Wirtschaft

Noch Geld bis Mitte November Venizelos lässt Dampf aus Kessel

Schwergewicht unter Vollstress: Evangelos Venizelos.

Schwergewicht unter Vollstress: Evangelos Venizelos.

(Foto: REUTERS)

Überraschende Mitteilung aus Athen: Laut Finanzminister Venizelos hat Griechenland noch Geld bis zum kommenden Monat zur Verfügung. Zugleich dementiert er neue Sparpläne. Die Eurogruppe sagt ein für den 13. Oktober geplantes Treffen, bei dem es um die Bewilligung einer weiteren Tranche gehen sollte, ab. Gleichzeitig streiken die Griechen weiter.

Eine Pleite Griechenlands ist nach Worten von Finanzminister Evangelos Venizelos kein Thema. "Es gibt keine Diskussion über eine Zahlungsunfähigkeit", sagte Venizelos auf einer Pressekonferenz in Athen. Zugleich betonte er, könne bis Mitte November auf die Auszahlung der nächsten Hilfstranche aus dem Rettungspaket warten. Venizelos begründete das Verfehlen des Schuldenziels mit der überraschend starken Rezession. Zugleich forderte er Unterstützung von der griechischen Bevölkerung für den Sparkurs der Regierung. Dies sei nötig, um die neuen Ziele zu erreichen.

Venizelos reagierte auch auf Medienberichte zu angeblichen neuen Sparplänen. Diese schafften Verwirrung, sagte er. "Ich lese furchterregende Berichte, wonach es noch mehr Maßnahmen geben wird. Das stimmt nicht", so der Minister. Griechenland müsse lediglich das bis jetzt Versprochene einhalten. Venizelos versicherte erneut, Griechenland werde in der Eurozone bleiben.

An dem neuen Rettungspaket für Griechenland ist auch die Finanzwirtschaft beteiligt. Laut Venizelos ist das Mittelmeerland derzeit dabei, deren Reaktionen auf den Anleihetausch-Plan auszuwerten.

Entscheidung über Tranche verschoben

Die Finanzminister der 27 EU-Staaten berieten in Luxemburg über die Lage in Griechenland. Neue schlechte Nachrichten, dass Athen seine Sparziele nicht erreicht, überschatteten das Treffen. Die Kassenhüter der 17 Euro-Länder hatten am Vortag bereits die Entscheidung über die Auszahlung der nächsten acht Milliarden Euro schweren Kredittranche an Athen verschoben. Der Vorsitzende der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, hatte deshalb das für 13. Oktober geplante Treffen abgesagt. Auf diesem sollte darüber entschieden werden sollte, ob die griechischen Haushaltpläne ausreichen, um die Auszahlung zu genehmigen.

Jean-Claude Juncker (rechts) im Gespräch mit Italiens Finanzminister Giulio Tremonti.

Jean-Claude Juncker (rechts) im Gespräch mit Italiens Finanzminister Giulio Tremonti.

(Foto: dpa)

Die griechische Regierung hatte zuvor erklärt, dass sie die angepeilten Defizitziele für 2011 und 2012 nach derzeitigem Stand nicht erreiche werde und daher neue Maßnahmen zur Erhöhung von Einnahmen und Senkung von Ausgaben beschlossen habe. Diese Zusagen muss die zunächst prüfen, was nach Junckers Worten nicht bis zum 13. Oktober zu schaffen ist. "Griechenland wird in der Lage sein, seine finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen", sagte Juncker. Belgiens Finanzminister Didier Reynders sagte, Griechenland brauche bis Mitte November kein Geld.

