Wirtschaft

Visionär aus dem Schwarzwald Dübelkönig Fischer will mit 75 Jahren kürzertreten

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Klaus Fischer ist als 25-Jähriger in das von Vater Artur gegründete Unternehmen in Waldachtal im Nordschwarzwald eingetreten.

Klaus Fischer ist als 25-Jähriger in das von Vater Artur gegründete Unternehmen in Waldachtal im Nordschwarzwald eingetreten.

(Foto: picture alliance/dpa)

Nach 50 Jahren an der Spitze der Fischerwerke zieht sich Klaus Fischer zurück – diesmal wirklich. Zum 75. Geburtstag kündigt der "Dübelkönig" an, das Zepter weiterzureichen. Er übergibt die Geschäfte an ein eingespieltes Team, nachdem die Staffelübergabe an einen seiner beiden Söhne gescheitert war.

Diesmal meint der "Dübelkönig" es ernst: Klaus Fischer will kürzertreten, raus in die Natur, mit seinem Jagdhund in den Wald, Urlaub machen. "Auch mal 14 Tage gar nichts tun", sagt er kurz vor seinem 75. Geburtstag. "Es gibt auch noch andere Dinge im Leben, als nur in der Firma zu sein." Zu der Erkenntnis zu kommen, das sei ein Prozess gewesen. Denn angekündigt hatte er das schon vor Jahren. "Aber jetzt ist es so, dass ich es wirklich machen werde", sagt Fischer. "Und ich kann das auch machen." Die Geschäftsführung sei sehr gut aufgestellt für die Zukunft. Und sie habe sein Vertrauen. Mit dem Vorsitzenden Alexander Bässler tausche er sich regelmäßig aus. "Aber ich muss sagen, ich brauche eigentlich nicht mehr alles wissen."

Das war nicht immer die Einstellung des Ingenieurs. Die Staffelübergabe an einen seiner beiden Söhne vor mehr als zehn Jahren scheiterte. Man hatte sich nicht über die Ausrichtung der Geschäftspolitik einigen können. Auch andere Geschäftsführer kamen - und gingen wieder. Klaus Fischer selbst ist vor 50 Jahren als 25-Jähriger in das von Vater Artur gegründete Unternehmen in Waldachtal im Nordschwarzwald eingetreten. Fünf Jahre später übernahm er das Ruder bei den Fischerwerken.

Als Erstes habe er ein Jahr Kurzarbeit in der Sparte Fischertechnik eingeführt, erinnert sich Fischer. Gegen den Willen des Vaters, zu dem das Verhältnis nicht immer einfach war. Der Bereich habe stabilisiert werden müssen. Es folgten Jahrzehnte des Aufschwungs und der Expansion. Heute vertreibt Fischer Produkte in rund 120 Länder, hat 50 Gesellschaften unter anderem in den USA, Indien und China. In Saudi-Arabien soll eine neue hinzukommen, kündigt der Inhaber an. "Die großen Märkte sind außerhalb von Europa."

Vom Bauchgefühl geleitet

Rund 4700 Beschäftigte weltweit erwirtschafteten vergangenes Jahr einen Umsatz von 1,11 Milliarden Euro, das Gros außerhalb von Deutschland. Mit über 80 Prozent tragen Befestigungssysteme den größten Anteil zum Umsatz bei. Das sind heute längst nicht mehr nur Dübel. Zunehmend spielen Künstliche Intelligenz und Digitalisierung eine Rolle, Unterlegscheiben mit Sensoren etwa ermöglichen Bauwerk-Überwachung. Mit neuen Formen des Bauens, mehr Fertigbau und härterem Beton wird sich viel tun, ist Fischer überzeugt.

