Straftäter und Ex-Topmanager Middelhoff soll Barça helfen
17.08.2023, 13:27 Uhr Artikel anhören
Middelhoff wurde wegen Untreue und Steuerhinterziehung verurteilt.
(Foto: picture alliance / rtn - radio tele nord)
Der FC Barcelona will seine Geldprobleme durch einen Börsengang seiner Medien-Tochter eine Milliarde Dollar einsammeln. Helfen soll dabei ein alter Bekannter: Thomas Middelhoff.
Er ist wieder da: Der verurteilte Straftäter und Ex-Top-Manager Thomas Middelhoff sitzt bald wieder in einer Machtposition. Er soll Chief Strategy Officer von Barça Media werden, dem Medienunternehmen des FC Barcelona. Der amtierende spanische Fußballmeister hat Geldprobleme und hofft, dass Middelhoff diese lösen kann. Wie? Mit vier magischen Worten: Special Purpose Acquisition Company oder kurz: SPAC.
Ein SPAC ist eine sogenannte Mantelgesellschaft, mit der Unternehmen Geld beschaffen. Die Gründung erfolgt in zwei Schritten: Zunächst sammelt der SPAC Kapital über einen Börsengang ein, um dieses dann in die Übernahme eines Unternehmens zu investieren. Für das zu übernehmende Unternehmen ist der Kauf durch einen SPAC eine Alternative zu einem herkömmlichen Börsengang (IPO).
SPACs waren vor allem während der Corona-Zeit populär. Viele junge Techfirmen profitierten damals von niedrigeren Zinsen und hoher Nachfrage, fanden damit ein günstiges Umfeld für hohe Bewertungen vor und strebten möglichst schnell an die Börse. Möglich war das mit SPACs. Denn diese bieten gleich mehrere Vorteile: Die Eigentümer des Zielunternehmens, in diesem Fall des FC Barcelona, sparen sich den langwierigen und kostspieligen Prozess eines klassischen Börsengangs und müssen auch keinen umfangreichen Börsenprospekt erstellen. Darüber hinaus erhalten sie eine relativ höhere Sicherheit hinsichtlich des zu erzielenden Kaufpreises.
Auf der anderen Seite zeigen SPACs keine besonders gute Bilanz an den Finanzmärkten. Der Coworking-Anbieter WeWork und der E-Truck-Hersteller Nikola sind nur zwei von vielen Beispielen, bei denen SPACs ihrem schlechten Ruf gerecht wurden - nämlich, dass sie unwirtschaftliche Unternehmen an die Börse spülen und Investoren schaden.
Hunderte Millionen Verlust
Vergangene Woche kündigte der FC Barcelona seine Pläne an, Barça Media über eine SPAC-Fusion an der größten US-amerikanischen Börse Nasdaq zu notieren, die das Unternehmen mit einer Milliarde Dollar bewerten würde. Das Ziel des Vereins ist es, Finanzmittel zu erhalten, um mehr Einnahmequellen zu schaffen. Barça Media könne dabei eine „wichtige Einnahmequelle in den kommenden Jahren“ werden, so der FC Barcelona in einer Erklärung. "Das Unternehmen umfasst im Wesentlichen alle digitalen Inhalte, die der Verein in den letzten 20 Jahren produziert hat und die sich an Fans aller Altersgruppen auf der ganzen Welt richten", heißt es in einer Pressemitteilung.
Der FC Barcelona ist einer der schillerndsten Namen in der Fußballwelt. Doch auf dem Höhepunkt seines sportlichen Erfolgs verzockte sich der Verein und verschleuderte sein Vermögen.
Dass der FC Barcelona auf frisches Geld angewiesen ist, wird beim Blick auf die Finanzen schnell klar. Allein im Jahr 2021 schrieb der Verein einen Verlust von 481 Millionen Euro, und schleppt inzwischen Altlasten von 1,35 Miliiarden Euro mit sich herum. Auch deshalb konnte die Katalanen Top-Spieler wie Lionel Messi nicht länger halten.
