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Rheinland-Pfalz & SaarlandLehren aus Missbrauchsskandal an der Saar gefordert

19.01.2022, 03:32 Uhr

Wie kann ein Arzt über Jahre hinweg Kinder in einer Uni-Klinik missbrauchen? Im Saarland suchten Landtagsabgeordnete nach einer Antwort. Immerhin ist man sich einig: Es darf nicht wieder passieren.

Saarbrücken (dpa/lrs) - Jahrelanger sexueller Missbrauch von Kindern an der Universitätsklinik des Saarlandes war nur möglich, weil zahlreiche Verantwortliche untätig oder unaufmerksam waren. Darüber herrschte bei einer Debatte über einen insgesamt 587 Seiten umfassenden Bericht eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses am Mittwoch im Landtag in Saarbrücken weitgehend Einigkeit. Politiker aller Parteien versprachen, man werde alles tun, um eine Wiederholung ähnlicher Vorfälle zu verhindern.

Uneinig waren sich die Parteien allerdings in der Frage, wer konkret welche Versäumnisse zu verantworten hat. Deswegen gab es auch keine gemeinsame Wertung der Ausschuss-Erkenntnisse. Das Gremium hatte seit Ende 2019 in 33 Sitzungen insgesamt 90 Zeugen vernommen. "Ich möchte versichern, dass die Regierung, alle staatlichen Stellen, lernfähig und lernwillig sind, um die Sensibilität für den Schutz der Verwundbarsten zu schärfen", sagte Justizminister Peter Strobel (CDU).

Ende Juni 2019 war bekannt geworden, dass ein 2016 gestorbener Assistenzarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Uni-Klinik in Homburg von 2010 bis 2014 mehrere Kinder bei Untersuchungen sexuell missbraucht haben soll. Die Staatsanwaltschaft hatte damals wegen 34 Verdachtsfällen ermittelt, das Verfahren aber nach dem Tod des Arztes eingestellt. Die Eltern der betroffenen Kinder waren lange nicht informiert worden - das geschah erst im Sommer 2019. Wenig später wurde auch wegen Missbrauchsvorwürfen in der HNO-Klinik ermittelt.

"So etwas darf sich nie wieder wiederholen", sagte die Abgeordnete Jutta Schmitt-Lang (CDU). Schon seit 2010 habe es erste Verdachtsmomente gegen den Assistenzarzt gegeben, jedoch "keine erkennbare Reaktion" der Klinikleitung. Auch auf einen anonymen Brief mit Anschuldigungen gegen den Assistenzarzt habe man nur halbherzig reagiert. "Mich lässt ratlos zurück, dass man gerade in der Leitung einer Kinder- und Jugendpsychiatrie so oberflächlich auf die Vorwürfe reagierte." Sie sei "enttäuscht", dass sich der Klinikleiter dem Ausschuss nicht gestellt habe, sagte Schmitt-Lang.

2013 habe die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den Arzt eingestellt, der 2014 aber von der Klinik entlassen worden sei. Das Gesundheitsministerium habe davon nichts erfahren. Zudem habe die Klinik entgegen der Rechtslage durchgesetzt, dass die Eltern der missbrauchten Kinder nichts von den Verbrechen erfuhren. Der Klinik sei offensichtlich der eigene gute Ruf wichtiger gewesen.

"Der Untersuchungsausschuss war eine harte Nummer", konstatierte der Abgeordnete Jürgen Renner (SPD). Man habe "menschliche Abgründe" gesehen. Keiner der diversen Hinweise auf Missbrauch sei weiterverfolgt worden. Es habe eine "Kultur des Wegschauens und des Schweigens" und eine "fatale Aneinanderreihung" von Überheblichkeit des Klinikdirektors, Fehleinschätzungen, Fehlentscheidungen und Unterlassungen gegeben.

Während die CDU davon ausging, dass die damalige Justiz-Staatssekretärin Anke Morsch (SPD) informiert gewesen sei, meint die SPD, es gebe Hinweise darauf, dass der damalige Gesundheits-Staatssekretär Stephan Kolling (CDU) und möglicherweise auch die Staatskanzlei unterrichtet gewesen sei.

"Nicht alle, aber viele Fragen sind nach wie vor offen", sagte Dennis Lander (Die Linke). "Wie konnten so viele Menschen so lange stillhalten?". Seiner Ansicht nach wusste die Landesregierung seit 2016 von dem Skandal. Lander wurde in der Debatte zweimal gerügt, weil er Morsch der "Lüge" bezichtigt hatte. Inzwischen wird der Skandal mit Blick auf die Opfer von einer Unabhängigen Aufarbeitungskommission (UAK) des Klinikums bearbeitet.

Quelle: dpa

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