Viele neue BaustellenBahn-Chefin Palla: "Es wird erst mal nicht besser"

Chronische Verspätungen und ein marodes Schienennetz: Die Deutsche Bahn ist ein Problemkind. Das wird sich laut der neuen Konzernchefin Palla auch so schnell nicht ändern. Der Zustand der Anlagen sei dramatischer als gedacht.
Die neue Bahn-Chefin Evelyn Palla erwartet in naher Zukunft keine Verbesserung der miserablen Pünktlichkeitswerte im Fernverkehr. "Es wird erst mal nicht besser, so ehrlich müssen wir sein", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung". In diesem Jahr werde die Pünktlichkeitsquote voraussichtlich unter 60 Prozent liegen. Und auch im kommenden Jahr werde es vor allem darum gehen, dass es nicht noch schlimmer wird.
Die Pünktlichkeit im Fernverkehr der DB hatte im Oktober mit 51,5 Prozent einen neuen Tiefstand erreicht. Seit Juni lag die Quote in jedem Monat unter 60 Prozent. Ein Zug gilt als pünktlich, wenn er weniger als sechs Minuten Verspätung hat. Bereits nach Veröffentlichung der Zahlen für September hatte die Bahn mitgeteilt, dass ihr Pünktlichkeitsziel von 65 bis 70 Prozent über das Jahr gesehen nicht mehr zu erreichen ist. Ein Niveau von 55 Prozent im kommenden Jahr sei Palla aber zu niedrig. "In diesem Jahr werden wir bei der Pünktlichkeit im Fernverkehr aber voraussichtlich eine Fünf vorne haben", sagte sie weiter.
"In dieser Dramatik nicht abgebildet"
Palla kündigte zudem weitere Baustellen an. "2025 werden wir insgesamt 26.000 Baustellen haben, das sind 5000 mehr als im letzten Jahr. Im kommenden Jahr werden es voraussichtlich über 28.000 sein. Das ist eine sehr große Belastung für das Schienennetz", sagte sie. Grund dafür sei eine deutliche Beschleunigung der Anlagenalterung. "Das hatten wir in unseren Prognosen in dieser Dramatik bislang nicht abgebildet." Das betreffe Stellwerke, Schienen, Weichen und Oberleitungen.
Die in Südtirol geborene Palla war Anfang 2019 zur DB gekommen. Vor ihrem Wechsel arbeitete die studierte Betriebswirtin bei den Österreichischen Bundesbahnen, dort leitete sie das Bus-Geschäft und saß auch im Vorstand. In den vergangenen drei Jahren war Palla Chefin der Nahverkehrstochter DB Regio. Im Oktober trat sie ihre neue Aufgabe als Bahn-Chefin an und löste damit den bisherigen DB-Konzernchef Richard Lutz ab.
Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder hatte Mitte August angekündigt, dass der Vertrag von Lutz vorzeitig beendet wird. Der Minister nannte die Lage der Deutschen Bahn "dramatisch". Ende Oktober stellte Schnieder seine neue Bahn-Strategie vor: Von der DB verlangt er ein Sofortprogramm für mehr Sicherheit und Sauberkeit an Bahnhöfen, funktionierende Sanitäranlagen und Bordbistros in den Fernverkehrszügen sowie eine bessere Kundenkommunikation. "Unsere Fahrgäste sollen spüren, dass sich bei der Bahn was zum Besseren wendet, auch wenn die Pünktlichkeit noch nicht optimal ist – und unsere Mitarbeitenden auch", sagte Palla nun der Zeitung.