BayernNach Misshandlungsvorwürfen: Neue Gesetze für Gefängnisse

Suizidpräventionsräume, mehr Psychiater, strengere Kontrollen: Wie ein Gesetzespaket den Schutz der Menschenwürde in bayerischen Gefängnissen stärken soll.
Augsburg (dpa/lby) - Wegen des Skandals um Misshandlungsvorwürfe gegen Beschäftigte der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen soll es Anfang 2026 ein Gesetzespaket zu Neuregelungen geben. Wie Justizminister Georg Eisenreich (CSU) ankündigte, sollen künftig Gefangene nur noch maximal 72 Stunden lang in den umstrittenen besonders gesicherten Hafträumen untergebracht werden dürfen. Danach müsse die Maßnahme von einem Richter überprüft werden.
Die geplanten Änderungen sind die Folge der Arbeit einer Kommission, die zur Aufarbeitung der Vorwürfe in Gablingen eingesetzt wurde und die nun einen knapp 300 Seiten umfassenden Bericht zu Verbesserungen vorlegte. Es sollen auch sogenannte besondere Schutzräume als neue und mildere Kategorie geschaffen werden. Zudem will das Ministerium bei einem Pilotprojekt in zwei Justizvollzugsanstalten Suizidpräventionsräume erproben.
Diskussion um Zellen für suizidgefährdete und aggressive Häftlinge
In den sogenannten besonders gesicherten Hafträumen werden suizidgefährdete oder besonders aggressive Häftlinge eingesperrt, fast ohne Kleidung und Inventar. In diesen im Anstaltsjargon "Bunker" genannten Zellen soll es in Gablingen zu Misshandlungen gekommen sein.
Die Augsburger Staatsanwaltschaft ermittelt seit einiger Zeit wegen verschiedener Vorwürfe gegen mehr als ein Dutzend Justizbedienstete, auch gegen die frühere Anstaltsleiterin und ihre Stellvertreterin. Bis zum Abschluss des Verfahrens gilt für die Beschuldigten die Unschuldsvermutung.
Die deutsche Anti-Folter-Kommission hatte die Zustände in der JVA Gablingen mehrfach kritisiert. Die Kommission bemängelte auch, dass sie bei einem Kontrollbesuch nicht unverzüglich die Sicherheitshafträume besichtigen konnte, sondern etwa 20 Minuten warten musste. Sie stellt in den Raum, dass Justizbeamte die Zeit genutzt haben könnten, um Verstöße gegen Vorschriften zu verschleiern.
Psychiatrische Versorgung von Häftlingen wird ausgebaut
Die Kommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Präsidenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, Peter Küspert, erarbeitete nun insgesamt 45 Empfehlungen.
Im bayerischen Justizvollzug arbeiteten überwiegend Menschen, die sich mit großem Einsatz bemühten, die notwendigen Standards auch angesichts schwieriger Rahmenbedingungen zu erfüllen, heißt es im Abschlussbericht. Dennoch sei eine Reihe von Defiziten struktureller Art vorgefunden worden. Diese könnten das Risiko eines unangemessenen Umgangs mit den Insassen einer JVA erhöhen.
Der Umgang mit psychisch auffälligen Gefangenen oder solchen, die Vollzug störten, könne auch zur Überforderung des Personals und fehlerhaften Entscheidungen führen, betont die Kommission. "Ziel ist es daher, Systeme zu etablieren, die auch in Extremsituationen eine an den Grundrechten orientierte Abwägungsentscheidung gewährleisten und insbesondere den Schutz der Menschenwürde sicherstellen, die auch für Gefangene uneingeschränkt gilt."
Eisenreich sagte, dass insbesondere die psychiatrische Versorgung in den Gefängnissen verbessert werden solle. Dafür werde in der Münchner JVA eine weitere Fachabteilung mit 20 Pflegekräften und zwei Psychiatern geschaffen.
Die psychiatrischen Abteilungen in Straubing und Würzburg sollten ebenfalls je einen zusätzlichen Arzt oder eine Ärztin bekommen. "Wir brauchen aber auch eine Debatte darüber, was der Justizvollzug leisten kann und was nicht", meinte der Minister.