"Ungeheuerlicher Fehler" JP Morgan schockt Anleger
11.05.2012, 09:45 UhrAlarm bei JP Morgan Chase: Die US-Bank verliert rund 2 Milliarden Dollar bei riskanten Finanzwetten. Konzernchef Dimon spricht von Schlampereien und falschen Entscheidungen. Seinen Angaben zufolge kann es noch schlimmer kommen. An der Wall Street reagieren Anleger geschockt: Der Aktienkurs fällt nachbörslich kräftig.
Beim Jonglieren mit Millionenwerten hat sich die größte US-Bank JP Morgan Chase hat gewaltige Fehler geleistet. Das Wall-Street-Institut hat seit Anfang April rund 2 Mrd. Dollar oder umgerechnet 1,5 Mrd. Euro bei riskanten Finanzwetten verloren. Bankchef sah sich gezwungen, Anleger und Analysten persönlich in einer kurzfristig anberaumten Telefonkonferenz zu informieren.
Die Handelsverluste seien selbstverschuldet, gestand Dimon ein. Er sprach von "ungeheuerlichen Fehlern", Schlampereien und falsche Entscheidungen. Derzeit werde untersucht, wie es genau dazu kommen konnte. "Das ist nicht die Art, wie wir unser Geschäft betreiben wollen", erklärte Dimon.
Der Bankchef musste einräumen: "Es kann noch schlimmer werden." Denn die fraglichen Finanzwetten laufen weiter. Je nach Reaktion der Märkte in den nächsten Tagen und Wochen könnten sich die Verluste demnach noch einmal erheblich ausweiten.
Die Bank will nicht überhastet aus den Geschäften aussteigen und damit noch größere Verluste riskieren. Für die verantwortliche Sparte der Bank sagte Dimon einen Verlust von 800 Mio. Dollar im laufenden Quartal voraus.
Die Börsianer reagierten geschockt. Die Aktie fiel im nachbörslichen Handel um 6 Prozent und zog dabei auch andere Banktitel in den Keller. "Wir werden das lösen", versicherte Dimon. Er lehnte es mehrfach ab, die Details der problematischen Finanzwetten offenzulegen.
Das "Dimon-Prinzip" verletzt
Die nach Aktivposten größte Bank der Vereinigten Staaten erklärte in ihrem vierteljährlichen Bericht an die Aufsichtsbehörde SEC, dass ein Plan, Risiken abzusichern, sich "als riskanter, schwankungsanfälliger und weniger effektiv erwiesen hat, als das Unternehmen zuvor geglaubt hat".
Dimon erklärte, es handele sich dabei um eine sogenannte "synthetische Absicherung", bei der Kreditausfallversicherungen eingesetzt werden. Der Umgang mit diesen Finanzinstrumenten sei "schlecht durchgeführt" und "schlecht überwacht" gewesen. Die Bank prüfe nun gründlich, was schiefgelaufen sei. Es habe auf Seiten des Unternehmens "viele Fehler, Nachlässigkeit und schlechtes Urteilsvermögen" gegeben.
Bisher sei im Zuge des Vorgangs noch niemand entlassen worden. Dimon sagte aber, die könne passieren, wenn die Überprüfung abgeschlossen sei. "Wir werden alles zugeben, es reparieren und dann weitermachen", sagte Dimon. "Diese Geschäfte haben gegen das Dimon-Prinzip verstoßen".
Derartige Fehlschläge sind die Börsianer von JP Morgan Chase nicht gewohnt. Die New Yorker Bank ist das bestverdienende Kreditinstitut der Vereinigten Staaten. JP Morgan war fast ohne Blessuren durch die Finanzkrise gekommen.
Das Problem mit der Gier
Der aktuelle Verlust trifft das Haus hart. Das Vertrauen wichtiger Großkunden ist schnell verspielt. Intern könnten die Verluste nach hauseigenen Regelungen auch zu einer nachträglichen Gehaltskürzung für die Angestellten führen. Der einst glänzende Ruf des Geldinstituts dürfte kräftig Schaden nehmen. Vor allem Konzernführung und Risikomanagement müssen sich nun unangenehme Fragen gefallen lassen.
Rein finanziell allerdings kann die Bank die Summen durchaus verkraften. .
Im Zuge der Finanzkrise hatte sich die Branche durch einen teils leichtfertigen Umgang mit großvolumigen Spekulationssummen schweren Vorwürfen der ethischen Orientierungslosigkeit und des moralischen Versagens ausgesetzt.
Die ist beinahe schon sprichwörtlich geworden. Der aktuelle Vorfall dürfte der neues Leben einhauchen.
Quelle: ntv.de, AFP/DJ/dpa/rts