Seit Ausbruch der Coronakrise schwingt bei jedem möglichen Transfer die Frage mit: Kann Barça sich den Spieler überhaupt leisten? Der Verein versilbert deshalb seit mehreren Jahren seine Einzelteile. Mithilfe von 20 Investoren hat Barça in diesem Jahr die Renovierung seines maroden Stadions Camp Nou für fast 1,5 Milliarden Euro gesichert. Zu den Investoren zählen unter anderem die US-Großbanken JP Morgan, Goldman Sachs sowie die Streaming-Plattform Spotify, die die Namensrechte am Camp Nou erhält – früher undenkbar.Durch höhere Ticketpreise, Merchandising, Events und Co. sollen rund 200 Millionen Euro generiert werden.
Aktuell muss der Verein eine Lücke von rund 60 Millionen Euro stopfen, die sich aus den strengen Regeln der spanischen LaLiga ergibt. Vereine dürfen dort nur einen bestimmten Anteil ihrer Einnahmen für Gehälter ausgeben. Wird diese Grenze überschritten, können neue Spieler nicht registriert werden. Aktuell hat der FC Barcelona gerade einmal zwölf Spieler registriert, wie "The Athletic" zuletzt berichtete.
Jahrelange Freundschaft
Barça Media generierte in der Saison 2021/22 insgesamt fast 2,5 Milliarden Interaktionen auf Social Media. Das Unternehmen lizenziert seine Inhalte außerdem an Plattformen wie Disney+, Sony Pictures und DAZN. Dies soll die Markenbekanntheit des FC Barcelona steigern und den Verein als globales digitales Medien- und Unterhaltungsunternehmen positionieren.
Der SPAC, der Barça Media an die Börse bringen soll, ist der Schweizer Private-Equity-Fonds Mountain Partners. Gründer von Mountain Partners ist Cornelius Boersch, ein deutscher Unternehmer, Technologie-Investor und Autor. Sein letztes Buch schrieb gemeinsam mit einem alten Freund: Thomas Middelhoff.
Mountain Partners ist eine Art Geldsammelbecken der Elite. Theo Müller (Müllermilch), Porsche-Erbe Hans Porsche, Verlegerin Yvonne Bauer, Manager wie der ehemalige Tchibo-Chef Dieter Ammer oder der frühere Metro-Chef Hans-Joachim Körber, dubiose Persönlichkeiten wie der Börsenguru Bernd Förtsch und sogar ein ehemaliger Rotlichtkönig aus München haben oder hatten in Unternehmen der Gruppe investiert.
Boersch wurde immer wieder eine zu große Nähe zur Politik vorgeworfen. Der verstorbene Ex-Außenminister Guido Westerwelle sei sein bester Freund gewesen, sagt Boersch zum Beispiel. Westerwelle hatte den Unternehmer seinerzeit auf Reisen mitgenommen, was ihm den Vorwurf der Vetternwirtschaft einbrachte. Über die Beziehung von Boersch und Middelhoff ist weniger bekannt. Doch dass Middelhoff nun für ein Unternehmen des Investors arbeitet, hat einen Beigeschmack.
Middelhoffs Missetaten
Für Thomas Middelhoff ist der Freundschaftsdienst nur ein kleines Hoch in einer turbulenten Karriere. Er war Vorstand der Bertelsmann AG und Vorsitzender des Aufsichtsrates der KarstadtQuelle AG. Deren Aktienkurs sank im Verlauf seiner Amtszeit um 90 Prozent, was im März 2009 zu seiner Entlassung führte. Im Juni 2009 beantragte das Unternehmen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Am selben Tag wurde bekannt, dass die zuständige Staatsanwaltschaft ein vorläufiges Ermittlungsverfahren gegen Middelhoff eingeleitet hatte.
Nach fünfjähriger Untersuchung wurde Middelhoff wegen Untreue in 27 Fällen und Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Noch im Gerichtssaal erließ das Gericht Haftbefehl wegen Fluchtgefahr, und Middelhoff wurde sofort in Untersuchungshaft genommen. Nach seiner Entlassung schrieb er mehrere Bücher und war als Berater und Redner aktiv.
Quelle: ntv.de