ZEW-Index steigt erneut Analysten setzen auf Zinssenkungen als Konjunkturtreiber
16.01.2024, 15:51 Uhr Artikel anhören
Der BDI erwartet für dieses Jahr nur ein BIP-Plus von 0,3 Prozent.
(Foto: picture alliance / SvenSimon)
Die Lage trüb, die Hoffnungen groß. Finanzprofis rechnen mit Zinssenkungen durch die wichtigen Notenbanken und hoffen auf ein Anspringen der Konjunktur. Gleichwohl erwarten sie keinem Aufschwung. Für eine Aufbruchsstimmung seien die Standortbedingungen zu schlecht.
Die Aussicht auf sinkende Zinsen lässt Börsenprofis so optimistisch auf die deutsche Wirtschaft blicken wie seit fast einem Jahr nicht mehr. Das Barometer für die Einschätzung der Konjunktur in den kommenden sechs Monaten stieg im Januar um 2,4 auf 15,2 Zähler, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zu seiner Umfrage unter 173 Analysten und Anlegern mitteilte. Das ist bereits der sechste Anstieg in Folge, womit das Barometer nunmehr auf dem höchsten Stand seit Februar 2023 liegt. Ökonomen hatten dagegen mit einem Rückgang gerechnet.
Zugleich trübte sich die Einschätzung der aktuellen Lage etwas ein: Dieses Barometer gab um 0,2 auf minus 77,3 Punkte nach. "Die Konjunkturerwartungen für Deutschland sind erneut gestiegen", sagte ZEW-Präsident Achim Wambach. "Das hängt damit zusammen, dass mittlerweile mehr als die Hälfte der Befragten davon ausgeht, dass die EZB im ersten Halbjahr Zinssenkungen vornimmt." Die im Dezember gestiegene Inflation in Deutschland und im Euroraum habe somit keinen Einfluss auf die geldpolitischen Erwartungen der Befragten.
Noch stärkere Verschiebungen gebe es bei den amerikanischen Zinserwartungen. Mehr als zwei Drittel der Befragten prognostiziert Zinssenkungen durch die US-Zentralbank in den kommenden sechs Monaten. Billigeres Geld kann die Konjunktur auf beiden Seiten des Atlantiks anschieben.
Einen richtigen Aufschwung sehen Ökonomen allerdings nicht auf Europas größte Volkswirtschaft zukommen. "Angesichts schlechter Standortbedingungen ist fraglich, woher eine Aufbruchsstimmung kommen soll", sagte der Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe, Alexander Krüger. VP-Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel sieht eher einen "moderaten konjunkturellen Erholungskurs" am Horizont. "Der Wegfall staatlicher Investitionen und die drastische Kürzung bei Hilfen für Haushalte und Unternehmen stellen ein nicht zu unterschätzendes konjunkturelles Risiko dar", fügte Ökonom Jörg Angelé von Bantleon hinzu.
Die deutsche Wirtschaft steht aktuell mit einem Bein in der Rezession. Sie schrumpfte im vierten Quartal 2023 nach einer ersten Prognose des Statistischen Bundesamtes um 0,3 Prozent. Kommt es im laufenden ersten Vierteljahr zu einem erneuten Rückgang, wird von einer technischen Rezession gesprochen. Die Wirtschaft wird nach Einschätzung des Industrieverbands BDI in diesem Jahr kaum zulegen. Das Wachstum dürfte lediglich 0,3 Prozent betragen, nach einem Rückgang von 0,3 Prozent im vergangenen Jahr.
Quelle: ntv.de, jwu/rts