Wirtschaft

Konzernumbau und Jobkeule Fünf Gründe, warum Bayer-Chef Anderson die Notbremse zieht

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Für die gut 20.000 Bayer-Angestellten hierzulande wird es ungemütlich. Die Geschäfte laufen schlecht und Milliardenschulden drücken. Bayer-Chef Bill Anderson will das Unternehmen jetzt mit Macht auf Erfolg trimmen. Ein Überblick über die Baustellen im DAX-Konzern.

Nach sechs Monaten auf dem Chefposten lässt Bayer-Chef Bill Anderson Ankündigungen aus seiner Anfangszeit Taten folgen. Der US-Amerikaner bringt ein straffes Sparprogramm auf den Weg. Perspektivisch müssen sich wohl nicht nur die 22.000 Beschäftigten in Deutschland auf "einschneidende Maßnahmen" einstellen. Weltweit hat der Konzern gut 100.000 Mitarbeiter. Auch im Ausland soll die Sinnhaftigkeit von Managementfunktionen durchleuchtet werden. Veränderungen in der Konzernstruktur sind nicht ausgeschlossen.

Woran krankt der DAX-Konzern?

1. Aufgeblähter Verwaltungsapparat, zu lange Dienstwege: Vorstandschef Bill Anderson ist bekennender Anhänger einer schlanken Unternehmensverwaltung. Die Arbeitsabläufe bei Bayer waren für ihn von Anfang an zu kompliziert. Zwischen ihm und dem Kunden gebe es bis zu zwölf Hierarchiestufen, kritisierte er schon früh. Künftig soll das anders werden. "In Zukunft wird praktisch jeder im Unternehmen in kleinen, selbstverwalteten Teams arbeiten, die sich auf einen Kunden oder ein Produkt konzentrieren – so wie es ein Kleinunternehmer tun würde", kündigte Anderson an. Seine Vorstellungen hatte er bereits zum Start seiner Tätigkeit bei Bayer im Frühjahr 2023 erläutert und dabei auch das Managementbuch "Humanocracy" gelobt. Darin geht es darum, Mitarbeitern möglichst viele Freiheiten, aber auch Verantwortung zu geben. Das bedeutet allerdings auch weniger Arbeitsplätze. Der Kulturwandel soll nun anlaufen. Welche finanziellen Einsparungen durch die neue Organisationsstruktur möglich sind, ist bislang offen. Interne Analysen sollen das noch zeigen.

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2. Der Spardruck ist hoch, weder in der Pharma- noch in der Agrarsparte läuft es rund: Im Pharmageschäft fehlen neue Kassenschlager. Bei den langjährigen Gewinnbringern wie dem Augenpräparat Eylea und dem Gerinnungshemmer Xarelto laufen die Patente aus. Milliardenschwere Umsatzbringer fallen damit weg, die Einnahmen sinken. Erst im November scheiterte Bayer mit einer Studie zu einem neuen Wirkstoff Asundexian, der einen therapeutischen Vorteil gegenüber der Standardbehandlung bei Patienten mit Vorhofflimmern und Schlaganfallrisiko bieten sollte. Das Gegenteil war jedoch der Fall. Nachahmer-Präparate von Konkurrenten setzen den deutschen Konzern zusätzlich unter Druck. Gleichzeitg ächzt das Agrargeschäft unter einer hohen Schuldenlast. Der Landwirtschafts-Sparte (Crop Science) machen niedrige Preise für den Unkrautvernichter Glyphosat zu schaffen. Im dritten Quartal fielen die Umsatzerlöse bei Herbiziden um 365 Millionen niedriger aus, als noch im 2. Quartal. Erschwerend hinzu kamen im dritten Quartal 2023 Wertminderungen in der Agrarsparte aufgrund höherer Zinsen. Unterm Strich fiel erneut ein Milliardenverlust an.

3. Teure Klagen - die Altlast durch die Übernahme von Monsanto: Juristisch ist das Thema Monsanto auch fünf Jahre nach dem gut 60 Milliarden Dollar teuren Kauf nicht erledigt. Die Kosten für die Rechtsstreitigkeiten in den USA rund um angebliche Krebsrisiken von Glyphosat-Produkten gehen mittlerweile in die Milliarden. Seit 2018 hat Bayer zahlreiche Gerichtsprozesse verloren. Zu verantworten hat den teuren Fehlgriff Andersons Vorgänger, Werner Baumann. Der langjährige Bayer-Vorstandschef hatte den Kauf des US-Konzerns - mit damals schon zweifelhaftem Ruf - mit dem damaligen Aufsichtsratschef Werner Wennig eingefädelt, weil die Manager fürchteten, dass Bayer wegen mangelnder Größe selbst Ziel einer Übernahme werden könnte. Ausbaden muss es nun Anderson.

4. Ein Berg an Schulden: Der Konzern hat hohe Verbindlichkeiten - zum Ende des dritten Quartals netto fast 39 Milliarden Euro. Auch der Cashflow war mit fast drei Milliarden Euro negativ. Das heißt, es floss mehr Geld ab als eingenommen wurde. "Bayer hat mehr Schulden als der Konzern an der Börse wert ist", kommentierte Fondsmanager Markus Manns von Union Investment, der Fondsgesellschaft der Genossenschaftsbanken bei Vorlage der Drittquartalszahlen.

5. Fatale Kursentwicklung: Bayer steht unter Rentabilitätsgesichtspunkten von Anlegerseite mächtig unter Druck. Der Aktienkurs büßte allein in den vergangenen zwölf Monaten gut 42 Prozent an Wert ein. Die Pläne, die Organisationsstruktur zu verschlanken, überraschen somit nicht. Vor allem US-amerikanische Investoren und Anteilseigner wie Union Investment fordern seit geraumer Zeit jedoch noch mehr Initiative. Sie wollen, dass der Konzern seine derzeitige gemischte Struktur aufgibt und sich auf Einzelbereiche konzentriert. "Am sinnvollsten wäre es, sich im Rahmen eines Spin-offs von Consumer Health zu trennen", sagte Portfoliomanager Markus Manns "Capital". An der Börse würden die einzelnen Unternehmensteile zusammen höher bewertet als der bisherige Mischkonzern. Bayer besteht aus drei Sparten: Pharma, Crop Science (Agrargeschäft) und Consumer Health (nicht-verschreibungspflichtige Medikamente). Für eine Abspaltung der Bereiche Crop Science oder Verbrauchergesundheit (nicht-verschreibungspflichtige Medikamente) ist Bayer-Chef Anderson grundsätzlich offen, wie er bereits gegenüber den US-Nachrichtendiensten Reuters und Bloomberg einräumte. Keinesfalls werde Bayer sich aber von beiden Bereichen trennen, ließ er wissen. Nähere Pläne will Anderson im März vorstellen.

Quelle: ntv.de

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