"Das Duell" zur Schuldenkrise Lafontaine fordert "Greuro" statt "Grexit"
09.06.2015, 20:56 Uhr
CDU-Europapolitiker Elmar Brok, Moderator Heiner Bremer und Ex-Linkenchef Oskar Lafontaine
Wie weiter mit Griechenland? Varoufakis sei nicht an Lösungen interessiert, beschwert sich der Europaabgeordnete Elmar Brok. Linken-Politiker Oskar Lafontaine meint, die Bundesregierung drücke sich vor einem Schuldenschnitt.
Oskar Lafontaine hat vorgeschlagen, die Schuldenkrise in Griechenland durch die Einführung einer Übergangswährung zu lösen. "Man muss überlegen, ob man mehr Flexibilität ins europäische Währungssystem bringt", sagte der Linken-Politiker und ehemalige Bundesfinanzminister am Dienstagabend in "Das Duell bei n-tv" (Thema: "Grexit und Putin-Stress – Hat Merkel die richtigen Antworten?"). Das bedeute, so Lafontaine weiter: "Einführung eines Greuro oder der Drachme, aber der Währungsverbund bleibt erhalten, in dem die Zentralbank den Kurs stützt".
Lafontaine hält einen Schuldenschnitt für Griechenland für unausweichlich und warf der Bundesregierung in dieser Frage Realitätsverweigerung vor. "Ohne einen Schuldenschnitt wird es nicht gehen. Und vor dieser Tatsache drückt sich die deutsche Regierung", sagte Lafontaine. Er warf Kanzlerin Angela Merkel vor, bisher "völlig desorientiert" gehandelt zu haben: "Die ganze Rettung bestand darin, die Schulden der Banken auf den Steuerzahler überzuwälzen."
Das Beharren auf einer Rückzahlung der Schulden ist laut Lafontaine dadurch zu erklären, dass die Kanzlerin ihren Fehler nicht eingestehen wolle: "Wenn jetzt der Schuldenschnitt kommt, wird klar, dass sie 60 Milliarden Euro der Deutschen in den Sand gesetzt hat. Und das möchte sie natürlich nicht offenbaren."
Elmar Brok, Vorsitzender des Außenausschusses im Europaparlament und Lafontaines Diskussionspartner im "Duell", nahm die Kanzlerin in Schutz - er warf dem griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis vor, die Verhandlungen gezielt zu verzögern. "Hier sind einige Leute dabei bei der Syriza, wie Herr Varoufakis, die gar keine Lösung wollen", behauptete der CDU-Mann Brok. "Man hat die griechische Regierung zigmal aufgefordert seit Anfang Februar, dass sie mit Vorschlägen kommt. Sie hat sich schlicht geweigert." Das Verhalten Griechenlands mache ihn "sauer", sagte der Europapolitiker: "Wir halten dieses Verhalten der Syrizapolitiker für unerträglich. Die fünf Monate lang niemals der Aufforderung nachgekommen sind, Vorschläge zu machen, die realistisch sind. Sie haben immer nur Nein gesagt. Sie haben bis März überhaupt nicht mal angefangen, zu verhandeln."
Trotzdem soll der griechische Staatsbankrott Brok zufolge weiter verhindert werden. "Wenn Griechenland Pleite geht, dann ist das bisherige Geld verloren. Dann müssen wir aber auch zukünftig aus humanitären Gründen Erhebliches leisten, denn: Wer soll dann die Pensionen bezahlen, wer soll Lebensmitteleinfuhren bezahlen, wer soll Gehälter bezahlen, wenn der Staat das nicht mehr kann?", gab er zu bedenken. Ein Schuldenschnitt komme aber weiter nicht in Frage, so Brok: "Ich kann doch demjenigen, der jetzt die Auflagen nicht erfüllt, nicht auch noch die Schulden erlassen. Dann sind wir doch in drei Jahren in derselben Situation."
Linken-Politiker Lafontaine kritisierte zudem die Entscheidung der großen Industrienationen, Russland wegen Verstößen gegen das Völkerrecht nicht zum G7-Gipfel nach Schloss Elmau einzuladen. "Wenn das das Kriterium ist, dann sitzt da nur noch der japanische Regierungschef. Alle anderen haben da nichts mehr verloren", sagte Lafontaine.
Befürchtungen, dass seine Partei nach dem Rückzug des Fraktionsvorsitzenden Gregor Gysi an Strahlkraft verlieren werde, mochte Lafontaine nicht teilen: "Als ich ausgeschieden bin, gab es dieselbe Diskussion", sagte er. Man solle Vertrauen in die Erneuerungskraft der Partei haben, so Lafontaine weiter: "Die Linke wird weiterarbeiten und sie wird auch in Deutschland gebraucht. Denn wenigstens eine Kraft muss es ja geben, die beispielsweise sagt: Wenn jemand Völkerrechtsbruch begeht, dann ist das zu verurteilen – egal, wer es ist."
Quelle: ntv.de