Wirtschaft

VW-Spitze informiert Belegschaft "Es fehlen Verkäufe für zwei Werke - der Markt ist nicht mehr da"

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Bei der Betriebsversammlung wurde der Vorstand mit starken Protesten empfangen.

Bei der Betriebsversammlung wurde der Vorstand mit starken Protesten empfangen.

(Foto: picture alliance/dpa/dpa Pool)

Weil die Nachfrage nach neuen Autos deutlich sinkt und Geld für neue Investitionen freigemacht werden soll, kündigt die Konzern-Spitze einen heftigen Sparkurs an. Sogar die Schließung von Werken steht im Raum. Die Betriebsratschefin will Widerstand leisten.

Die VW-Spitze hat auf der Betriebsversammlung in Wolfsburg ihren verschärften Sparkurs verteidigt. "Wir haben noch ein Jahr, vielleicht zwei Jahre Zeit, das Ruder herumzureißen. Aber diese Zeit müssen wir nutzen", sagte Konzern-Finanzchef Arno Antlitz vor mehr als 10.000 Beschäftigten im VW-Werk. "Wir geben in der Marke seit geraumer Zeit schon mehr Geld aus, als wir einnehmen. Das geht nicht gut auf die Dauer!"

Mit den Einsparungen wolle VW die Mittel freisetzen, die man für neue Produkte brauche. "Dafür brauchen wir jetzt Geld, um kräftig zu investieren", sagte Markenchef Thomas Schäfer. "Wenn wir es jetzt schaffen, unsere Kosten nachhaltig zu reduzieren und in ein Modellfeuerwerk zu investieren, wie es der Wettbewerb und die Kunden bisher nicht gesehen haben, dann werden wir es sein, die die Voraussetzungen geschaffen haben, damit auch die nächsten Generationen hier in Deutschland für Volkswagen arbeiten können."

Mit Blick auf die Standorte verwies Antlitz auf Überkapazitäten. In Europa würden derzeit zwei Millionen Autos weniger pro Jahr verkauft als vor der Corona-Pandemie. Und das werde sich auch kaum ändern. Für VW mit einem Marktanteil von rund einem Viertel in Europa bedeute das: "Es fehlen uns die Verkäufe von rund 500.000 Autos, die Verkäufe für rund zwei Werken. Und das hat nichts mit unseren Produkten zu tun oder schlechter Leistung des Vertriebs. Der Markt ist schlicht nicht mehr da."

Angaben zu möglichen Standorten, die schließen könnten, machte VW weiter nicht. Der Konzern hatte zuvor erklärt, Werkschließungen wären nur die letzte Maßnahme, wenn es nicht gelinge, mit schnellen Maßnahmen gegenzusteuern. VW betreibt Autowerke in Wolfsburg, Emden, Osnabrück, Hannover, Zwickau und Dresden, hinzu kommen Komponentenfabriken in Kassel, Salzgitter, Braunschweig und Chemnitz.

Von den Mitarbeitern war der Vorstand mit scharfem Protest empfangen worden. Neue Details zu den am Montag verschärften Sparplänen nannte VW bei dem Auftritt auf Einladung des Betriebsrats nicht. Europas größter Autobauer hatte angekündigt, angesichts der sich zuspitzenden Lage den eingeschlagenen Sparkurs noch einmal zu verschärfen. Dabei wird auch die Schließung einzelner Werke sowie betriebsbedingter Kündigungen nicht mehr ausgeschlossen.

Betriebsrat und IG Metall hatten bereits erheblichen Widerstand angekündigt. "Kosten schrubben, Werke schließen, betriebsbedingt kündigen. Das ist (...) nicht die Volkswagen-Kultur", erklärte die Gesamt- und Konzernbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo und forderte einen Masterplan bis zum Jahr 2035. In der VW-Familie seien die Dinge bisher immer anders gelöst worden. "Partnerschaftlich, trotz Konflikt! Davon wollen Sie sich verabschieden", sagte Cavallo in Richtung des Managements. "Wer mit unserer DNA brechen will, bekommt es mit dem erbitterten Widerstand der Belegschaft zu tun."

Cavallo verwies auf die Bedeutung der VW-Werke für die Städte, in denen sie liegen. "Es geht um alles." VW kranke nicht an den deutschen Standorten und den Personalkosten, das Unternehmen kranke daran, dass der Vorstand seine Arbeit nicht mache. "Wer die ganze Zeit mit dem Hintern an der Wand steht, bekommt kein Team hinter sich versammelt. Und eins ist mal klar: Ohne diese Belegschaft werden wir aus dieser Krise nicht herauskommen."

Es werde mit dem Betriebsrat keine Werksschließungen und vorzeitigen Kündigungen in Deutschland geben. Vielmehr müsse an grundlegenden Themen, wie der Produkt- und Technologieausrichtung, der nachhaltigen Auslastung der Werke oder der Technologieführerschaft gearbeitet werden. "Die Technische Entwicklung muss hierfür gestärkt werden und eine Führungsrolle übernehmen", so Cavallo. Zudem müssten das Batteriesystem weiterentwickelt und vor allem auch die Führung verbessert werden. "Die Abstimmungs- und Entscheidungswege im Zusammenspiel zwischen Konzern, Marke und Volkswagen AG sind ein einziges Chaos", so Cavallo.

Quelle: ntv.de, gri/dpa/DJ/rts

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