Wirtschaft

Buffetts "Alter Ego" ist tot "Charlie" Munger - der reiche Mann, der den Neid besiegte

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"Charlie" Munger 2010 bei der Hauptversammlung von Berkshire Hathaway in Omaha.

"Charlie" Munger 2010 bei der Hauptversammlung von Berkshire Hathaway in Omaha.

(Foto: Hendrik Leber)

Warren Buffet ist zwar das öffentliche Gesicht von Berkshire Hathaway. Doch ohne seine rechte Hand Charles Munger wäre der Erfolg der Investmentfirma nie möglich gewesen. Der Power-Investor mit dem anderen Verhältnis zu Geld starb im Alter von 99 Jahren.

Die globale Investorengemeinschaft ist um eine Lichtgestalt ärmer. "Charlie" Munger, der visionäre Vize-Präsident der Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway und Warren Buffetts engster Weggefährte, ist im Alter von 99 Jahren in einem Krankenhaus in Kalifornien gestorben.

Die beiden Investmentlegenden Warren Buffett und Charles Munger (v.l.).

Die beiden Investmentlegenden Warren Buffett und Charles Munger (v.l.).

(Foto: REUTERS)

Munger war zwar formal "nur" der zweite Mann bei Berkshire, dennoch stand er nie in Buffetts Schatten. Was auch daran lag, dass Munger viel mehr war als nur dessen "Alter Ego", wie er gerne betitelt wurde. Beide Männer ergänzten sich perfekt - waren aber trotzdem grundverschieden. Munger sei immer weltoffener gewesen und habe die besseren sozialen Antennen gehabt, erzählt Bewunderer Hendrik Leber von der Vermögensverwaltung Acatis ntv.de. Auch wenn Munger nie ein enthusiastischer Medien-Mann war wie Buffett, er hatte seine Fan-Gemeinde.

Eine seiner großen Stärken war seine Fähigkeit, sich zurückzunehmen, er musste sich nicht immer reden hören. Vorausgesetzt, die Denkweisen stimmten überein, verstand er sich mit Geschäftspartnern mit wenigen Worten - auch mit Buffett, der einmal sagte, sie könnten gemeinsam ein vierseitiges Memo am Telefon mit drei Grunzern durchgehen. Zum Running Gag wurde, dass Munger auf den Hauptversammlungen nach den Ausführungen von Buffett sagte: "I have nothing to further add" ("Ich habe dem nichts mehr hinzuzufügen"). Tren Griffin wählte das Zitat 2018 als Titel für seine Munger-Biografie, Aktien-Experte Leber steuerte das Vorwort bei.

"Ein lebendes Buch auf Beinen"

Zuhörer habe Munger mit seiner profunden Lebenserfahrung und seinem außerordentlich breiten Wissen tief in seinen Bann gezogen, erinnert sich Leber. "Wurde eine Frage an ihn gerichtet, kam manchmal lange nichts. Aber was dann folgte, war eine druckreife Rede." Mungers breiter amerikanischer Akzent und auch mal eine deftigere Wortwahl, seien die besondere Note gewesen.

Munger war belesen und blieb zeit seines Lebens wissensdurstig. "Sie wären erstaunt, wie viel Warren Buffett liest - und wie viel auch ich lese. Meine Kinder finden das lustig. Sie denken, ich sei ein lebendes Buch auf Beinen", sagte er einmal über sich. Die Erklärung lieferte er auch: "Während meines ganzen Lebens habe ich keine weise Person getroffen, die nicht durchgehend gelesen hat."

Er hatte Respekt vor Ingenieuren und vor Naturwissenschaftlern, interessierte sich aber auch für Wirtschaft, Psychologie oder Philosophie. "Hat man nur einen Hammer, sieht jedes Problem mehr oder weniger aus wie ein Nagel", fasste er es einmal zusammen. Für Fachidioten hatte er entsprechend wenig übrig. Der Denkansatz wurde die Formel für seinen geschäftlichen Erfolg.

Zwei Männer aus Omaha: erste Begegnung mit Warren Buffett

Berkshire Hathaway
Berkshire Hathaway 749.700,00

Dabei war sein Weg in die Investmentwelt nicht vorgezeichnet. Munger, der 1924 in Omaha geboren wurde und sieben Jahre älter war als Buffett, stammte aus einer Juristenfamilie. Er studierte kurze Zeit Mathematik, schloss sich der Armee an und wechselte zur Meteorologie, bis er dann - ganz in der Familientradition - seinen Jura-Abschluss an der renommierten Harvard University machte.

Berührung mit der Familie Buffett hatte Munger zwar bereits in jungen Jahren, als er im Lebensmittelladen "Buffett & Son" arbeitete, der dem Großvater Warren Buffetts gehörte. Zum ersten Mal begegnet sind sich Warren Buffett und Charlie Munger aber erst 1959 in einem Restaurant in ihrer Heimatstadt Omaha.

