Herkules, Perle und Magnum "Deutschland ist Hopfen-Exportweltmeister"
01.07.2017, 15:08 Uhr
Hopfen ist für Bierbrauer essenziell. Allerdings wächst er nur in speziellen Gebieten auf der Erde. Deutschland mischt beim Anbau ganz vorn mit. Wieso das so ist, welche Sorten es gibt und welche Funktionen die Dolden überhaupt haben, verrät Hopfenexperte Johann Portner n-tv.de im Interview.
n-tv.de: Herr Portner, Sie sind Hopfenexperte. Welche Rolle spielt er beim Bierbrauen, welche Funktion kommt ihm zu?

Johann Portner, Leiter der Arbeitsgruppe Hopfenbau, Produktionstechnik bei der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft
Johann Portner: Der Hopfen spielt beim Bierbrauen eine große, wenn nicht sogar eine entscheidende Rolle. Er ist für den Geschmack des Bieres maßgeblich, wofür die in ihm enthaltenen Aromastoffe verantwortlich sind. Hopfen enthält etwa 400 verschiedene ätherische Öle. Sie machen den charakteristischen Geschmack des Bieres aus. Zudem ist Hopfen auch als Konservierungsstoff bekannt. Das liegt an den sogenannten Alpha-Säuren. Sie verleihen dem Bier dessen Bitternote und sind für die Haltbarkeit verantwortlich.
Wie wichtig ist dabei die Qualität des Hopfens?
Sehr wichtig! Bier gilt hierzulande als Premiumprodukt, hergestellt aus qualitativ hochwertigen Rohstoffen. Die Brauer wollen einen gesunden Hopfen. Neben der äußeren Qualität haben vor allem innere Qualitätsmerkmale wie die Ausprägung des Aromas und der Alpha-Säurengehalt große Bedeutung.
Stichwort gesunder Hopfen: Er gilt als sehr empfindliche Pflanze. Welche Schädlinge beeinträchtigen Qualität und Ertrag?
Hopfen ist eine sehr intensiv angebaute Kultur und wird auch von vielen Schadorganismen befallen. Bei den Pilzkrankheiten ist es in erster Linie der Falsche Mehltau, der seit rund 90 Jahren in Deutschland auftritt und sehr große Schäden bis zum Totalausfall verursachen kann. Der Echte Mehltau beeinträchtigt darüber hinaus auch noch den Geschmack des Bieres. Die dritte große Krankheit ist ein Bodenpilz, die Verticilliumwelke. Bei Befall können einzelne Hopfentriebe oder die gesamte Pflanze absterben.
Und tierische Schaderreger?
Hier ist in erster Linie die Hopfenblattlaus zu nennen. Die ist gerade aktiv, setzt sich auf den Blättern ab und vermehrt sich später auch in den Dolden. Dadurch wird die Qualität beeinträchtigt. Aber auch ein Totalausfall ist möglich. Gleiches gilt beim Befall mit der Gemeinen Spinnmilbe.
Das bekannteste Hopfenanbaugebiet ist die Hallertau in Bayern. Obwohl die Pflanzen auch in den USA, China, Südafrika oder Neuseeland und Australien angebaut werden, gilt die Hallertau noch immer als das größte zusammenhängende Anbaugebiet der Welt. Worin liegt ihre Besonderheit?
Ganz allgemein wächst Hopfen zwischen dem 35. und 55. Breitengrad auf der Nord- und Südhalbkugel. Das hängt ganz einfach mit der Tageslänge zusammen, die der Hopfen zum Blühen braucht. Die Hallertau als aufsteigendes Anbaugebiet hat sich erst vor 150 Jahren entwickelt. Heutzutage ist Hopfenanbau sehr kapitalintensiv, braucht gewisses Know-how und eine umfangreiche Logistik. Darum ist ein Neueinstieg in den Hopfenanbau außerhalb der traditionellen Anbaugebiete kaum möglich. Im Mittelalter wurde Hopfen in ganz Deutschland direkt neben den Brauereien angebaut.
Deutschland ist aber nicht der größte Hopfenanbauer der Welt?
