Immer der Masse hinterher Aktien sind wie Klopapier
10.03.2020, 07:14 Uhr
Angst ist kein guter Ratgeber.
(Foto: imago images/A. Friedrichs)
An den Börsen geht es steil bergab. Derweil werden Klopapier und Nudeln gehamstert. Tief in uns allen scheint ein Lemming zu stecken.
Das Corona-Virus macht Deutschland kirre: Aldi-Kunden stehen Schlange, um billiger Desinfektionsmittel zu kaufen. Anderswo wird sich mit Klopapier, Nudeln und Knäckebrot eingedeckt. Derweil verkaufen Anleger plötzlich alle Aktien, als gäbe es kein Morgen. Was, fragt man verwundert, ist hier eigentlich los?
Corona ist los. Und es zeigt sich eindrucksvoll, dass offenbar in uns allen ein Lemming steckt. Der Herdentrieb bringt die einen ans Regal mit Hygieneartikeln, während die anderen ihr Aktiendepot leerräumen. Rational ist das nicht - zumal vor wenigen Wochen dieses Land noch tief entspannt war. Und das, obwohl in China bereits eine Millionenstadt abgeriegelt wurde.
Trotzdem stiegen die Aktienkurse fröhlich weiter und niemand kam auf die Idee, Dosenravioli zu hamstern. Über Nacht schlug die Stimmung um. Nachbarn treffen sich am Regal mit Instantnudeln, Flughäfen sind wie leergefegt und in Fußballstadien finden Geisterspiele statt.
Ganz plötzlich wird in den Panik-Modus geschaltet. Das entbehrt an der Börse nicht einer gewissen Ironie, sehen sich Profi-Investoren und Privat-Anleger ja gemeinhin als vernünftige, klug abwägende Zeitgenossen. Das Gegenteil ist allerdings der Fall, die Finanzmärkte sind irrational. Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Shiller wird wieder einmal bestätigt: Nicht etwa rationale Überlegungen prägen die Kurse, sondern "animalische Instinkte". Es ist eben nicht so, dass an der Börse die zur Verfügung stehenden Informationen sinnvoll verarbeitet werden. Stattdessen hat nun der Fluchtinstinkt die Herrschaft übernommen: Wenn alle losrennen, renne ich lieber mit - völlig unabhängig davon, ob das wirklich eine gute Idee ist.
Beim Run auf Klopapier und Sagrotan ist das genauso. Das heißt selbstverständlich nicht, dass es dumm ist, sich einen Vorrat aus Klopapier und Konservendosen anzulegen. Das war es aber auch vor drei Wochen nicht. Genauso dürfte es unter Umständen Sinn ergeben, sich von einigen seiner Aktien zu trennen. Anders ausgedrückt: Es ist bemerkenswert, dass erst eine Krise kommen muss, damit sich herumspricht, dass Händewaschen eine gute Idee ist.
Für die Börse heißt das: Die allgemeine Stimmung darf nicht der Anlass sein, Aktien zu verkaufen oder zu kaufen. Wer jung ist, sollte in den Aktienmarkt investieren, sofern das möglich ist. Wer sich dagegen der Rente nähert und im Alter auf das angesparte Geld zurückgreifen will, sollte die Aktienquote verringern. Diese Faustregel gilt unabhängig davon, ob die Kurse gerade von einem Rekord zum nächsten klettern oder es an der Börse gerade abwärts geht. Denn den perfekten Zeitpunkt zum Ein- oder Ausstieg kennt keiner. Fest steht allerdings: Weder Gier noch Panik noch der innere Lemming sind ein guter Ratgeber.
Quelle: ntv.de