HessenZahl der Abschiebungen am Flughafen Frankfurt steigt

Mehr Abschiebungen, mehr Zwangsmaßnahmen: Ein neuer Bericht beleuchtet die Situation in Frankfurt und übt Kritik an einigen Abläufen.
Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Am Flughafen Frankfurt sind 2024 deutlich mehr Menschen abgeschoben worden als im Jahr zuvor. Das geht aus dem Tätigkeitsbericht 2024 der Abschiebungsbeobachtung Frankfurt hervor. Die Beobachtungsstelle wird gemeinsam von der Diakonie Frankfurt und Offenbach und dem Caritasverband für die Diözese Limburg getragen.
Demnach wurden 2024 bundesweit 20.084 Menschen abgeschoben, das war ein Anstieg um rund 22 Prozent im Vergleich zu 2023. Die meisten von ihnen, nämlich 6.342 Menschen, wurden vom Frankfurter Flughafen aus abgeschoben. Unter den bundesweit abgeschobenen 20.084 Menschen waren laut Bericht 4.504 Frauen und 3.687 Minderjährige.
Bei 1.189 Menschen kamen laut Bericht Zwangsmaßnahmen zum Einsatz - das war ein Anstieg um 21,5 Prozent im Vergleich zu 2023. Besonders häufig betraf dies Abschiebungen auf Flügen in westafrikanische Staaten und auf den Westbalkan.
Die Bundespolizei, zuständig für den Vollzug der Abschiebungen am Flughafen, trat nach Beobachtung der Stelle in den meisten Fällen respektvoll auf. Beamte hätten regelmäßig Abläufe erläutert, Gespräche gesucht und Telefonate oder kurze Pausen ermöglicht. Die Beobachtungsstelle wertet dies als positiven Trend.
Kritik an Behörden und medizinischen Bescheinigungen
Deutlich problematischer stellt sich aus Sicht der Beobachter das Verhalten der sogenannten Zuführungsbehörden dar, darunter Landespolizeien und Ausländerbehörden, die Menschen zum Flughafen bringen. Der Bericht nennt unter anderem nächtliche Abholungen, fehlende Vorbereitung der Betroffenen sowie unzureichende Kleidung oder Verpflegung.
"Die Beobachtungen zeigen, dass die Bundespolizei am Flughafen professionell und respektvoll agiert", sagte Markus Eisele, Verbandsleiter des Evangelischen Regionalverbandes Frankfurt und Offenbach. Zugleich forderte er Verbesserungen bei Zuführungs- und Ausländerbehörden. Diese müssten Abschiebungen rechtskonform und menschenwürdig vorbereiten. Nachtabschiebungen, widersprüchliche medizinische Einschätzungen und fehlende Betreuung könnten das Vertrauen in rechtsstaatliches Handeln gefährden.
Kritik äußert die Beobachtungsstelle zudem an medizinischen Einschätzungen im Vorfeld von Abschiebungen. Laut Bericht würden von Behörden beauftragte Ärztinnen und Ärzte teils kurzfristig sogenannte Fit-to-Fly-Bescheinigungen ausstellen - auch dann, wenn behandelnde Mediziner zuvor aus gesundheitlichen Gründen von einer Abschiebung abgeraten hätten. In keinem dokumentierten Fall sei eine medizinische Weiterbehandlung im Zielland vorbereitet worden.
Auch der Caritasverband sieht Reformbedarf. Es brauche bundesweit verbindliche Standards, besonders für Kinder sowie kranke oder behinderte Menschen, sagte Diözesancaritasdirektor Karl Weber. Abschiebungen aus Krankenhäusern oder während laufender Behandlungen sollten demnach unterbleiben.