Großes Interesse an Abfindungen SAP baut Tausende Stellen in Deutschland ab
10.12.2024, 14:01 Uhr Artikel anhören
Für Unmut in der SAP-Zentrale sorgt dem "Handelsblatt" zufolge auch, dass die Geschäftsführung wieder mehr Präsenz im Büro verlangt.
(Foto: picture alliance/dpa)
SAP investiert massiv unter anderem in Künstliche Intelligenz. In anderen Bereichen werden dafür Tausende Stellen abgebaut, vor allem in Deutschland. Die Stimmung bei den Zurückbleibenden verschlechtert sich.
Anders als etwa in der hiesigen Autoindustrie läuft das Geschäft bei Deutschlands führendem Softwarekonzern blendend. An der Börse wird SAP mit mehr als 250 Milliarden Euro bewertet, so viel wie nie zuvor und weit mehr als jeder andere DAX-Konzern. Dennoch baut das Unternehmen im Rahmen seines Programms "Next Level Transformation" gerade 10.000 seiner weltweit 100.000 Stellen ab. Schwerpunktmäßig trifft das laut einem Bericht des "Handelsblatts" die Zentrale in Walldorf und andere deutsche Standorte. Demzufolge hat sich SAP mit 3500 Mitarbeitern in Deutschland auf ein freiwilliges Ausscheiden aus dem Unternehmen geeignet.
Die Frist für das Abfindungs- und Vorruhestandsprogramm läuft heute aus. SAP wollte sich gegenüber dem "Handelsblatt" und Nachrichtenagenturen bisher nicht zu den Zahlen äußern. Demnach werden etwa 2800 SAP-Mitarbeiter über 55 Jahre in den Vorruhestand gehen, 700 jüngere scheiden mit Abfindungspaketen aus. Die gebotenen Abfindungen waren so hoch, dass ein Mitarbeiter gegenüber dem "Handelsblatt" von einem "Angebot, das man nicht ablehnen kann" sprach. Bei mehr als 20 Jahren Betriebszugehörigkeit winken 33,5 Monatsgehälter sowie Sonderzahlungen, etwa für unterhaltspflichtige Kinder.
Angesichts dieser finanziell attraktiven Konditionen hatten mehr als 5000 SAPler Interesse an einem vorzeitigen Ausscheiden angemeldet. Mehr als 3500 wollte die Geschäftsleitung nicht gehen lassen, um nicht "kritisches Know-how" zu verlieren.
Während die nun freiwillig ausscheidenden Mitarbeiter mit ihren Abfindungen offenkundig zufrieden sind, hat sich die Stimmung unter den Zurückbleibenden in der Konzernzentrale laut "Handelsblatt" verschlechtert. Demzufolge wird eine Verdichtung der Arbeit und eine höhere Belastung in den Teams befürchtet. Zwar will SAP global etwa dieselbe Zahl an Stellen, die nun abgebaut wird, in anderen Bereichen neu schaffen – vor allem um in Zukunftstrends wie Künstliche Intelligenz zu investieren. Die neuen Stellen entstehen jedoch großteils außerhalb Deutschlands, vor allem in Indien.
Dass sich trotz der aktuellen wirtschaftlichen Erfolge die Stimmung in der SAP-Belegschaft verschlechtert hat, schlägt sich auch in einer aktuellen Mitarbeiterumfrage nieder. Ein "Employee Engagement Index", der Werte zur Motivation, Verbundenheit mit dem Unternehmen und Zuversicht für dessen Zukunft zusammenfasst, sank innerhalb eines Jahres dem Bericht zufolge um zehn Prozentpunkte auf 61 Punkte. Zwar sind demzufolge weiter etwa dreiviertel der SAP-Mitarbeiter in Deutschland stolz auf ihr Unternehmen, aber nur gut die Hälfte blickt mit Begeisterung in die Zukunft ihres Jobs. Weniger als 40 Prozent haben volles Vertrauen in den Vorstand.
Die umfassende Restrukturierung, die SAP derzeit durchläuft, ist demzufolge eine der Ursachen für die sinkende Zufriedenheit. Zahlreiche kleine und große organisatorische Änderungen sorgten für Unruhe. Das "Handelsblatt" zitiert aus einer internen E-Mail, in der es heißt, der Eindruck verfestige sich, dass Inhalte von "tollen Strategiefolien" noch vor ihrer Umsetzung oft durch "the Next Big Thing" ersetzt würden.
Quelle: ntv.de, mbo