"Lage kann sehr ernst werden" Bundesnetzagentur: Gasverbrauch steigt zu schnell
06.10.2022, 15:48 Uhr
Die Haushalte in Deutschland haben in der vergangenen Woche laut Bundesnetzagentur mehr Gas verbraucht.
(Foto: picture alliance / ROBIN UTRECHT)
In der vorigen Woche ist der Gasverbrauch bei privaten Haushalten nach oben gegangen - viel zu stark, wie die Bundesnetzagentur jetzt konstatiert. Auch in der Industrie sinke der Verbrauch nicht mehr so deutlich wie zuletzt.
Die Appelle der Bundesregierung zum Gassparen greifen offenbar bei vielen Verbrauchern noch nicht. Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, warnte: "Der Gasverbrauch ist auch letzte Woche zu stark angestiegen." Nach den Zahlen der Aufsichtsbehörde lag der Gasverbrauch der privaten Haushalte und kleineren Gewerbekunden in der 39. Kalenderwoche (26.9 bis 2.10) mit 618 Gigawattstunden um fast 10 Prozent über dem durchschnittlichen Verbrauchsniveau der Jahre 2018 bis 2021. Auch der Verbrauch der Industriekunden lag laut Bundesnetzagentur in der vergangenen Woche mit 1370 Gigawattstunden nur noch gut 2 Prozent unter dem Niveau der Vorjahre.
Ohne erhebliche Einsparungen auch im privaten Bereich werde es schwer, eine Gasmangellage im Winter zu vermeiden, hatte der Regulierer bereits gewarnt. "Wir werden eine Gasnotlage im Winter ohne mindestens 20 Prozent Einsparungen im privaten, gewerblichen und industriellen Bereich kaum vermeiden können", sagte Müller nun. "Die Lage kann sehr ernst werden, wenn wir unseren Gasverbrauch nicht deutlich reduzieren", warnte der Bundesnetzagentur-Präsident weiter.
Das Vergleichsportal Verivox sieht den Hauptgrund für den Mehrverbrauch bei den Konsumenten in der vergleichsweise kalten Witterung im September. Da die Heizsaison des vergangenen Jahres sehr mild begonnen habe, sei der Heizbedarf für einen Musterhaushalt im Einfamilienhaus im Vergleich deutlich gestiegen - um 81 Prozent. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes lag das Temperaturmittel in diesem September um 0,4 Grad unter dem Durchschnitt der Vergleichsperiode 1991 bis 2020. Teilweise ging es sogar in den Frostbereich. Meßstetten auf der Schwäbischen Al, meldete am 20. September mit minus 1,8 Grad Celsius die tiefste Septembertemperatur. Außerdem war es mit rund 100 Litern pro Quadratmeter der niederschlagsreichste September seit 2001.
Die privaten Haushalte und kleineren Gewerbekunden sind in Deutschland für rund 40 Prozent des Gasverbrauchs verantwortlich. Die übrigen 60 Prozent entfallen auf die großen Industriekunden.
Aktueller Füllstand bei gut 92 Prozent
Noch am Dienstag hatte die Bundesnetzagentur mitgeteilt, dass die aktuellen Füllstände bei 92,08 Prozent liegen. Die ntv-Berechnungen kommen auf 92,72 Prozent. Die Gasversorgung in Deutschland sei "im Moment stabil". Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck rechnet zudem damit, dass bis Ende Oktober der angepeilte Gasspeicherfüllstand von 95 Prozent erreicht wird. Das im März verabschiedete Gasspeichergesetz formuliert verbindliche Einspeicherziele, um trotz des Ausfalls der russischen Lieferungen über den Winter zu kommen. Die Gasspeicher sollten zum 1. Oktober mindestens zu 85 Prozent gefüllt sein und zum 1. November dann zu mindestens 95 Prozent. Am 1. Februar soll der Füllstand noch 40 Prozent betragen.
Für Mai nächsten Jahres erwartet die Bundesregierung laut einem Medienbericht ein Zehnjahrestief bei den Füllständen der deutschen Gasspeicher. Derzeit werde von einem durchschnittlichen Füllstand von zehn Prozent am 1. Mai ausgegangen, teilte die EU-Kommission auf eine Anfrage des Fachinformationsdienstes Table.Media mit. Einen so niedrigen Füllstand gab es in absoluten Zahlen demnach zuletzt im April 2013.
Quelle: ntv.de, ysc/dpa/AFP