ZEW-Umfrage mit 186 PersonenBörsenprofis senken überraschend Erwartungen für deutsche Wirtschaft

Börsenprofis blicken pessimistischer als erwartet auf die deutsche Wirtschaft. Das Barometer für die Konjunkturaussichten in den kommenden sechs Monaten sank im November um 0,8 Punkte auf 38,5 Zähler. Das teilte das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zu seiner Umfrage unter 186 Investoren und Analysten mit. Ökonomen hatten in einer Reuters-Umfrage mit einem Anstieg auf 41,0 Punkte gerechnet.
Die Konjunkturerwartungen "bleiben stabil", sagte ZEW-Präsident Achim Wambach. Allerdings sei das Stimmungsbild durch einen Rückgang der Zuversicht in die wirtschaftspolitische Handlungsfähigkeit der Regierung geprägt. "Das Investitionsprogramm dürfte einen konjunkturellen Impuls geben, aber die strukturellen Probleme sind weiterhin vorhanden", sagte Wambach.
Die Einschätzung der aktuellen konjunkturellen Lage verbesserte sich leicht. Dieses Barometer legte um 1,3 auf minus 78,7 Punkte zu, blieb aber hinter den Erwartungen der Ökonomen zurück. Zuletzt hatten mehrere Konjunkturdaten einen leichten Aufwärtstrend gezeigt. So stellten Industrie, Bau und Energieversorger im September zusammen 1,3 Prozent mehr her als im Vormonat. Die Industrie allein meldete zudem 1,1 Prozent mehr Neuaufträge - das erste Plus nach zuvor vier Rückgängen in Folge. Zudem meldete der Einzelhandel ein leichtes Umsatzplus im September.
Wegen fehlender Reformen rechnen die Ökonomen der Commerzbank nicht mit einem dauerhaft kräftigen Wachstum. Das Bruttoinlandsprodukt werde 2026 zwar mit 1,2 Prozent weitaus kräftiger wachsen als im zu Ende gehenden Jahr mit 0,1 Prozent, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer kürzlich. Dazu trage die Bundesregierung aber mit ihrem Fiskalimpuls aus den Sondervermögen für Infrastruktur und Verteidigung beträchtlich bei, der 0,8 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmache. "Wenn die Bundesregierung so viel Geld in die Hand nimmt, ist ein höheres Wachstum fast unvermeidlich", sagte Krämer. Dies gehe aber nicht einher mit einem Neustart in der Reformpolitik, den sich viele Unternehmen wünschten. "Insofern trägt das höhere Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr Züge eines Strohfeuers", betonte Krämer.