Darum stellt sich die Gruppe, die unter anderem auch Konstruktionsbaukästen und Beratung bietet, neu auf. Dazu gehört, dass sich Fischer 2024 von der Automotive-Sparte trennte, die unter anderem Lüftungsdüsen und Getränkehalter herstellte. Der Bereich sei zu klein gewesen, um zu überleben, sagt Fischer. "Es gab keine andere Lösung." Die Entscheidung sei eine der wenigen, wegen derer er in all den Jahren schlecht geschlafen habe. Bei seinem Handeln habe er sich oft vom Bauchgefühl leiten lassen. "Ich glaube nicht, dass man das lernen kann", sagt Fischer. Dabei sei es wichtig, dass auch junge Leute wieder verstärkt unternehmerisch denken. In Kindergärten und Schulen sollten sie nach Interessen und Talenten gefördert und nicht nach Schema F ausgebildet werden, fordert er. "Wenn Kinder Spaß haben, bringen sie auch Leistung." Den Leistungsgedanken müsse man wieder zulassen.

Das Thema Bildung ist Fischer so wichtig, dass er über eine Stiftung regelmäßig Projekte fördert. Auch im Konzern stehen Aus- und Weiterbildung im Fokus, es gibt etwa sogenannte Talent Pools und ein eigenes Bildungszentrum. Mitarbeitende sollen sich einbringen. Sie wüssten am besten, was nicht funktioniert. Er sieht sie als Mannschaft, will die Begabungen der Menschen nutzen. Ihre Ideen werden honoriert. Jedes Jahr kämen mehrere Hundert Ideen zusammen, sagt Fischer. "Ganz wichtig ist, dass neue Ideen zugelassen und umgesetzt werden. Dass man nicht lange darüber diskutiert."

Fischer lebt die Werte des Unternehmens

Mehr über Chancen nachdenken, weniger über Risiken - das ist sein Motto. Und er setzt auf die japanische Arbeitsphilosophie Kaizen, bei der es um kontinuierliche Verbesserung geht. Als Fischer diese vor Jahren in Waldachtal etabliert habe, sei das einigen schon komisch vorgekommen, erinnert sich Susanne Schmid-Häcker, Betriebsratsvorsitzende für den Standort Tumlingen. "Aber es hat dadurch sehr viele Verbesserungen gegeben." Das Unternehmen sei schlanker, effizienter und schneller geworden. "Für die Zukunft ist es unbedingt notwendig, das konsequent weiterzumachen."

Klaus Fischer lebe tatsächlich die Werte des Unternehmens, sagt Schmid-Häcker: allem voran innovativ und seriös. Er sei nahbar, komme regelmäßig zum Mittagessen ins Betriebsrestaurant und setze sich zur Belegschaft. Und auch wenn er die Geschicke an die Geschäftsführung übergeben hat, gelte: "Herr Professor Fischer ist Fischer und ist das Gesicht von Fischer. Sein Wort zählt."

So wundert es nicht, dass auf dem Internetauftritt der Fischer-Gruppe immer wieder der Inhaber auftaucht. Allein die ausführliche Vita enthält zahlreiche Auszeichnungen wie Verdienstorden, Ehrendoktorwürden und -bürgerschaften. Doch der Schein trügt vielleicht. In all seinem Handeln stehe nie Fischer selbst, sondern stets der Kunde im Mittelpunkt, lobte der ehemalige Porsche-Chef Wendelin Wiedeking 2024 als Laudator bei der Verleihung einer Ehrendoktorwürde der Universität Stuttgart. Und auch Fischer selbst will weder den 75. noch sein 50-jähriges Firmenjubiläum groß feiern. Stattdessen sei im September ein "Wasen-Fest" geplant - nicht zu seinem Geburtstag, sondern als Dank für die Mitarbeitenden. "Bei mir war der Geburtstag noch nie besonders wichtig." Dass die Geschäftsführung irgendetwas plane, habe er schon spitzbekommen, sagt Fischer und grinst: "Da bin ich dabei, das zu verhindern."

Quelle: ntv.de, Von Marco Krefting, dpa

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