Baden-WürttembergZunehmend Fälle von Fischwilderei – Wer stoppt die Täter?

Zertrampelte Ufer, genervte Angelvereine und kaum Strafen: Schwarzangeln wird zum Reizthema. Für die Übeltäter hat ihr Verhalten praktisch nie Konsequenzen.
Karlsruhe (dpa/lsw) - Angel auswerfen und warten, bis was anbeißt. Eigentlich ein harmloses Vergnügen. Aber es braucht viel Sachkenntnis und vor allem auch einen Fischerei- oder Angelschein. Das sehen manche aber nicht so eng und angeln einfach trotzdem – sehr zum Leidwesen von Naturschützern und legitimen Anglern.
Den Fachbeauftragten für Fische beim Naturschutzbund (Nabu) Baden-Württemberg, Hilmar Grzesiak, macht Fischwilderei schon ein wenig sauer. "Wir haben eisenharte Schwarzangler, die das unbeeindruckt einfach machen." Hinzu komme, dass es manchen Menschen aus anderen Ländern nicht klar sei, dass es in Deutschland dafür strenge Regeln gebe und in deren Herkunftsländern das Angeln auch sehr viel verbreiteter sei.
Anglerplatz wie eine Müllkippe
Überhaupt gingen Fischwilderer immer rabiater und skrupelloser vor, sagt der Landesfischereiverband. "Fischwilderei hat im Südwesten deutlich zugenommen", sagt Verbands-Vizepräsident Thomas Lang. Die Übeltäter stammten demnach aus allen Bevölkerungsschichten.
Lang und Grzesiak nerven dabei vor allem auch die "Sekundärschäden". Zertrampelte Ufer, abgeknicktes Schilf und auch die Tatsache, dass man nicht wisse, wie es wirklich um den Bestand von Fischen bestellt sei, wenn Personen unbemerkt Fische entnehmen. Manch ein Anglerplatz sehe aus wie eine Müllkippe, leere Bierflaschen und Zigarettenkippen seien typische Hinterlassenschaften von Fischwilderern.
Längst nicht jeder Schwarzangler wird erwischt
Nach Worten des Landwirtschaftsministeriums gibt es jährlich etwa 20 bis 40 Fälle von Fischwilderei, die bei Kontrollen auffallen. Die Dunkelziffer dürfte laut Grzesiak und nach Einschätzung des Landesfischereiverbandes weit höher liegen.
Dabei ist Angeln ohne Angelschein grundsätzlich verboten, es drohen empfindliche Strafen von bis zu 5.000 Euro. Theoretisch. Aber: "Diese Verfahren werden häufig – soweit uns bekannt – eingestellt mit der Begründung, ein öffentliches Interesse an Strafverfolgung sei nicht gegeben", erklärte ein Ministeriumssprecher. Wie oft kontrolliert wird, könne das zuständige Polizeipräsidium nicht sagen. "Gefühlsmäßig" gebe es keine steigenden Fallzahlen.
Angelvereine haben kaum Handhabe – Strafen gibt es fast nie
Als Verein könne man nur begrenzt eingreifen, sagt der Anglerverein Leingarten. "Aus Sicherheitsgründen raten wir unseren Mitgliedern und Bürgern ausdrücklich davon ab, Schwarzangler selbst anzusprechen", sagt Vereinsmitglied Anika Brandstätter. Stattdessen solle unverzüglich die Polizei informiert werden. Dazu rät auch Grzesiak: Es brauche schon Mut, einen vermeintlichen Schwarzangler an einer einsamen Flussstelle zu stellen – man solle lieber die Finger davon lassen.
Dass das Schwarzangeln so nachlässig verfolgt wird, stößt vielen Angelvereinen sauer auf. "Es macht auch keinen Spaß mehr, wenn Sie Schwarzangler anzeigen und das Verfahren wird eingestellt", kritisiert Joachim Meyer, Vizepräsident des Anglervereins Karlsruhe. "Sie können sich nicht vorstellen, wie das nervt."
Man habe vor einiger Zeit sogar Angler erwischt, die verbotenerweise mit Netzen fischten. "Wir sind bis zum Landwirtschaftsministerium gegangen und haben uns beschwert", sagt Meyer. Ohne Erfolg, Konsequenzen habe das Verhalten der Schwarzangler nicht gehabt. "Wenn es nicht richtig bestraft wird, erodiert das Unrechtsbewusstsein", sagt auch Nabu-Fischexperte Grzesiak.
Lieber wegen Tierquälerei anzeigen
Unerfahrene Angler wüssten nicht, wie man Fische fachgerecht tötet, was zusätzliches Leid verursache, erklärt Meyer. Inzwischen empfehlen er und auch Lang vom Landesfischereiverband, nicht wegen Schwarzangelns, sondern wegen Tierquälerei Anzeige zu erstatten, denn das werde in der Praxis viel strenger verfolgt als Angeln ohne Angelschein.
Fische leiden extrem, wenn sie nicht fachgerecht getötet werden, wenn sie in Netzen oder an sogenannten Legleinen mit Köder stundenlang zappeln und elendig verenden.
Vereine kontrollieren auch selbst
Weil strafrechtliche Konsequenzen selten sind, setzen Vereine zur Abschreckung auf eigene Kontrollen. Man investiere jährlich mehrere tausend Euro in Organisation, Ausbildung und Einsatz eines Kontrollteams, berichtet Hans-Hermann Schock, Vorstand des Württembergischen Anglervereins. Seit Einführung eines neuen Kontrollsystems vor einigen Jahren sei die Zahl potenzieller Schwarzangler und anderer Verstöße an den Gewässern deutlich zurückgegangen.
Auch beim Anglerverein Karlsruhe, einem der größten im Südwesten mit rund 6.000 Mitgliedern, sind rund 20 Kontrolleure damit beauftragt, Kontrollen an den Gewässern durchzuführen. "Ich habe noch nie erlebt, dass irgendjemand, der erwischt wurde, was zahlen musste", sagt jedoch Meyer.