Mecklenburg-Vorpommern Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider gestorben
28.04.2019, 16:20 Uhr
(Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa)
Sie hatte bis zuletzt gehofft, in ihr Amt zurückkehren zu können. Nun ist Mecklenburg-Vorpommerns Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider gestorben. Die SPD-Politikerin erlag im Alter von 58 Jahren einem Krebsleiden.
Schwerin/Neubrandenburg (dpa/mv) - Die Präsidentin des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern, Sylvia Bretschneider, ist nach langer, schwerer Krankheit gestorben. Die SPD-Politikerin erlag am Sonntag im Alter von 58 Jahren in Neubrandenburg einem Krebsleiden, teilte die Landtagsverwaltung mit.
"Mecklenburg-Vorpommern hat eine starke Frau und hervorragende Repräsentantin unseres Landes verloren, der unser demokratisches Gemeinwesen eine Herzensangelegenheit war", heißt es in einer Erklärung der beiden Vizepräsidentinnen, Beate Schlupp (CDU) und Mignon Schwenke (Linke). "Sylvia Bretschneider hat die parlamentarische Demokratie in Mecklenburg-Vorpommern in den letzten 25 Jahren entscheidend geprägt", würdigte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) das Wirken der Politikerin. Auch DGB und Unternehmerverband würdigten die Politikerin.
Innenminister Lorenz Caffier (CDU) hat nach dem Tod von Bretschneider Trauerbeflaggung angeordnet. Am Montag würden an allen öffentlichen Gebäuden Mecklenburg-Vorpommerns die Flaggen auf Halbmast gesetzt, kündigte eine Ministeriumssprecherin am Sonntag an.
Ihr Amt hatte Bretschneider am 22. Oktober 2002 angetreten. Sie war damit nach Angaben des Landtags-Sprechers bis zu ihrem Tod die aktuell am längsten amtierende Präsidentin eines deutschen Parlaments. Dem Landtag in Schwerin gehörte sie seit dem 15. November 1994 an. Insgesamt viermal wählte das Parlament die frühere Lehrerin für Englisch und Deutsch auf Vorschlag der SPD-Fraktion zur Präsidentin. Ihr hervorgehobenes Amt nutzte sie auch, um sich in der von ihr mitbegründeten Initiative "WIR. Erfolg braucht Vielfalt" für Toleranz und Demokratie einzusetzen. Im Parlament schritt sie beherzt und entschieden ein, wenn NPD-Abgeordnete, die von 2006 bis 2016 im Landtag saßen, in ihren Reden die parlamentarischen Grenzen überschritten.
Im Herbst 2017 hatte sich Bretschneider wegen ihrer Krebserkrankung einer Therapie unterziehen müssen. In der Erwartung, wieder an die Spitze des Landtags zurückzukehren, ließ sie ihr Amt ruhen. Doch anders als ihrem Parteikollegen, dem früheren Ministerpräsidenten Erwin Sellering, blieb Bretschneider ein Sieg über die Krankheit und die Rückkehr in die Politik versagt. Sie war verheiratet und hinterlässt neben ihrem Mann drei Töchter und drei Enkelkinder.
"Demokratie und Freiheit, Weltoffenheit und Toleranz - das sind die Werte, für die Sylvia Bretschneider immer wieder eingetreten ist", betonte Regierungschefin Schwesig. Sie habe ihr Amt überparteilich, aber immer mit einer klaren Haltung ausgeübt. "Sie war eine starke Frau und eine mutige Kämpferin für die Demokratie in unserem Land", so Schwesig weiter. Sylvia Bretschneider sei eine enge Weggefährtin für sie gewesen, der sie politisch und freundschaftlich sehr verbunden war. "Ich bin deshalb sehr traurig und mit meinen Gedanken bei ihren Angehörigen", sagte Schwesig.
Auch CDU-Landes- und Fraktionschef Vincent Kokert äußerte sich bestürzt und versicherte Bretschneiders Angehörigen sein Mitgefühl. "Als langjährige Parlamentarierin und zuletzt als Parlamentspräsidentin hatte Sylvia Bretschneider einen festen Platz in unserer Mitte - sie gehörte zu den prägenden Köpfen der Politik in Mecklenburg-Vorpommern", machte Kokert deutlich.
"Wir sind traurig über ihren viel zu frühen Tod", sagte die Vorsitzende der Linksfraktion, Simone Oldenburg. Als langjährige Abgeordnete und als Präsidentin des Parlaments habe sie sich in hohem Maße für Demokratie und Toleranz engagiert - innerhalb und außerhalb des Parlaments.
"Mit Sylvia Bretschneider verliert der Landtag Mecklenburg-Vorpommern eine herausragende Persönlichkeit, die den Landtag mit außerordentlichem Engagement geleitet, gestaltet und geprägt hat", erklärte Landtagsdirektor Armin Tebben. In besonderer Weise habe sie sich der parlamentarischen Bildungsarbeit verpflichtet gefühlt. "Begegnungen mit jungen Menschen waren ihr immer sehr wichtig. Das Bemühen darum, die Erinnerung an die Geschehnisse während der Zeit des Nationalsozialismus wachzuhalten und gleichzeitig für die parlamentarische Demokratie zu werben, wird mit ihrem Namen verbunden bleiben", so Tebben weiter.
Bretschneider war unmittelbar nach der Wende in die SPD eingetreten und gehörte für viele Jahre auch dem Landesvorstand an, unter anderem als stellvertretende Landesvorsitzende. Sie wurde am 14. November 1960 in Waren (Müritz) geboren und lebte seit 1983 mit ihrer Familie in Neubrandenburg. Dort hatte sie bis 1989 als Lehrerin gearbeitet, später war sie dann im Schulamt der Stadt tätig. Als Landespolitikerin engagierte sie sich auch im Tourismusverband, dem sie zeitweilig vorstand.