Einig wurden sich die Finanzminister des Euroraums über den Umgang mit der Forderung Finnlands nach der Stellung eines Pfands für die Beteiligung an der Griechenland-Hilfe. Länder, die derartige Sicherheiten fordern, sollen ihren Kapitalanteil am nicht über fünf Jahre, sondern binnen eines Jahres einzahlen müssen. Zudem soll die Beteiligung an möglichen Gewinnen des EFSF niedriger ausfallen. Juncker zufolge ist Finnland trotz der genannten Auflagen weiterhin an der Stellung einer Sicherheit durch Griechenland interessiert. Zudem steht noch die Abstimmung in den Parlamenten der Niederlande und der Slowakei zur EFSF-Erweiterung noch aus. Vor allem in der Slowakei gibt es dagegen massiven Widerstand.

Juncker zufolge wird auch die Beteiligung privater Gläubiger am nächsten Hilfspaket für Griechenland erneut diskutiert. Die seit Juli eingetretenen Änderungen erforderten "technische Revisionen", sagte der Vorsitzende der Eurogruppe. Beraten wurde am Montag zudem über Möglichkeiten über eine Erhöhung der Schlagkraft des EFSF. Juncker sagte aber, eine Erhöhung des Volumens stehe nicht zur Diskussion.

Streik der Fluglotsen

Die griechische Finanzmisere zieht immer größere Kreise. Der Luftverkehr des südeuropäischen Landes steht vor einem eintägigen Stillstand. Wegen eines Fluglotsenstreiks werde es an diesem Mittwoch keine kommerziellen Flüge von und nach Griechenland geben, teilten die wichtigsten Fluggesellschaften mit. Der Streik solle am Dienstagabend um 23.00 Uhr beginnen und am Mittwoch 23.00 Uhr enden. Hunderte Flüge müssen demnach ausfallen.

Kein Ende der Streiks in Griechenland in Sicht.

Kein Ende der Streiks in Griechenland in Sicht.

(Foto: AP)

Die Fluglinien erklärten, sie wollten möglichst viele Passagiere auf Flüge nach dem Streik umbuchen. Flüge über Griechenland ohne Zwischenlandung sollten normal stattfinden, erklärte die Gewerkschaft der Fluglotsen. Am Dienstag blockierten Beamte und andere Staatsbedienstete die Eingänge von sieben Ministerien in Athen. Die Proteste sind Teil einer massiven Streikwelle, mit der sich vor allem Staatsbedienstete gegen geplante Entlassungen im Staatssektor wenden. Am Mittwoch sollen auch alle Behörden, Ministerien, Schulen und Kommunalverwaltungen geschlossen bleiben.

Empört sind auch die Angestellten des privaten Bereichs: Die Experten der sogenannten Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) sollen nach Informationen aus dem Athener Arbeitsministerium jetzt fordern, dass der griechische Mindestlohn von netto 548 Euro abgeschafft wird. Einzelne Betriebsräte sollen nach diesen Vorstellungen mit dem jeweiligen Arbeitsgeber neue Tarifverträge unterhalb des geltenden Mindestlohns aushandeln können.

Papandreou zermürbt

hat laut einem Pressebericht in den vergangenen Wochen mehrmals an Rücktritt gedacht. Wie die "Financial Times Deutschland" unter Berufung auf Athener Regierungskreise berichtete, sprach der Sozialist in den vergangenen drei Wochen zweimal mit Vertrauten über seinen Rücktritt. Er habe beide Male "seinen Rücktritt angeboten" und dann doch weitergemacht, hieß es demnach im Umfeld Papandreous.

Giorgos Papandreou fühlt sich machtlos.

Giorgos Papandreou fühlt sich machtlos.

(Foto: dpa)

Der Regierungschef halte der Zerreißprobe zwischen den Protesten der eigenen Bevölkerung gegen den verschärften Sparkurs auf der einen Seite und den Auflagen von EU und IWF auf der anderen nicht mehr lange stand. Papandreou fühle sich machtlos, zitierte die Zeitung einen Insider. "Griechenland entscheidet über gar nichts mehr", sagte dieser dem Blatt.

Quelle: ntv.de, wne/dpa/rts/AFP/DJ

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