Wirtschaft

"Sozial schädliches Verhalten" Versicherer R+V erwägt Tarife für Ungeimpfte

Wer raucht, zahlt bei bestimmten Versicherungsformen mehr. Nach den Worten des Chefs der R+V-Versicherung könnte es ein solches Modell auch künftig für Menschen geben, die sich nicht gegen Corona impfen lassen wollen. Der Sozialverband VdK und Verbraucherschützer halten nichts von der Idee.

Der Vorstandvorsitzende der R+V-Versicherung, Norbert Rollinger, hat unterschiedliche Tarife für Geimpfte und Ungeimpfte vorgeschlagen. Er argumentierte dabei, schon jetzt dürften Krankenkassen beim Tarif zwischen Rauchern und Nichtrauchern unterscheiden. "Das sind schließlich Kosten der Gemeinschaft", sagte er t-online. "Wenn jemand wegen Corona auf der Intensivstation landet, ist das deutlich teurer als eine Impfung."

Rollinger sagte: "Impfverweigerer zeigen ein sozial schädliches Verhalten - wenn es nicht gute medizinische Gründe gibt, die im Einzelfall gegen eine Impfung sprechen." Die Versicherungsbranche werde "früher oder später" über Unterscheidungen nach Impfstatus nachdenken müssen. "Wann das der Fall sein wird, hängt von der Frage ab, wie lange sich die schweigende Mehrheit der Geimpften von den hartnäckigen Impfverweigerern noch auf der Nase herumtanzen lässt."

Ablehnung für die Idee kommt vom Sozialverband VdK und von der Verbraucherzentrale Bundesverband - VZBV. Sich mit den Menschen ohne Corona-Schutzimpfung einen Einzelfall herauszugreifen, "ist nicht zielführend", sagte vzbv-Versicherungsexperte Lars Gatschke dem "Handelsblatt". "Dann müsste man auch in anderen Fällen, zum Beispiel bei Masern, spezielle Tarife vorsehen." Gatschke betonte: "Es gibt keine Pflicht, gesund zu leben. Das wäre auch nicht mit der Risikoeinteilung der privaten Krankenversicherung in Einklang zu bringen." Die Kunden würden bei Vertragsbeginn eingestuft. Verschlechtere sich danach der Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers, trage der Versicherer das Kostenrisiko.

Ähnlich argumentierte der Sozialverband VdK: "Wir machen im Krankenversicherungssystem auch keinen Unterschied zwischen Menschen, die zum Beispiel Autofahren oder nicht Autofahren, zwischen Menschen, die sich gesund und ungesund ernähren", sagte Verbandspräsidentin Verena Bentele im SWR-Radio. "Und das hat seinen guten Grund. Denn dann hätten wir ein extrem krasses Kontrollsystem in der Krankenversicherung, das wir als Gesellschaft nicht wollen können."

Rechtliche Hürden

Bentele forderte, bei Ungeimpften genauer zu differenzieren: "Gerade Menschen, die Unsicherheiten haben, weil sie zum Beispiel eine Vorerkrankung haben und sich deswegen nicht impfen lassen, haben natürlich eine andere Motivation als Menschen, die einfach sagen: Sie wollen halt nicht geimpft sein. Da wird man nie ein zu 100 Prozent faires System finden."

Zudem sieht Bentele rechtliche Hürden darin, dass Krankenkassen für unterschiedliche Tarife den Impfstatus ihrer Versicherten abfragen müssten: "Bei Impfungen, die nicht verpflichtend sind, fragt natürlich eine Krankenkasse den Impfstatus nicht ab. Und wir haben halt keine Corona-Impfpflicht. Deswegen halte ich das für eine schwierige Sache (...) Das müsste dann erst vom Gesetzgeber geändert werden - bisher geht das tatsächlich nicht."

Quelle: ntv.de, jog/AFP

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