt, sich sogar leichtfertig in die absolute Handlungsunfähigkeit manövriert. Das dürfte auch den Wählern in Nordrhein-Westfalen nicht entgangen sein.

Quelle: ntv.de

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