Zunächst waren sie nur lose geschäftlich verbandelt. Das Zusammentreffen hinterließ aber immerhin insofern Spuren, als es dazu führte, dass Munger nach Buffetts Vorbild ins Investmentgeschäft einstieg. Im Jahr 1962 gründete Munger Wesco Financial, eine Miniversion von Berkshire Hathaway. Zu der Zeit fuhr er immer noch zweigleisig, er führte gleichzeitig eine erfolgreiche Anwaltskanzlei. Seine Tätigkeit als Anwalt legte er erst 1965 nieder.

Der gemeinsame Weg für Munger und Buffett begann im Jahr 1978, als Buffett seine Investmentaktivitäten auf Druck der US-Finanzaufsicht SEC in Berkshire Hathaway zusammenführte und Munger stellvertretender Vorsitzender wurde. Eine Entscheidung, die eine Ausnahme-Partnerschaft begründete, die mehr als vier Jahrzehnte die Welt der Finanzen beherrschen sollte. Bis zum Schluss sollen die beiden Männer sich trotz ihres betagten Alters fast täglich ausgetauscht haben.

Munger gebührt die Anerkennung dafür, Buffett von seiner Investmentstrategie überzeugt zu haben - nicht umgekehrt. Buffett konzentrierte sich in seinen frühen Jahren allein auf "Cigar-Butt-Investments", also unterbewertete Aktien. Qualität und Wachstumsaussichten waren für ihn sekundär. Munger hatte dagegen Interesse an Unternehmen mit hoher Qualität und schaute auf Wettbewerbsvorteile. Die Symbiose beider Ansätze macht den Erfolg von Berkshire aus.

Munger: Qualität hat ihren Preis

Als Schlüsselmoment in der gemeinsamen Biografie gilt ein "Schokoladen-Deal". Das Investment von Berkshire in den US-amerikanischen Süßwarenhersteller "See's Candies" sei ein "Saulus-Paulus-Moment" gewesen, so Leber. Buffett sei bis dahin ein Billigheimer gewesen. Munger überzeugte ihn dann aber, dass Qualität ihren Preis habe. Buffett war am Ende bereit, 25 Millionen US-Dollar für den Kauf zu zahlen. Seit dem Kauf hat das Investment Milliarden an Gewinn abgeworfen.

Legendär ist bei allem Scharfsinn Mungers Gespür für neue Trends. Bereits 2008 erkannte er beispielsweise das Potenzial der E-Mobilität. "Er war zutiefst überzeugt, dass unglaubliche Dinge geschehen können, wenn zwei oder drei Dinge aufeinandertreffen", so Leber.

Mungers Privatleben war nicht immer leicht. Die erste Ehe wurde geschieden, seine zweite Frau, die er 1956 heiratete, starb 2010. Der älteste Sohn von insgesamt sieben starb jung an Leukämie. Wegen einer medizinischen Fehlbehandlung verlor Munger ein Auge, danach konnte er kaum noch sehen. Munger habe trotzdem in jeder Lebenslage strenge Disziplin bewahrt und die Fahne hochgehalten, so Leber.

Munger hinterlässt Lebensweisheiten und Einsichten, die nachhallen. Dazu gehören auch seine Worte zu Neid und Gier. Für Munger war es der Neid, der die Welt antreibt, nicht Gier. Es sei ihm unverständlich, warum die Menschen nicht glücklicher sein könnten mit dem, was sie haben, sagte er einmal in einem Interview.

"Ich beneide niemanden"

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Munger war zeit seines Lebens zwar sparsam, er stellte seinen Reichtum nie zur Schau, aber er hatte trotzdem kein Problem damit, Geld auszugeben. Er habe "den Neid im eigenen Leben besiegt", betonte er mehrfach. "Mir ist es egal, was jemand anderes hat." Vermögen zu schaffen, war für ihn Mittel zum Zweck. Er wollte frei und unabhängig sein - sowohl geschäftlich als auch privat. Dass das Gros der Investoren seine Haltung zu Geld und Vermögen nicht teilte, war ihm klar.

Der Power-Investor, Rechtsanwalt, Manager und Mäzen Munger hatte am Lebensende "nur" ein Vermögen von geschätzt 2,6 Milliarden US-Dollar. Buffetts' beläuft sich dagegen laut "Forbes" auf knapp 120 Milliarden Dollar. Dass er Munger viel zu verdanken habe und er ohne Munger viel ärmer wäre, räumt er gerne ein. Munger hatte sicherlich immer noch mehr als genug, damit es ihm an nichts fehlte.

Quelle: ntv.de

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