"Pleite möglich" Musk setzt auf Erpressung
11.11.2022, 19:20 Uhr
Musk sorgt bei Twitter für sehr viel Wirbel.
(Foto: AP)
Elon Musk legt nach. Erst sorgt er für Chaos bei Twitter, feuert einen Großteil der Belegschaft - und stellt jetzt sogar die Pleite des Unternehmens in Aussicht. Warum macht er das?
Wenn der Druck nicht ausreicht, hilft noch mehr Druck. Das dürfte den Führungsstil von Elon Musk recht gut beschreiben. Als sich der neue Twitter-Chef zum ersten Mal an die verbliebenen Mitarbeiter wendet, nachdem er die Hälfte der Mannschaft gefeuert hatte, hat er weitere unerfreuliche Botschaften im Gepäck: Die Rest-Crew müsse sich auf eine Wochenarbeitszeit von bis zu 80 Stunden einstellen, das Homeoffice sei gestrichen, und außerdem drohe die Pleite, wenn Twitter nicht schnell sehr viel mehr Geld einnehme.
Das dürfte nicht nur die Beschäftigten unschön finden. Auch die Investoren, die die 44 Milliarden Dollar schwere Übernahme mitfinanziert haben, dürfte es - zurückhaltend ausgedrückt - irritieren, wenn Musk ein paar Tage nach der Machtübernahme die Insolvenz in Aussicht stellt.
Die Warnung ist zumindest konsequent. Sie setzt die Chaostage fort, die Musk bei Twitter veranstaltet. Innerhalb von nur zwei Wochen hat er die Führungsspitze gefeuert, einen Großteil der Angestellten per Mail rausgeworfen, Werbekunden vergrault, und versucht, Nutzer in ein Abo-Modell zu treiben.
Währenddessen haben Top-Führungskräfte das Unternehmen verlassen, darunter der für das Herausfiltern anstößiger Inhalte verantwortliche Yoel Roth und die Chefin für Informationssicherheit, Lea Kissner. Die für die Beziehungen zu Werbekunden verantwortliche Robin Wheeler reichte Medienberichten zufolge ihre Kündigung ein. Sie war erst vor kurzem zu Twitter gestoßen. Musk überredete sie, zu bleiben.
Weniger Erfolg hat Musk damit, wichtige Werbekunden zur Rückkehr zu bewegen. Auch hier setzt er auf die Methode des maximalen Drucks und drohte den Großkonzernen, "thermonukleare" Vergeltung an, indem sie öffentlich an den Internet-Pranger gestellt werden. Ob das etwa den Pharma-Riesen Pfizer oder Volkswagen zur Rückkehr bewegt, ist zweifelhaft. Zahlreiche Unternehmen hatten nach der Übernahme angekündigt, ihre Werbeaktivitäten bei Twitter auf Eis zu legen. Sie fürchten, dass unter Musks Herrschaft Hassrede und Desinformation zunehmen können und wollen in einem solchen Umfeld keine Werbung buchen.
Enormer Schuldenberg
Für Twitter und für Musk ist das ein großes Problem. Das Unternehmen schreibt ohnehin tiefrote Zahlen und ist auf Werbeeinnahmen angewiesen. Außerdem hat Musk die Übernahme unter anderem mit Krediten in Höhe von 13 Milliarden Dollar finanziert und die auf das Unternehmen abgewälzt. Schätzungen zufolge muss Twitter jährlich mehr als eine Milliarde Dollar zahlen, um allein diese Kredite zu bedienen.
Gläubiger sind sieben Wall-Street-Banken. Die wollen die Kredite aus ihren Büchern haben und versuchen, sie an Investoren wie beispielsweise Hegdefonds weiterzureichen. Doch die lehnen dankend ab, weil auch ihnen das Risiko zu groß ist. Der Finanznachrichtenagentur Bloomberg zufolge dienen die Banken die Kredite mit einem Abschlag von 40 Prozent an. Ein so niedriger Preis werde normalerweise nur vereinbart, wenn der Schuldner in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten steckt.
Derweil hat Moodys die Kreditwürdigkeit von Twitter noch tiefer in den Ramschbereich gestuft als bisher schon. Die Ratingagentur geht davon aus, dass die Verschuldung von Twitter erheblich ansteigen wird und dass das Unternehmen noch mehr Geld verbrennt.
Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht unbedingt als gute Idee, wenn der Chef die Pleite des Unternehmens in Aussicht stellt. Aber Musk hat Bloomberg zufolge schon öfter so eine Drohkulisse aufgebaut, um Angestellte zur mehr Leistung anzuspornen. Die unmissverständliche Botschaft: Wenn ihr nicht hart genug arbeitet, ist Twitter am Ende - euretwegen.
Musk verlangt allerdings nicht nur Opferbereitschaft von den übrig gebliebenen Twitter-Mitarbeitern. Es sieht danach aus, als ob er auch seine Geldgeber zu Opfern bewegen will. Schließlich hat er dem Unternehmen einen enormen Schuldenberg aufgeladen, den es kaum stemmen kann. Es ist durchaus möglich, dass Musk hinter den Kulissen bereits versucht, bessere Bedingungen aushandeln. Die Pleite-Drohung kann dann als Warnung in Richtung Gläubiger verstanden werden. Tesla-Aktien im Wert von fast 20 Milliarden Dollar hat Musk verkauft, um den Twitter-Deal zu finanzieren. Er hat überhaupt keine Lust, noch mehr Geld zu verpulvern.
Quelle: ntv.de