Milliarden-Deal abgeschlossen Viessmann verkauft Wärmepumpen-Geschäft in die USA
25.04.2023, 23:18 Uhr Artikel anhörenNach der von der Bundesregierung beschlossenen beschleunigten Umstellung auf Wärmepumpen sortiert sich der Markt. Der deutsche Konzern Viessmann verkauft seine Heiztechnik-Sparte an einen US-Konkurrenten. Die Gründerfamilie erhält dafür knapp zehn Milliarden Euro - und ein Aktienpaket.
Das hessische Familienunternehmen Viessmann wird größtenteils für zwölf Milliarden Euro in die USA verkauft. Der Klimaanlagen-Hersteller Carrier Global aus dem US-Bundesstaat Florida übernimmt die dominierende Heiz- und Klimatechnik-Sparte von Viessmann, wie die Unternehmen mitteilten. Die Gründerfamilie erhält 80 Prozent des Kaufpreises in bar und 20 Prozent in Form von Carrier-Aktien und wird so einer der größten Anteilseigner des US-Konzerns. Viessmann-Chef Max Viessmann zieht in den Verwaltungsrat von Carrier ein. Carrier-Chef David Gitlin sprach von einer "spielverändernden Gelegenheit".
In der Viessmann-Sparte Climate Solutions arbeiten 11.000 der 14.500 Mitarbeiter des Traditionskonzerns aus Allendorf an der Eder. Sie erwartet für 2023 einen Umsatz von vier Milliarden Euro und ein operatives Ergebnis (Ebitda) von rund 700 Millionen Euro. Beide Seiten hätten sich auf langfristige Garantien geeinigt, teilte Viessmann mit. So seien betriebsbedingte Kündigungen für drei Jahre ausgeschlossen, wichtige Standorte für fünf Jahre gesichert und Allendorf an der Eder für zehn Jahre als Hauptsitz gesetzt. An die Mitarbeiter der Sparte sollen 106 Millionen Euro als Sonderprämie "für 106 Erfolgsjahre" ausgeschüttet werden - rechnerisch also knapp 10.000 Euro pro Mitarbeiter.
Im Wettbewerb geht es um Größe und Stückzahl
Das Unternehmen ist neben Bosch (Buderus) und Vaillant einer der größten Heiztechnik-Hersteller in Deutschland und hofft auf eine große Rolle bei der von der Bundesregierung forcierten Umstellung auf Wärmepumpen. Der Wärmepumpen-Markt in Europa werde sich bis 2027 auf 15 Milliarden Euro verdreifachen, erklärte Carrier. Die Pläne der Bundesregierung sehen vor, dass ab 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Dies bedeutet in der Praxis weithin das Verbot von reinen Gas- und Ölheizungen. Funktionierende Heizungen müssen allerdings nicht ausgebaut werden, und Immobilienbesitzer über 80 Jahre dürfen auch künftig Gas- und Ölheizungen einbauen.
Das Unternehmen Carrier aus dem US-Staat Florida gilt als Erfinder der modernen Klimaanlage und wurde 1902 gegründet. Der Konzern beschäftigt 52.000 Menschen und erlöste im vergangenen Jahr 20,4 Milliarden Dollar. 60 Prozent des Umsatzes entfielen auf Nord- und Südamerika. Das Unternehmen verfügt in Europa über drei Produktionsstätten in Frankreich und Spanien. 2004 hatten die Amerikaner die Kältetechnik der damaligen Linde AG übernommen, später aber die Fertigung in Deutschland eingestellt.
Mit dem nun beschlossenen Teilverkauf gegen Aktien und Barmittel würde das Kerngeschäft des regional aufgestellten Unternehmens Viessmann im Carrier-Konzern aufgehen und eine deutlich höhere Kapitalkraft erlangen. Schnelleres Wachstum würde möglich, hieß es in Unternehmenskreisen. Letztlich zähle im globalen Wettbewerb irgendwann nur noch Größe und Stückzahl. In der Massenproduktion sehen Experten allerdings die asiatischen Anbieter von Klimaanlagen im Vorteil, die mit Wärmepumpen in weiten Teilen bauähnlich sind und seit Jahrzehnten in extrem hohen Stückzahlen gebaut werden. Bekannte Anbieter sind Daikin, Mitsubishi (beide Japan), Midea (China) oder Samsung (Korea). In Deutschland fehlt ihnen bislang noch der Marktzugang über die Installateure.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/dpa/DJ