Wirtschaft

Herr über das "Gold des Krieges" Reemtsma wird 100 Jahre alt

Mit der Marke "West" erzielt Reemtsma nach der Wende in der ehemaligen DDR einen vollen Erfolg.

Mit der Marke "West" erzielt Reemtsma nach der Wende in der ehemaligen DDR einen vollen Erfolg.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

100 Jahre Reemtsma, das sind auch 100 Jahre deutsche Geschichte. Besonders während des Zweiten Weltkrieges war die Expansion des Tabakkonzerns nicht zu stoppen.

Diese Unternehmensgeschichte bietet genug Stoff für einen Roman: Hundert Jahre Reemtsma erzählen nicht nur vom unaufhörlichen Aufstieg eines Tabakkonzerns, sondern auch hundert Jahre deutsche Geschichte. Am 25. März feiert das Unternehmen sein Jubiläum in Hamburg. Ein Reemtsma wird - wenn überhaupt - aber nur als Gast dabei sein. Das Unternehmen gehört bereits seit den 80er Jahren mehrheitlich Geschäftspartnern außerhalb der Familie, 2002 schluckte der britische Konzern "Imperial Tobacco" die Firma.

Alles begann in den Räumen eines kleinen Hauses in Erfurt. Hier rollten zu Anfang des 20. Jahrhunderts sieben Dreherinnen die Marke "Thüringer Gold". Bernhard Reemtsma war einer der Besitzer der Zigarettenfabrik Dixi, seit 1910 gehörte ihm das gesamte Unternehmen, das fortan seinen Namen trug. Seine Söhne Hermann und Philipp - vom Vater schlicht "Eins" und "Zwei" genannt - sollten Reemtsma zu Deutschlands größtem Tabakkonzern machen.

Vorwurf der Bestechung

"Ernte 23" ist ein Reemtsma-Produkt der 1920er Jahre.

"Ernte 23" ist ein Reemtsma-Produkt der 1920er Jahre.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Schon in den Goldenen Zwanzigern expandierte das Unternehmen. Reemtsma entwickelte die Marken "Ernte 23" und "R6", kaufte zahlreiche kleinere Zigarettenfabriken in Deutschland auf und zog schließlich nach Hamburg um, wo sich noch heute der Firmensitz befindet. Binnen weniger Jahre verdreifachte sich das Stammkapital. Kritiker warfen Reemtsma vor, bei den Firmenkäufen sei Bestechung im Spiel gewesen.

Während des Nazi-Regimes arrangierten sich die Reemtsmas mit den Nationalsozialisten. Eine Tatsache, die der Firma später zum Vorwurf gemacht wurde. Heute gibt Reemtsma selbstkritisch zu, dass Hermann Göring, der Oberbefehlshaber der deutschen Luftwaffe, rund 12,3 Millionen Reichsmark aus dem Firmenvermögen erhielt, um die NSDAP günstig zu stimmen. Ein dritter Bruder, Alwin, machte Karriere in der SS.

Erfolg in der Nazizeit

Reemtsma wuchs weiter und stellte vor Beginn des Zweiten Weltkriegs 30 Milliarden Zigaretten her, zwei Drittel der Gesamtproduktion in Deutschland. In der Nazizeit verzehnfachte Reemtsma seinen Gewinn - und dazu trug auch der Krieg bei: Als "Gold des Krieges" wurden Zigaretten im Lauf der Jahre zu einer eigenen Währung. Zudem versorgte das Hamburger Unternehmen auch die Wehrmachtssoldaten.

Nach Ende des Krieges prüften die Alliierten im Rahmen der Entnazifizierung die Verstrickung von Hermann und Philipp mit dem Regime. Die beiden Unternehmer wurden aber bald entlastet, auch das Verfahren gegen Philipp wegen Bestechung Görings wurde nach 20 Monaten Haft eingestellt. Reemtsma konnte neu beginnen und fuhr 1949 schon wieder sieben Millionen Mark Gewinn ein.

Verkauf an die Tchibo-Brüder

In den 50er und 60er Jahren ging der Aufschwung weiter. Zunächst musste Reemtsma den neuen Geschmackswünschen der Raucher folgen, die sich in der Nachkriegszeit an Virginiatabak gewöhnt hatten. Ab 1954 produzierte Reemtsma Filterzigaretten und mit dem Erwerb der Lizenzrechte für "Peter Stuyvesant" konsolidierte sich die Firma.

1980 erfolgte dann ein heftiger Schnitt in der Unternehmensgeschichte, als Jan Philipp Reemtsma, Sohn von Philipp, sein Erbe nicht antrat und seine Anteile für 370 Millionen Mark an die Tchibo-Brüder, Günter und Michael Herz, verkaufte. Der Erfolg des Unternehmens unter neuer Führung ließ Kritik an dem Geschäft verstummen. Mit der Marke "West" holte Reemtsma bedeutende Marktanteile und landete damit nach der Wende in der ehemaligen DDR einen vollen Erfolg. Dank neuer Verkaufsgebiete in ganz Osteuropa erlebte Reemtsma zwischen 1989 und 2001 eine Nettogewinnsteigerung von fast 500 Prozent.

Ende eines unabhängigen Unternehmens

Kurz nach der Jahrtausendwende endete die Geschichte der Firma als unabhängiges Unternehmen. Gewinnzahlen von 470 Millionen Euro im Jahr 2000 riefen finanzstarke Käufer auf den Plan und 2002 machte "Imperial Tobacco" mit einem Kaufpreis von sechs Milliarden Euro das Rennen und gliederte das Unternehmen in seinen Konzern ein. Reemtsma behielt jedoch seinen Namen und agiert inzwischen weltweit. Ab April wird auch die französische Traditionsmarke Gauloises von Reemtsma gemanagt.

Quelle: ntv.de, Mechthild Henneke, AFP

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