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Mecklenburg-VorpommernSpektakuläre Funde und Rückkehr eines vermissten Schatzes

24.12.2025, 06:03 Uhr
Der-umfangreichste-Fund-in-diesem-Jahr-war-eine-Rueckkehr-Rund-70-Stuecke-die-in-den-Wirren-des-Zweiten-Weltkriegs-aus-dem-Schweriner-Schloss-verschwanden-sind-zurueckgegeben-worden

Rund 1.500 archäologische Funde werden jedes Jahr in Mecklenburg-Vorpommern gemacht. Das sind die aufsehenerregendsten aus jüngster Zeit.

Schwerin (dpa/mv) - Mecklenburg-Vorpommerns vielfältige und oft unterschätzte Vergangenheit kommt nach und nach ans Licht. Jedes Jahr entdecken die rund 300 ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger etwa 1.500 archäologische Funde, die oft aus vielen Einzelstücken bestehen, wie Landesarchäologe Detlef Jantzen berichtet. Auf das Archäologische Landesmuseum, das in Rostock entstehen soll, müssen Experten und Fans noch warten. Hier gibt es bereits jetzt einen Blick auf die spektakulärsten Funde der jüngeren Vergangenheit. Sie sind nicht immer aus Gold und Silber. Manchmal erzählen auf den ersten Blick unscheinbare Dinge erstaunliche Geschichten.

Eines der ältesten Metallobjekte im Nordosten

Wildschweine wühlten bei Schildfeld im Landkreis Ludwigslust-Parchim im Boden und beförderten dabei ein Kupferbeil an die Oberfläche. Ein ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger, mit geschultem Blick und ausgerüstet mit einem Metalldetektor, fand es. Es ist rund 5.500 Jahre alt, sagt Jantzen. "Da ist hier noch Jungsteinzeit." Am Nordrand der Alpen habe man damals aber bereits Kupfer verhüttet. "Das Beil ist mit Sicherheit ein Importstück." Die Menschen seien damals schon sehr mobil gewesen, und Fernhandel stelle keine Errungenschaft der Neuzeit dar.

"Schon in der Steinzeit haben begehrte Sachen weite Wege zurückgelegt", sagt Jantzen. "Europaweit gehandelt wurde zum Beispiel Feuerstein aus Polen, den Niederlanden und von der Insel Helgoland."

Frühmittelalterlicher Entführungsfall

Eine komplett erhaltene Pinzette, wahrscheinlich aus der Zeit um das Jahr 800, ist dieses Jahr in der Nähe von Groß Strömkendorf im Landkreis Nordwestmecklenburg gefunden worden. Sie stammt von dem bedeutenden Handelsplatz Reric, der sich nahe dem heutigen Groß Strömkendorf befand, ist sich der Landesarchäologe sicher.

"Der Handelsplatz Reric wurde 808 durch eine Flotte des dänischen Königs Göttrik zerstört, die Händler wurden gefangen genommen und nach Haithabu gebracht, um fortan von dort aus ihren Geschäften nachzugehen." Das war das Ende dieses internationalen Handelszentrums im heutigen Mecklenburg.

Kostbarer Schmuck

Einen kleinen goldenen Anhänger aus dem sechsten Jahrhundert gab der Boden nahe Kittendorf im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte frei. Er wiegt nur zwei Gramm, sagt Jantzen, und ist mit dem damals sehr beliebten Almandin, einem roten Edelstein, in Form von zwei Greifvogel-Köpfen verziert. "Wir kennen den Fundplatz schon seit mehr als 100 Jahren, dort hat schon Robert Beltz 1911 gegraben", berichtet der Archäologe. Dann sei die genaue Lage vergessen, jetzt aber wiederentdeckt worden.

Anhänger wie der jetzt entdeckte seien von Skandinavien bis Westeuropa aus reich ausgestatteten Frauengräbern bekannt. Dass auch im heutigen MV zur Völkerwanderungszeit viel los war und es eine vermögende Oberschicht gab, sei eine noch junge Erkenntnis aus den letzten Jahren. "Seit 2008 sind unsere ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger mit Metalldetektoren unterwegs und seither bekommen wir viele Metallfunde, gerade auch aus dieser Zeit. Das hat unser Bild von der Völkerwanderungszeit im Nordosten dramatisch verändert."

Noch mehr Gold

Einen exquisit gearbeiteten goldenen Kleidungsbesatz aus dem ersten oder zweiten Jahrhundert – der älteren römischen Kaiserzeit – hat ein Ehrenamtlicher schon 2022 bei Diedrichshagen in Vorpommern gefunden. Dort wird erst jetzt das Stück, ein sogenannter Goldberlock, veröffentlicht, sagt Jantzen. Verziert ist das kegelförmige Stück aus dünnem Goldblech mit feinen Perldrähten und filigranen Kügelchen ebenfalls aus Gold. Es wurde an die Kleidung genäht – die Öse ist noch da.

"An dem Fundplatz ist in der Vergangenheit noch mehr geborgen worden, alles deutet auf ein Gräberfeld hin." Zu den bisherigen Funden zählen demnach Gewandspangen (Fibeln), Perlen und auch eiserne Beschläge und Henkel von Holzeimern. Beim Pflügen kämen solche Funde manchmal an die Oberfläche, sagt Jantzen.

Bei Stuer (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) wurde massiver Golddraht mit einem Gewicht von 20,2 Gramm entdeckt. Wie alt der Draht ist, lässt sich noch nicht sagen. Aufschluss könnte ein Projekt zur Bestimmung der Herkunft von Gold bringen, an dem sich Mecklenburg-Vorpommern beteiligen will.

Der Silberschatz von Brüel

Bei Brüel im Landkreis Ludwigslust-Parchim ist ein Schatz mit 87 Silbermünzen entdeckt worden. Die älteste stammt dabei aus dem Jahr 1765, die jüngste aus dem Jahr 1853. "Die Münzen waren außerhalb der Stadt in einer kleinen Senke vergraben worden", berichtet Jantzen. "Warum, wissen wir nicht. Aber es war ein größeres Vermögen." Es habe zu der Zeit, etwa Mitte des 19. Jahrhunderts, keine kriegerische Auseinandersetzung gegeben. Die Münzen seien durch einen Pflug an die Oberfläche befördert und auf dem Feld verteilt worden.

Heimkehr eines Kriegsverlustes

Einer der größten Zugänge in diesem Jahr ist eine Rückkehr: Ein älterer Herr aus Berlin meldete sich beim Landesamt und sagte, er habe rund 70 archäologische Stücke, die höchstwahrscheinlich aus Mecklenburg stammten. "Anhand der Beschriftung – Fundorte und Inventarnummern – konnten wir sie eindeutig der "Schweriner Sammlung" zuordnen", sagt Jantzen.

Die archäologische Sammlung des Landes Mecklenburg war damals im Schweriner Schloss untergebracht. "Die jetzt zurückgekehrten Stücke waren im Zweiten Weltkrieg unter ungeklärten Umständen abhandengekommen." Drei Kartons geben Kostbarkeiten aus unterschiedlichen Zeiten frei, darunter zwei schwere Halsringe aus massiver Bronze, 2.500 bis 3.000 Jahre alt.

Auch mehrere slawische Spinnwirtel aus Ton sind dabei und ein nahezu unversehrtes urgeschichtliches Keramikgefäß, das wahrscheinlich als Urne diente. "Die Rückkehr ist eine Riesenfreude", sagt Jantzen. "Wir sind dem Herrn sehr, sehr dankbar."

Quelle: dpa

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