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Sachsen Breiter Gegenprotest gegen Neonazis-Aufmarsch in Chemnitz

(Foto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa)

Am Rande der Chemnitzer Innenstadt demonstrieren am Samstag Neonazis. Begleitet werden sie von breitem Protest. Im Stadtzentrum feiern Familien derweil den Kindertag. Dort lässt sich auch der Ministerpräsident blicken.

Chemnitz (dpa/sn) - Ein Neonazi-Aufmarsch und Gegenproteste sind am Samstag in Chemnitz weitgehend friedlich verlaufen. Etwa 270 Menschen nahmen nach Angaben der Polizei an der Veranstaltung der rechtsextremen NPD-Nachwuchsorganisation Junge Nationaldemokraten teil. Deutlich mehr waren es bei den Gegenprotesten: Etwa 1300 Menschen zählte die Polizei bei der größten Gegendemonstration, zu der das "Bündnis Chemnitz Nazifrei" aufgerufen hatte. Die Veranstalter selbst sprachen von bis zu 2000 Teilnehmern. An einer Demonstration des Studentenrats der Technischen Universität Chemnitz beteiligten sich laut Polizei etwa 65 Personen.

Die Polizei war auch in der Nacht nach den Demonstrationen verstärkt vor Ort, wie ein Sprecher sagte. Unbekannte griffen in der Nacht zum Sonntag ein Pärchen an. Nach den Angaben der Polizei unterhielten sich eine 25-Jährige und ein 24-Jähriger an einer Bushaltestelle über ein NPD-Wahlplakat, vor dem sie standen. Eine andere Frau bekam das mit und stritt mit dem Pärchen, wie der Polizeisprecher sagte. Daraufhin seien drei Männer herbeigeeilt. Zusammen mit der Frau hätten sie das Paar geschlagen und getreten. Anschließend seien die Angreifer mit einem Auto weggefahren. Das Pärchen wurde leicht verletzt.

Auch unmittelbar nach der rechten Versammlung trafen Gruppen aus den verschiedenen Lagern aufeinander. Sie warfen nach Angaben der Polizei Steine und Flaschen. Verletzt wurde demnach niemand. Insgesamt sechs Strafanzeigen nahmen die Einsatzkräfte auf. Darunter zwei gegen Teilnehmer des Neonazi-Aufmarsches. Sie hätten verfassungswidrige Symbole auf der Kleidung getragen beziehungsweise als Tätowierung gezeigt.

Während der Demonstrationen gab es nach Angaben der Polizei Verstöße gegen das Versammlungsgesetz sowie das Vermummungsverbot, auch Pyrotechnik und Böller seien gezündet worden. Begegnungen der unterschiedlichen Demonstranten an Überschneidungen der Strecken seien lautstark gewesen, hieß es. Die Polizei trennte die Lager. Die Strecke vom "Bündnis Chemnitz Nazifrei" und dem Neonazi-Aufmarsch kreuzte sich an mehreren Stellen. Das "Bündnis Chemnitz Nazifrei" kritisierte, dass die Polizei im Vorfeld der Demonstration Kontrollen durchführte.

Die Polizei war nach eigenen Angaben mit etwa 2200 Einsatzkräften vor Ort. Einsatzkräfte aus Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen sowie Thüringen unterstützten die sächsische Polizei. Zudem seien 360 Bundespolizisten im Einsatz gewesen. Die Polizisten begleiteten nach den Veranstaltungen die abreisenden Demonstranten getrennt zum Bahnhof.

Zeitgleich zu den Demonstrationen fand in der Innenstadt anlässlich des Kindertages ein Familienfest mit vielen einzelnen Veranstaltungen statt. Die Versammlungsbehörde zählte etwa 2250 Besucher. Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) lief mit seiner Lebensgefährtin Annett Hofmann sowie der Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) über das Fest und kam mit Händlern auf dem Markt ins Gespräch. "Wir lassen uns jetzt nicht von Extremisten unsere Stimmung, unseren Ruf verderben", sagte Kretschmer. "Wir müssen die vernünftigen Menschen stärken", erklärte er. Stadtchefin Ludwig freute sich über die rege Beteiligung am Fest. "Das ist die Stadt, so wie wir sie wollen!", sagte sie.

Chemnitz war im vergangenen August bundesweit durch Demonstrationen und fremdenfeindliche Übergriffe in die Schlagzeilen geraten. Auslöser war eine tödliche Messerattacke auf einen 35 Jahre alten Deutschen in der Stadt. Seit März steht ein Syrer wegen gemeinschaftlichen Totschlags vor Gericht.

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