Hopfenpflanzen werden bis zu 50 Jahre alt. Sie wachsen jeweils zwischen dem 35. und 55. Breitengrad auf der Nord- und Südhalbkugel. Hopfen wird "grün" geerntet und in der Regel danach sofort getrocknet. Der Wasseranteil sinkt dabei von etwa 80 auf rund 10 Prozent. Das macht den Hopfen lagerfähig. Zu den bekanntesten deutschen Hopfensorten zählen die Bitterstoffsorten "Herkules" und "Hallertauer Magnum", die Aromasorten "Perle" und "Hallertauer Tradition" oder die Flavorsorte "Mandarina Bavaria".
Nein, die Hallertau ist zwar das größte zusammenhängende Anbaugebiet der Welt, aber von der reinen Anbaufläche liegen die USA vorn.
2016 wurden hierzulande mehr als 42.000 Tonnen Hopfen geerntet. Der Weltmarktanteil liegt bei rund 33 Prozent. Ist deutscher Hopfen ein Exportschlager?
Deutscher Hopfen ist mit Sicherheit ein Exportschlager, er wird in mehr als 100 Länder ausgeführt. Vom heimischen Anbau gehen etwa 80 Prozent ins Ausland. Keine andere in Deutschland angebaute landwirtschaftliche Kulturpflanze hat einen höheren Weltmarktanteil als Hopfen. Wir sind also Hopfen-Exportweltmeister!
Die meist angebaute Sorte in Deutschland ist "Herkules". Was zeichnet sie aus und macht sie so erfolgreich?
Gemessen am Brauwert, also Kilogramm Alpha-Säuren pro Hektar, bringt "Herkules" den höchsten Ertrag aller weltweit angebauten Hopfensorten. Von daher ist sie von der Wirtschaftlichkeit für den Hopfenpflanzer sehr attraktiv, da diese Sorte meist nach Kilogramm Alpha-Säuren bezahlt wird und so von der Fläche her die größte Wertschöpfung zu erzielen ist.
Wie viele Sorten Hopfen gibt es denn eigentlich?
In Deutschland werden mittlerweile mehr als 30 verschiedene Sorten angebaut. In den USA sind es sogar zwischen 70 und 80. Dabei lassen sich die Sorten in drei große Gruppen einteilen: die Aromasorten wie beispielsweise "Perle" oder "Hallertauer Tradition"; dann die Bitterstoffsorten, bei denen hauptsächlich auf den Gehalt an Alpha-Säuren abgezielt wird - wie bei "Herkules"; und in den vergangenen zehn Jahren etwa hat sich eine dritte Gruppe herauskristallisiert: sogenannte Flavor-Hopfen.
Flavor-Hopfen sind doch eigentlich auch Aromahopfen?
Ja, aber sie haben ganz besondere Aromen: fruchtig oder blumig beispielsweise. Hier sind die Abnehmer in erster Linie Craftbeer-Brauer. Die bekannteste Sorte in Deutschland ist "Mandarina Bavaria" mit einem ausgeprägten Mandarinen-, Grapefruit- und Zitrusgeschmack.
Eignen sich alle Hopfensorten zum Bierbrauen?
Ja. Wobei eine Sorte mit einem sehr niedrigen Alpha-Säurengehalt speziell als Teesorte gezüchtet wurde. Ihr Name: "Relax". Hier gibt es quasi keine bittere Note. Tee soll ja nicht bitter schmecken.
Kann ich für mein eigenes Hausbier meinen eigenen Hopfen anbauen? Sie meinten ja, das sei sehr kapitalintensiv ...
(lacht) Es kommt immer auf die Menge an. Um Bier zu brauen, braucht man nicht viel Hopfen. Weltweit rechnen wir im Schnitt mit 5 Gramm Alpha-Säuren pro Hektoliter Bier. Umgerechnet sind das etwa ein paar Dolden für ein Maß Bier. Wenn man eine Hopfenpflanze beispielsweise an der Dachrinne emporwachsen lässt, kann man von einer Pflanze bis zu 1 Kilogramm Hopfen ernten und einige Hundert Liter Bier brauen. Von daher ist das schon möglich. Man braucht aber auf alle Fälle ein paar Grundkenntnisse im Hopfenanbau.
Mit Johann Portner sprach Thomas Badtke
Hier gelangen Sie zum n-tv extra "Das Geschäft mit Bier".
Quelle: ntv.de