Wirtschaft

Austrittsdebatte und Geldknappheit Athen hält Europa in Atem

Trotz unzähliger Maßnahmen: Griechenland bereitet immer größere Sorgen.

Trotz unzähliger Maßnahmen: Griechenland bereitet immer größere Sorgen.

(Foto: dapd)

Bleibt Griechenland in der Eurozone? Notenbanker und Ökonomen setzen sich mit dem Fall auseinander, dass das Land die Währungsunion verlässt. Die Politik argumentiert vorsichtiger. Laut Bundesfinanzminister Schäuble wird der Athener Austritt einen sehr hohen Preis haben. Griechenlands Noch-Regierungschef Papademos sieht erneut finanzielle Engpässe.

Die politische Hängepartie in Griechenland nach der Parlamentswahl sorgt für wachsende Unruhe. Der geschäftsführende Ministerpräsident Lucas Papademos warnte einem Medienbericht zufolge die zerstrittene Politikerelite vor finanziellen Engpässen in den Staatskassen zu Beginn des kommenden Monats.

Dunkle Wolken über den Parthenon-Tempel auf der Akropolis in Athen.

Dunkle Wolken über den Parthenon-Tempel auf der Akropolis in Athen.

(Foto: dapd)

In einer Notiz an den Staatspräsidenten Karolos Papoulias habe Papademos ausgeführt, dass der Staat im Juni große Schwierigkeiten haben werde, seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, berichtete die Zeitung "Ta Nea" unter Berufung auf einen Mitarbeiter des Präsidialbüros. Grund dafür sei, dass die Eurozone einen Teil der Hilfszahlungen zurückgehalten habe. Zudem litten die Steuereinnahmen unter der politischen Lähmung des Landes. "Probleme vor der erwarteten Neuwahl können nicht ausgeschlossen werden", zitierte das Blatt aus der Notiz.

Die EU ermahnte die griechischen Parteien erneut zum Festhalten am vereinbarten Spar- und Reformkurs. "Wir hoffen, dass Griechenland im Euroraum bleibt", sagte die Sprecherin von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso in Brüssel. Dies sei das Beste für Griechenland und für Europa. Griechenland müsse aber seine Verpflichtungen erfüllen, die es im Gegenzug für Hilfskredite eingegangen sei.

Ausstieg aus dem Euro?

Die Sprecherin bekräftigte Barrosos Äußerung gegenüber einem italienischen TV-Sender. Der Portugiese hatte Griechenland erstmals ein nahegelegt: "Wenn sich ein Mitglied in einem Club nicht an die Regeln hält, ist es besser, dass es den Verein verlässt." Die Sprecherin bestätigte zugleich, dass der EU-Vertrag keine Regel zum Austritt eines Landes aus der Eurozone vorsehe.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble warnte Griechenland vor weitreichenden Folgen eines etwaigen Austritts aus der Währungsunion und bezeichnete eine Mitgliedschaft des Landes in der Eurozone als sinnvoll bezeichnet. "Wenn sie sich entscheiden, den Euro zu verlassen, wird der Preis sehr hoch sein", sagte Schäuble beim Besuch eines französischen Gymnasiums in Berlin. Es gebe eine Abwertung, aber auch eine ziemliche Verarmung. Klar sei, dass ein Austritt Auswirkungen auf die Markteinschätzung für die ganze Eurozone haben würde. "Das würde auch für uns eine Menge Turbulenzen bedeuten", warnte der Finanzminister.

Die Angst lässt nach

Allerdings verliert ein etwaiges Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone für immer mehr Notenbanker seinen Schrecken. "Eine Scheidung funktioniert nie reibungslos. Aber ich denke, eine Scheidung auf freundschaftlicher Basis, sollte sie jemals nötig werden, wäre möglich - wenngleich ich sie weiterhin bedauern würde", sagte der belgische Zentralbankchef Luc Coene der "Financial Times".

Sein irischer Kollege Patrick Honohan wurde sogar noch deutlicher: "Technisch gesehen kann ein Ausstieg Griechenlands abgewickelt werden. Er wäre nicht notwendigerweise tödlich, aber natürlich auch nicht besonders attraktiv." So etwas sei nicht vorgesehen in den Verträgen, in den Gesetzen, aber es könnten eben Dinge passieren, die nicht in den Verträgen stehen, sagte Honohan. Bundesbank-Chef Jens Weidmann erklärte, ein Austritt aus dem Euro hätte für Griechenland schwerwiegendere Folgen als für den Rest der Eurozone.

Auch die neue Wirtschaftsweise Claudia Buch schließt nicht mehr aus, dass das südeuropäische Land die Währungsunion verlässt. "Die Geschäftsbanken dürften einen Teil der direkten Lasten, die mit Griechenland verbunden waren, verarbeitet haben", sagte die Banken- und Währungsexpertin dem "Handelsblatt". Natürlich gebe es auch weitere Risiken, die schwer zu beziffern seien. "Aber das kann im Umkehrschluss nicht bedeuten, dass wir jedem Land immer und um jeden Preis helfen müssen", so Buch.

Die Eurozone sei derzeit dabei, ihre realwirtschaftlichen Probleme zu lösen, sagte Buch. "Länder wie Irland, Spanien, Portugal und Italien kommen bei der Umsetzung wichtiger Strukturreformen gut voran." Buch sieht die EZB in einer schwierigen Lage. Seit Ausbruch der Schuldenkrise habe sie zu Maßnahmen greifen müssen, die die Trennlinie zwischen Geld- und Fiskalpolitik verschoben haben - um der Politik Zeit zu verschaffen.

Negative Konsequenzen für Griechen-Banken

Das hat nach Ansicht der Ratingagentur Moody's das Risiko erhöht, dass das schuldengeplagte Land pleitegeht und die Eurozone verlässt, was sehr negative Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit der griechischen Banken haben würde.

Die Wahl vom 6. Mai, bei der die Gegner des Spar- und Reformkurses große Stimmenzuwächse erzielten, hat zu einer politischen Lähmung des Landes geführt, weil sich keine Koalition für eine handlungsfähige Regierung abzeichnet. Die Wähler hätten die zwei Parteien, die das Austeritätsprogramm unterstützen, "marginalisiert", erklärte die Ratingagentur.

"Damit ist die Wahrscheinlichkeit eines ungeordneten Bankrotts und eines Austritts aus der Währungsunion gestiegen", erklärte Moody's-Analyst Nondas Nicolaides in einer Researchstudie. "Ein Austritt Griechenlands aus dem Euro hätte sehr negative Konsequenzen für die griechischen Banken", warnte der Analyst.

Quelle: ntv.de, wne/DJ/rts/dpa

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