Neuer Index, alte SorgenDer Ifo wird frischer

Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist der bedeutendste Frühindikator für die Entwicklung der hiesigen Wirtschaft. Das Barometer wird nun entstaubt, die Sorgen über einen Konjunkturabschwung bleiben aber.
Sowohl der Dax als auch der Euro reagieren üblicherweise deutlich auf das Barometer: Fällt der Ifo-Geschäftsklimaindex besser als erwartet aus und signalisiert damit, dass die befragten Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage beziehungsweise die Erwartungen für die kommenden sechs Monate optimistischer einschätzen als Volkswirte vorgesagt hatten, beflügelt das oft den hiesigen Aktienmarkt und die Gemeinschaftswährung. Im umgekehrten Fall kommen Dax und Euro häufig unter Druck.
Aus zwei mach eins
Wenn heute der erneuerte Index zum ersten Mal veröffentlicht wird, dürften viele Anleger den "Ifo" noch genauer unter die Lupe nehmen als sonst. "Seit 2005 veröffentlicht das Ifo-Institut neben dem traditionellen Geschäftsklima für die gewerbliche Wirtschaft (Industrie, Bau, Einzel- und Großhandel) auch ein Geschäftsklima für den Dienstleistungssektor. Ab diesem Monat werden diese beiden Indizes zum 'Ifo-Geschäftsklima Deutschland' zusammengefasst, womit der Ifo-Index die deutsche Wirtschaft in Zukunft besser abbilden wird", schreibt Ralph Solveen, Volkswirt bei der Commerzbank.
"Entsprechend seiner großen Bedeutung für die deutsche Wirtschaft erhält der Dienstleistungssektor ein Gewicht von gut 50 Prozent, wohingegen das Gewicht der Industrie sich im Vergleich zum bisherigen Index auf etwas mehr als 30 Prozent halbiert", so Solveen. Der Anteil des Handels sinke auf 13 Prozent und des Baus auf 6 Prozent. "Der neue Index spiegelt damit die gestiegene Bedeutung des Dienstleistungsgewerbes für die deutsche Wirtschaft besser wider", sagt Jochen Stanzl, Chefstratege bei CMC Markets. Der Sektor steuere fast 70 Prozent der hiesigen Wirtschaftsleistung bei.
Index ist weniger volatil
"Wie schon häufiger in der Vergangenheit gleicht das Ifo-Institut das Basisjahr des Geschäftsklima-Index an das der Produktions- und Auftragsindizes des Statistischen Bundesamtes an", schreibt Commerzbank-Experte Solveen. Statt 2005 werde ab sofort 2015 das neue Basisjahr sein. Die Folge: der Index wird durch eine rechnerische Anpassung um rund neun Punkte unter dem bisherigen Niveau liegen.
Die Umstellung auf den neuen Index sollte die hervorragende Aussagekraft sogar noch erhöhen. Weil die Geschäfte im Dienstleistungssektor nicht so stark schwanken wie in der Industrie, ist der Index weniger volatil. "So wäre der neue Index (bei gleichem Basisjahr) in den Phasen starken Wachstums in den Jahren 2006/2007 sowie 2010/2011 deutlich niedriger gewesen als der bisherige Index, dafür aber auch um die Jahreswende 2008/2009 nicht ganz so stark abgestürzt", betont Solveen.
Trendwende nach unten bei der deutschen Wirtschaft?
Der bisherige Index stand nicht zuletzt deshalb so stark im Fokus der Investoren, weil er eine Trendwende bei der Konjunktur frühzeitig angezeigt hat. War der Indikator drei Monate in Folge gesunken, wies das üblicherweise auf eine deutliche Konjunkturabkühlung hin, worunter insbesondere der Dax gelitten hat. Dort machen nämlich Unternehmen aus konjunkturabhängigen Sektoren rund 55 Prozent des Indexgewichts aus. Das ist viel mehr als in fast jedem anderen Index der Welt. Nachdem der Index für die gewerbliche Wirtschaft zuletzt zwei Monate in Folge gesunken ist, sind manche Investoren nun etwas nervös.
Umso bedenklicher sei das Signal, das der neue Index sendet. "Das neue Ifo-Geschäftsklima Deutschland ist in der Rückrechnung bereits vier Mal hintereinander gefallen", so Commerzbank-Experte Solveen. "Damit ist beim neuen Ifo die alte Regel, dass drei Rückgänge in Folge einen Wendepunkt markieren, bereits erfüllt. Dafür ist er seit seinem Hochpunkt weniger gefallen als der alte Index." Offensichtlich hinterlassen der Protektionismus der USA und geopolitische Spannungen wie zwischen den USA und dem Iran ihre Spuren.
Viele Investoren dürften sich diesmal den neuen Ifo-Index genau anschauen, nicht nur wegen der Umstellung, sondern weil bei einem weiteren Rückgang beim neuen Ifo die Sorgen der Anleger vor einer Trendwende bei der Konjunktur zunehmen könnten. Die Helaba rechnet mit einem umgerechnet leicht niedrigeren Ifo-Stand von 105,50.