Mecklenburg-VorpommernDGB Nord mahnt bessere Berufsorientierung in Schulen an

Die Fachkräftesicherung beginnt mit einer guten Berufsorientierung. Doch schon dabei hapert es nach Ansicht des DGB Nord in weiten Teilen Mecklenburg-Vorpommerns.
Schwerin (dpa/mv) - In Mecklenburg-Vorpommern sind drei Viertel der Lehrlinge mit ihrer Ausbildung zufrieden und damit ein deutlich höherer Anteil als vor knapp zehn Jahren. Dennoch sieht der DGB Nord erheblichen Verbesserungsbedarf bei der Berufsfindung und der Ausbildung. "Es gibt noch eine Reihe von Unternehmern, die gedanklich in den 1990er hängengeblieben sind und mit ihrem Personal nicht vernünftig umgehen. Da ist noch ein kultureller Wandel nötig", sagte der stellvertretende Vorsitzende des DGB Nord, Ingo Schlüter, am Dienstag in Schwerin bei der Vorstellung des Ausbildungsreports 2022. Dafür befragte der Gewerkschaftsbund nach eigenen Angaben seit 2020 landesweit etwa 1300 Auszubildende.
Laut Schlüter stellte sich dabei heraus, dass eine unzureichende Berufsberatung und Mängel in der Ausbildung vielfach den Berufsstart junger Menschen und damit auch die Gewinnung von Fachkräften erschweren. Laut Ausbildungsreport sahen 27 Prozent der befragten Azubis die schulische Berufsorientierung als hilfreich an. Allerdings nutzte auch nur ein Drittel der Schulabgänger die zusätzlichen Beratungsangebote der Agentur für Arbeit. Die Schaffung zentraler Anlauf- und Beratungsstellen im ganzen Land sei daher wichtig.
Der Befragung zufolge nahmen 23 Prozent der Lehrlinge eine Ausbildung in einem Beruf auf, der nicht ihrem Wunsch entsprach. "Wir brauchen eine Berufsberatung aus einem Guss, bei der Schulen, Arbeitsagentur und Kommunen eng zusammenarbeiten", betonte Schlüter. Die Unternehmen forderte er auf, mehr Plätze für Praktika bereitzustellen, bei denen Schüler Erfahrungen mit dem Berufsalltag machen und testen könnten, ob ihnen die Tätigkeit Spaß mache. Laut Umfrage ist das Interesse am Beruf das wichtigste Auswahlkriterium, deutlich vor der Nähe zum Wohnort, dem Arbeitsklima, den Aufstiegsmöglichkeiten und dem Verdienst.
Der DGB verweist auf Unzulänglichkeiten in der Lehre. Demnach macht mehr als ein Viertel der Auszubildenden regelmäßig Überstunden, oft unbezahlt. Viele junge Leute hätten zudem angegeben, mit Aufgaben betraut zu werden, die nichts mit ihrer Ausbildung zu tun hätten. Azubis hätten ein Recht auf eine hochwertige Ausbildung. "Dazu braucht es keine Überstunden, sondern qualifizierte fachliche Anleitung jenseits von Kaffeekochen und Rasenmähen", betonte Wiebke Oetken, Bezirksjugendsekretärin des DGB Nord.
Der Ausbildungsreport zeige, dass sich viele Betriebe ins Zeug legen müssten, um ihren Berufsnachwuchs zu sichern. "Schlechte Ausbildungsbedingungen und die Verweigerungshaltung vieler Arbeitgeber beim Thema Übernahme passen nicht zum öffentlichen Wehklagen über den Fachkräftemangel", sagte die Gewerkschafterin.
Die Wirtschaft im Nordosten Wirtschaftskammern klagt schon länger über fehlenden Berufsnachwuchs. Allein im Handwerk blieben im Vorjahr etwa 750 Lehrstellen unbesetzt. Groß sind die Lücken auch in Industrie, Handel und Gastronomie. Den Arbeitsagenturen wurden 2022 rund 7600 Ausbildungsplätze angezeigt. Dem standen knapp 3600 gemeldete Bewerber gegenüber. Als Gründe für den Mangel an Azubis gelten die demografische Entwicklung und eine gestiegene Neigung zum Studium.