Wirtschaft

Glyphosat-Urteil in den USA Anleger schmähen Bayer-Aktien - "nicht investierbar"

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Für noch 52.000 der insgesamt rund 165.000 angemeldeten Ansprüche stehen Einigungen aus.

Für noch 52.000 der insgesamt rund 165.000 angemeldeten Ansprüche stehen Einigungen aus.

(Foto: picture alliance/dpa)

Erneut verliert Bayer einen Glyphosat-Prozess in den USA. Die Geschworenen sprechen einem Mann eine Milliarden-Entschädigung zu, die in weiteren Instanzen gestutzt werden wird. Für Anleger indes ein weiteres Signal, dass der DAX-Konzern die Probleme nicht loswird. Die Aktie stürzt ab.

Eine Rekordstrafe bei den Glyphosat-Prozessen in den USA für Bayer verschreckt einmal mehr die Anleger des Agrar- und Pharmakonzerns. Die Aktien fielen im frühen Handel um mehr als fünf Prozent und damit auf den tiefsten Stand seit knapp zwei Monaten. Nach einer kurzen Erholung ging es jedoch wieder bergab. Die Papiere sind mit Abstand größter Verlierer im Leitindex DAX. Im Handel heißt es, das Urteil sei mit Blick auf ähnliche Entscheide in der Vergangenheit keine große Überraschung. Es unterstreiche aber, dass die Aktie weiterhin "nicht investierbar" sei. Seit Jahresbeginn ging es für das Papier damit fast vier Prozent zurück. Auf Jahressicht beträgt das Minus sogar fast 40 Prozent. Vom Jahreshoch 2023 bei fast 66 Euro beträgt der Rückschritt sogar 55 Prozent.

Bayer
Bayer 28,02

Bayer hatte am Freitag eine erneute Niederlage bei den Glyphosat-Prozessen erlitten. Ein Geschworenengericht in Philadelphia verurteilte das Unternehmen zur Zahlung von 2,25 Milliarden Dollar an einen Mann, der seine Krebserkrankung auf den glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup von Bayer zurückführt. Das ist die bislang höchste Strafe, die gegen den Konzern zunächst verhängt wurde. Im Berufungsverfahren dürfte die Summe jedoch deutlich reduziert werden. Bayer betonte, dass der Schadenersatz bei bisher verlorenen Prozessen insgesamt um mehr als 90 Prozent gesenkt wurde.

Nach einer längeren Erfolgsserie bei der Klagewelle - die sich das Unternehmen mit der Übernahme des Glyphosat-Entwicklers Monsanto in Haus geholt hat - hatte Bayer Ende vergangenen Jahres fünf Prozesse in Folge verloren und im Dezember eine Klage für sich entschieden. Insgesamt hat das Unternehmen 10 von 16 Verfahren gewonnen. Das bisher teuerste Urteil hatte Bayer 2019 im Fall des Ehepaars Pilliod einstecken müssen, dem eine Jury zwei Milliarden Dollar zugesprochen hatte - die Strafe wurde von einer Richterin aber auf 86,7 Millionen reduziert.

Noch mehr als 50.000 offene Klagen

Nach Einschätzung von Fondsmanager Markus Manns von Union Investment bekommt Bayer die Causa Glyphosat einfach nicht in den Griff: "Es sieht so aus, als ob das Ganze wieder von vorn losgeht. Die Zeitungsanzeigen, mit denen sich US-Anwälte potenzielle Glyphosat-Geschädigte suchen, sind massiv gestiegen und werden durch den gewonnenen Prozess weiteren Auftrieb erhalten", sagte er. Die Optionen seien begrenzt: Bayer könne entweder einem neuen Vergleich zustimmen oder selektiv Fälle mit guten Erfolgsaussichten für den Konzern verhandeln. "Ein neuer Vergleich würde leider der Causa Glyphosat kein Ende setzen, da in ein bis zwei Jahren wieder neue Kläger bei Bayer anklopfen würden. Und Bayer fehlt das Geld für wiederkehrende milliardenschwere Vergleiche im Drei- bis Fünf-Jahres-Rhythmus."

Das Urteil dürfte Vorstandschef Bill Anderson jedoch zusätzliches Kopfzerbrechen bereiten. Er hat einen erheblichen Personalabbau bei Bayer angekündigt und will mehrere Führungsebenen streichen sowie Koordinationsprozesse vereinfachen. Auch die Konzernstruktur steht wie von Investoren gefordert auf dem Prüfstand, doch eine Aufspaltung von Bayer ist vorerst nicht zu erwarten, wie von Insidern verlautete.

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Bayer hatte 2020 einen Großteil der damals anhängigen Roundup-Klagen gegen eine Zahlung von bis zu 9,6 Milliarden Dollar beigelegt, erhielt aber keine gerichtliche Genehmigung für eine Vereinbarung zur Verhinderung künftiger Klagen. Zuletzt standen noch für 52.000 der insgesamt rund 165.000 angemeldeten Ansprüche Einigungen aus. Ende 2022 beliefen sich die Rückstellungen für die Vergleiche bestehender und künftiger Glyphosat-Klagen noch auf 6,4 Milliarden Dollar.

Um weitere künftige Klagen abzuwehren, hat Bayer den Verkauf glyphosathaltiger Produkte an US-Privatkunden 2023 gestoppt - sie stellten die überwiegende Mehrheit der Kläger. Finanzchef Wolfgang Nickl hatte im November gesagt, dass das Unternehmen trotz der jüngsten Niederlagen keine Änderung seiner Prozessstrategie plant. Die Vorwürfe gegen Glyphosat hat Bayer stets zurückgewiesen. Behörden weltweit haben das Mittel als nicht krebserregend eingestuft. Die Krebsforschungsagentur IARC der Weltgesundheitsorganisation WHO bewertete den Wirkstoff 2015 als "wahrscheinlich krebserregend".

Quelle: ntv.de, jwu/rts

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