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Mecklenburg-VorpommernMehr Asylverfahren vor Verwaltungsgerichten im Nordosten

28.08.2024, 08:06 Uhr
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(Foto: Stefan Sauer/dpa-Zentralbild/dpa)

Gegen eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge können Betroffene vor einem Verwaltungsgericht klagen. Davon machten vergangenes Jahr viele Menschen im Nordosten Gebrauch.

Schwerin (dpa/mv) - Die Zahl der Asylverfahren vor den Verwaltungsgerichten in Mecklenburg-Vorpommern ist im vergangenen Jahr gestiegen. 2023 waren es knapp 1.600 Hauptverfahren und damit 366 mehr als noch im Jahr zuvor, wie das Justizministerium in Schwerin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. 2021 und 2019 waren es jeweils mehr als 1.100 Verfahren, 2020 mehr als 1.300.

Gegen eine ablehnende Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge können betroffene Menschen laut Asylgesetz eine Klage vor einem Verwaltungsgericht erheben. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es zwei Verwaltungsgerichte – eins in Greifswald und eins in Schwerin.

Eilanträge ebenfalls gestiegen

Das Gericht überprüft dann die Entscheidung des Bundesamtes. Kommt es zu der Erkenntnis, dass die Voraussetzungen für eine Schutzgewährung bestehen, hebt es den vorherigen Bescheid auf und verpflichtet das Bundesamt zu einer Schutzgewährung. Wird die Ablehnung bestätigt, wird die Klage abgewiesen und die Verpflichtung zur Ausreise bleibt bestehen.

Die Zahl der Eilanträge in Asylsachen ist im vergangenen Jahr ebenfalls gestiegen. 2022 waren es 417 Anträge, ein Jahr später 484. Von 2019 bis 2021 lag diese Zahl zwischen 369 und 457. Die Eilverfahren dauerten im vergangenen Jahr durchschnittlich knapp eineinhalb Monate, etwas mehr als noch 2022.

Ministerin: Mehr Personal für Verwaltungsgerichte

Die Dauer der Hauptverfahren sank im vergangenen Jahr demnach um durchschnittlich knapp dreieinhalb Monate. Da viele ältere Verfahren abgearbeitet werden, handelt es sich bei der Verfahrensdauer oftmals um einen statistischen Effekt.

Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Linke) sagte: "Menschen brauchen schnellstmöglich im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens Gewissheit über ihren Status. Zügigere Verfahren gehen aber hauptsächlich über das Personal und dessen Einsatz in der Verwaltungsgerichtsbarkeit." Die Verwaltungsgerichte in Mecklenburg-Vorpommern seien daher mit fünf neuen Stellen verstärkt worden.

Der Ministerin zufolge haben Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Thüringen gemeinsam einen Beschlussvorschlag in die Justizministerkonferenz eingebracht. Demnach soll es den Verwaltungsgerichten möglich werden, in Asylsachen zügiger zu entscheiden. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) habe dem zuletzt positiv gegenübergestanden, sagte Bernhardt.

Asylanträge bleiben auf hohem Niveau

Die Zahl der Asylerstanträge war im ersten Halbjahr in MV leicht zurückgegangen. Von Januar bis Juni dieses Jahres wurden laut Innenministerium 2.464 Anträge gezählt, im Vorjahreszeitraum waren es noch etwa 130 mehr. Diese Zahl war in früheren Jahren allerdings deutlich niedriger. Im ersten Halbjahr 2022 waren es demnach etwa 1.900 Anträge, 2021 etwas mehr als 1.200. Im gesamten Jahr 2023 war die Zahl mit mehr als 6.000 Anträgen so hoch wie seit Jahren nicht mehr.

CDU-Politiker: Asylsituation belastend für Justiz

AfD-Politiker Jan-Phillip Tadsen sagte: "Ziel einer Migrationswende muss die Auslagerung von Asylverfahren in Schutzzentren außerhalb der Europäischen Union sein." Es sei sehr besorgniserregend, "wie ohnmächtig die Landesregierung dem Asylchaos weiter zuschaut". CDU-Fraktionsvorsitzender Daniel Peters sagte, dass die Asylsituation auch für die Justiz extrem belastend sei.

FDP-Fraktionsvorsitzender René Domke betonte, dass die Verfahrenszahlen alarmierend seien und zeigten, dass das Problem im Land lange Zeit verschlafen worden sei. Er forderte eine temporäre Verstärkung der Verwaltungsgerichte sowie Spezialisierungen auf Herkunftsstaaten.

SPD-Politikerin: Jeder kann Rechtsweg einschlagen

SPD-Innenpolitikerin Martina Tegtmeier sagte: "Jedem steht es in Deutschland frei, den Rechtsweg einzuschlagen, wenn er oder sie mit der Entscheidung einer Behörde nicht einverstanden ist – auch Asylbewerbern." Es sei erfreulich, dass gerade in Hinblick auf die Hauptverfahren kürzere Verfahrensdauer erreicht wurden.

Grünen-Fraktionsvorsitzende Constanze Oehlrich sieht eine Mehrbelastung bei den ohnehin stark belasteten Verwaltungsgerichten. "Mehr als die Hälfte der Asylsuchenden klagt gegen die Ablehnung ihres Asylantrags. Nur etwa ein Drittel der ablehnenden Entscheidungen des Bundesamtes wird von den Gerichten bestätigt. Das deutet auf rechtliche Mängel bei der Asylantragsbearbeitung durch das Bundesamt hin." Mängel bei der Bearbeitung von Asylanträgen müsste abgestellt werden, etwa durch einen verstärkten Austausch zwischen Bundesamt und Verwaltungsgerichten, forderte Oehlrich.

Linken-Innenpolitiker Michael Noetzel sagte: "Bereits vor Jahren sind die Stellen an den Verwaltungsgerichten aufgestockt worden. Deswegen können wir ganz unaufgeregt zur Kenntnis nehmen, dass durch die personelle Stärkung der Asylkammern die vorliegenden Fälle auch zügig bearbeitet werden können."

Quelle: dpa

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