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Mecklenburg-VorpommernErinnerung an Wegbereiter der Deutschen Einheit

01.10.2024, 06:06 Uhr
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(Foto: picture alliance / dpa)

Am 3. Oktober wird der Tag der Deutschen Einheit gefeiert. Anlass, auch an die mutigen Menschen zu erinnern, die im Herbst 1989 auf die Straße gingen und damit das Ende der SED-Herrschaft einleiteten.

Schwerin (dpa/mv) - Bei den Zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit in Schwerin soll in besonderer Weise auch an die Initiatoren der Proteste gegen die SED-Diktatur erinnert werden. "Ohne die Friedliche Revolution vor 35 Jahren, als im Herbst 1989 mutige DDR-Bürger die Herrschaft der SED beendeten, würde es den Tag der Deutschen Einheit nicht geben", betonte der Landesbeauftragte für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, Burkhard Bley. Landespolitiker mehrerer Parteien sprachen sich ebenfalls dafür aus, Lebenswege der Menschen in Ostdeutschland sichtbar zu machen.

Neues Forum in Schwerin

Nach Angaben Bleys hatte es am 2. Oktober 1989 in Schwerin das DDR-weit erste öffentliche Treffen des Neuen Forums gegeben. Obwohl der DDR-Staatsapparat versuchte, die Gründung der Bürgerbewegung zu verhindern, war sie zu einer der treibenden Reformkräfte geworden, deren Mitglieder später zum Teil in der Partei Bündnis 90/Die Grünen politisch aktiv blieben.

Beratung für Leittragende der SED-Herrschaft

Doch habe es zuvor schon Menschen gegeben, "die auf dem langen Weg aus der Diktatur zu Demokratie und Freiheit ihr Leben verloren, die Leid und Unrecht erfahren haben", sagte Bley. Besonders für diese Betroffenen stünden die Landesbeauftragten in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ein und würden ihr Andenken in Ehren halten. Auf dem Bürgerfest zum Tag der Deutschen Einheit präsentiere sich die Konferenz der Landesbeauftragten mit Beratungsangeboten.

Menschen, die Verfolgung, Leid und Unrecht erlebten, erhielten Hinweise zu Möglichkeiten der Anerkennung, Rehabilitierung und Folgeleistungen.

Schwerin als zeithistorisches Open-Air-Museum

Schon seit Dienstag informiert die Ausstellung "Aufbruch im Norden" in der Schweriner Paulskirche über die Vorgeschichte der Deutschen Einheit in den drei Nordbezirken der DDR. An gleicher Stelle präsentierten Schülerinnen und Schüler am 2. Oktober Ergebnisse ihrer Projektarbeit mit Zeitzeugen des damaligen Treffens des Neuen Forums in Schwerin. Laut Bley verwandelt zudem eine Schaufensterausstellung der Bundesstiftung Aufarbeitung die Schweriner Innenstadt vom 2. bis 4. Oktober in ein zeithistorisches Open-Air-Museum. Ergänzend seien auch Ausstellungen zum Alltagsleben in der DDR zu sehen.

Enquete-Kommission zu Wendezeit und Wandel

CDU-Landes und -Landtagsfraktionschef Daniel Peters warb dafür, im Parlament eine Enquete-Kommission einzurichten, die sich unter dem Titel "Wendezeit, Wandel und Widrigkeiten" mit der Aufarbeitung der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen in Mecklenburg-Vorpommern nach 1990 befasst. "Wir sprechen nicht nur über den großen gesamtdeutschen Erfolg der Wiedervereinigung, sondern über die individuellen Brüche und kollektiven Erfahrungen, die bis heute die Biografien vieler prägen", erklärte Peters.

Allzu oft erlebten nicht nur Ostdeutsche, sondern mittlerweile auch Westdeutsche, die nach 1990 nach Mecklenburg-Vorpommern kamen, noch immer eine Geringschätzung aus den alten Bundesländern gegenüber Lebensbiografien und -einstellungen im Osten.

Gesamtstrategie für Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse

Auch die Vorsitzende der Linksfraktion, Jeannine Rösler, verwies auf fortbestehende Ungleichheiten in Ost und West. Geringere Löhne bei längeren Arbeitszeiten, weniger Urlaubsgeld, deutlich geringere Ersparnisse und weniger Führungskräfte aus dem Osten seien nach wie vor Realität in Ostdeutschland. Jedes Jahr zum Tag der Deutschen Einheit werde zwar die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse beschworen, doch fehle es an konkreten Schritten und Maßnahmen.

"Es ist höchste Zeit, dass die Bundespolitik eine Gesamtstrategie entwickelt mit dem Ziel, Benachteiligungen endlich abzubauen", mahnte Rösler. Eine weitere Benachteiligung sorge nicht nur für Unzufriedenheit, sondern sei auch Ursache für Zukunftsängste und Vertrauensverlust in die Demokratie bei vielen Menschen.

Mehr Geld für Behörde des Landesbeauftragten

FDP-Fraktionschef René Domke forderte Respekt vor den Lebensleistungen der Ostdeutschen. Doch blieben die Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur und die kritische Reflexion des Unrechts, das vielen Menschen in der DDR widerfahren ist, politische und gesellschaftliche Daueraufgaben. Die FDP verschließe sich daher nicht dem Vorschlag der CDU-Fraktion für eine Enquete-Kommission zu den Herausforderungen der Nachwendezeit.

Allerdings könnten die dafür erforderlichen finanziellen Mittel von weit über einer Million Euro pro Jahr auch auf anderem Weg eine Menge in der Aufarbeitung des DDR-Unrechts und der politischen Bildung bewegen, schränkte Domke ein. Zudem sprach er sich dafür aus, die Behörde des Landesbeauftragten für die Aufarbeitung der SED-Diktatur finanziell und personell besser auszustatten. Nur so könnten das Andenken an die Opfer bewahrt und künftigen Generationen die Bedeutung von Freiheit und Bürgerrechten vermittelt werden.

Quelle: dpa

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