Fed-Chef lässt sich alle Wege offenBernanke orakelt in Jackson Hole

Die Rede zum Tag der Entscheidung bleibt vage: Die US-Notenbank hält weitere Konjunkturspritzen zur Stützung der lahmenden Wirtschaft bereit. Fed-Chef Ben Bernanke lässt allerdings offen, wann genau und in welchem Umfang er eingreifen will. Analysten reagieren verunsichert. An den Börsen zittern die Kurse.
Der oberste Währungshüter der Vereinigten Staaten, Ben Bernanke, schließt wegen der anhaltenden
Wirtschaftsflaute weitere geldpolitische Maßnahmen nicht aus. Die konjunkturelle
Lage in den USA sei unbefriedigend und die Herausforderungen seien teilweise einschüchternd,
sagte der Vorsitzende der Federal Reserve (Fed) in seiner Eröffnungsansprache zum Treffen der Notenbanker in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming.
Zusätzliche Ankäufe von Staatsanleihen könnten daher nicht
ausgeschlossen werden, sollte die Situation sie erfordern, heißt es in dem vorab verbreiteten Redemanuskript. Konkretere Ankündigungen
machte Bernanke demnach nicht.
An der Wall Street reagierten die Beobachter zum Teil deutlich enttäuscht. "Hiernach gibt es bei Investoren wahrscheinlich ein Gefühl der
Leere", meinte zum Beispiel Jack Ablin, ein Analyst von der Harris Private Bank. "Wir wollten etwas Handfestes, aber er hat es uns heute nicht gegeben",
beschrieb er die Stimmungslage an den Märkten. "Jetzt ist der Ball im Feld der EZB, aber (EZB-Chef Mario) Draghi braucht die
Hilfe deutscher Politiker."
US-Notenbankchef Bernanke beklagte in seiner Rede vor versammelten Notenbankern aus aller Welt, dass das Wachstum nicht zum wirksamen Abbau der hohen
Arbeitslosigkeit ausreiche. "Es ist aber nötig, dass wir weitere
Fortschritte erreichen, besonders am Arbeitsmarkt." Die Fed werde daher
"bei Bedarf" zusätzliche Konjunkturstützen liefern.
Beschränkter Spielraum
Bernanke
unterließ es dabei allerdings zu signalisieren, ob diese Hilfe unmittelbar bevorsteht. Aus diesem Grund war seine Rede an den Finanzmärkten mit Hochspannung erwartet worden. Investoren erhofften sich
Aufschluss über den Kurs der Notenbank zur nächsten Zinssitzung am 13.
September.
Man sei sich aber auch über die Nachteile einer weiteren monetären
Lockerung bewusst, schränkte Bernanke in Jackson Hole ein. Über die Vor- und Nachteile einer dritten Auflage seiner Geldpolitik im Rahmen des sogenannten (QE3) wird in Fachkreisen seit Monaten kontrovers diskutiert. Vor allem, so betonte Bernanke, könne eine weitere Lockerung die erforderlichen wirtschaftspolitischen Maßnahmen im Kampf
gegen die Krise nicht ersetzen.
Die US-Notenbank hatte bereits mehrfach angekündigt,
den Leitzins bis mindestens Ende 2014 auf seinem historisch niedrigen Niveau zu
halten. Mit einer konkreten Ankündigung weitergehender Maßnahmen wird nicht vor
Mitte September gerechnet, wenn der Fed-Offenmarktausschuss zu seiner nächsten Sitzung
zusammenkommt.
"Er hat es vermieden, sich festzulegen"
Unter Analysten wurden Bernankes Worte sehr verhalten aufgenommen. Börsenbeobachtern zufolge . "Wir haben nicht viel mehr von seiner Rede erhalten,
als wir schon aus den jüngsten Fed-Protokollen wussten", sagte RBC-Analyst Tom Porcelli in einer ersten Reaktion. "Wir gehen immer noch
davon aus, dass es eine gute Chance für QE3 im September gibt."
"Der Markt hat darauf gesetzt, dass er die Erwartung an
QE3 nicht enttäuscht und das hat er auch nicht getan", beschrieb John Canally von LPL Financial Bernankes Wirkung auf Investoren. "Jeder an den Märkten, der
geglaubt hätte, er kommt einfach raus und sagt, wir machten QE3, ist einfach nur naiv."
"Ich suche nach jeder Art der Klarstellung, ob die Fed
im September handeln wird", meinte dagegen Michael Woolfolk von BNY Mellon. "Aber es scheint nicht so, dass Bernanke hier weitere
Orientierungshilfe gibt. Es sieht also wieder so aus, als ob die Märkte
enttäuscht worden sind. Er ist seinem Charakter treu geblieben und hat es
vermieden, sich vorab festzulegen."