E-Mail-Panne und Gewinnwarnung Daimler vertröstet Investoren
24.10.2012, 21:55 Uhr
Daimler tritt in Googles Fußstapfen: Der Autobauer muss seinen Quartalsbericht eher veröffentlichen, nachdem in den USA eine E-Mail zu diesem Thema zu früh verschickt wurde. Die Zahlen an sich fallen zwar besser aus als erwartet. Die Ergebnisprognose senkt die Mercedes-Mutter dennoch und auch der Ausblick enttäuscht.
Der deutsche Autobauer Daimler hat nach einem Gewinneinbruch im dritten Quartal die Ergebnisprognose für 2012 um 1 Mrd. Euro reduziert und die angepeilten Renditeziele für 2013 gekippt. "Wegen der konjunkturellen Herausforderungen wird Daimler im Gesamtjahr 2012 nicht das hohe Vorjahres-Ebit erreichen", teilte Konzernchef Dieter Zetsche in einer versehentlich zu früh veröffentlichten Mitteilung des Stuttgarter Konzerns mit. Für dieses Jahr stellte er einen Gewinn vor Steuern und Zinsen im fortgeführten Geschäft von rund 8 Mrd. Euro in Aussicht. Bislang hatte der Autobauer, der hohe Ausgaben für neue Autos und Motoren schultern muss, einen Betriebsgewinn von 9 Mrd. Euro anvisiert.
Mit Rückenwind durch den schwächeren Euro konnte Daimler im dritten Quartal den Betriebsgewinn mit 1,921 Mrd. Euro noch auf Vorjahresniveau halten, doch der Nettogewinn sank auf 1,2 Mrd. Euro von 1,36 Mrd. im Vorjahreszeitraum. Der seit 2006 an der Spitze von Daimler stehende Zetsche, der in Personalunion auch die schon länger unter Margendruck stehende Mercedes-Pkw-Sparte leitet, kassierte daher auch die für 2013 angepeilten Renditeziele gleich mit ein: Diese könnten wegen des verschlechterten Marktumfelds erst später erreicht werden. Einen neuen Zeitpunkt nannte Daimler nicht und vertröstete die Investoren, denen ab 2013 eine operative Rendite im gesamten Fahrzeuggeschäft von neun Prozent versprochen wurde.
Konkurrenz fährt Mercedes davon

Eine zu frühe E-Mail und schon geht alles ganz schnell: Daimler präsentiert Quartalsbilanz früher.
(Foto: REUTERS)
Vor allem bei der Ertragsperle Mercedes-Pkw, die ab 2013 dauerhaft eine Rendite von zehn Prozent abwerfen sollte, drückt Daimler der Schuh: Der Betriebsgewinn der umsatzstärksten und profitabelsten Kernsparte schrumpfte im dritten Quartal auf 0,975 Mrd. Euro von 1,108 Mrd. Euro vor Jahresfrist, die operative Marge rutschte noch stärker als von Analysten erwartet auf 6,4 von 8,0 Prozent ab.
Konkurrent Audi verdient fast doppelt so viel. Für das Schlussquartal kündigte Daimler weitere Einbußen an, da das Händlernetz in China gestützt werden müsse. Mercedes macht sich dort mit zwei Pkw-Vertriebsgesellschaften selbst Konkurrenz, die Gesellschaften sollen zusammengeführt werden.
Peinliche E-Mail-Panne
Der wegen verfehlter Prognosen am Kapitalmarkt schon länger in der Kritik stehende Autobauer patzte bei der Veröffentlichung der Geschäftszahlen für das dritte Quartal erneut: Denn die ursprünglich erst für Donnerstag zur Veröffentlichung vorgesehene Mitteilung wurde versehentlich bereits am Abend versandt. Daimler bestätigte die versehentlich versandten Geschäftszahlen nach gut einer Stunde. Erst vor einer Woche hatte Google mit einer zu früh veröffentlichten Bilanz für Aufsehen gesorgt.
Daimler auf der Kostenbremse
Angesichts der erheblich erschwerten Marktbedingungen habe Daimler noch "gute Ergebnisse" im dritten Quartal erzielt, erklärte Zetsche. Ebenso fiel der Umsatz mit einem Zuwachs um acht Prozent auf 28,6 Mrd. Euro höher als am Finanzmarkt erwartet aus, obwohl die Absatzflaute in den von der Staatsschuldenkrise gebeutelten südeuropäischen Ländern sich zuletzt auch in den Daimler-Verkaufsstatistiken niederschlug.
Neben dem Pkw-Geschäft begibt sich inzwischen auch der Lkw-Markt nach der jüngsten Erholung schon wieder auf Talfahrt: Daimler Trucks verdiente operativ mit 507 Mio. Euro nach 555 Mio. Euro im Vorjahr viel weniger. Die Bus-Sparte rutsche sogar in die Verlustzone.
Im vierten Quartal sei von einer schwächeren Nachfrage bei Lkw und Bussen auszugehen, stellte Daimler in Aussicht. Bei Pkw rechnen die Schwaben hingegen im Schlussquartal nochmals mit einem Absatzzuwachs, da vor allem in Nordamerika die Nachfrage noch gut ist. Der Konzernumsatz werde 2012 deutlich auf mehr als 110 Mrd. Euro steigen, 2011 waren es 106,5 Mrd. Euro.
(Noch) kein Personalabbau
Doch die dunklen Wolken am Konjunkturhimmel und der scharfe Wettbewerb in China - dem weltweit größten Pkw-Markt - haben das Management aufgerüttelt. Zetsche hatte daher bereits Ende September ein Sparprogramm angekündigt, ein konkretes Einsparziel blieb er ab auch am Mittwoch schuldig. Auf Personalabbau bei der Stammbelegschaft will er noch verzichten.
Die Drosselung der Produktion werde über die Arbeitszeitkonten und die Zahl der Zeitarbeiter aufgefangen. Wegen der schwindenden Autonachfrage - in Europa dürfte sie 2012 auf den tiefsten Stand seit fast 20 Jahren fallen - will die Führungsriege alle Ausgaben von Mercedes-Benz Pkw auf den Prüfstand stellen und die Kosten rigoros zusammenstreichen. Die Finanzkraft müsse trotz des zunehmenden Preisdrucks erhalten bleiben, um anstehende Investitionen in neue Modelle stemmen zu können, schrieb der Mercedes-Vorstand in einem Brief an die Mitarbeiter.
Gewinnwarnung: ja, aber ...
Keine einhellige Meinung hatten Händler zur möglichen Marktwirkung der Zahlen von Daimler. "Es kommt ganz darauf an, wie die Erwartung und Positionierung der einzelnen Marktteilnehmer vorher war", sagte ein Marktteilnehmer. Als hartes Fakt wäre die gesenkte Prognose für das Gesamtjahr 2012 für das operative Ergebnis "natürlich eine Gewinnwarnung". Andererseits hätten zahlreiche Analysten damit bereits gerechnet. Auch die jüngsten Äußerungen von Konzernchef Zetsche bei der Bekanntgabe des Sparprogramms "Fit for Leadership" seien so verstanden worden.
"Eigentlich vollzieht Daimler jetzt nur in Zahlen nach, was der Markt erwartet hat", so der Händler. Die Aussagen zu den Problembereichen Limousinen oder China seien zudem völlig bekannt. Per Saldo sei noch nicht klar, ob und wieviel schwächer die Aktie am Donnerstag in den Handel startet. Die Daimler-ADR gab in den USA nur 0,4 Prozent ab, in Frankfurt hatte das Daimler-Papier 0,2 Prozent eingebüßt.
Quelle: ntv.de, bad/rts/DJ