Kreml kontert Sanktionen Warum der Rubel nicht kollabiert
02.03.2022, 17:36 Uhr
Der Rubel ist angezählt - kann sich aber vergleichsweise stabil halten.
(Foto: imago images/ITAR-TASS)
Das hat kaum jemand erwartet: Obwohl die russische Zentralbank nicht auf ihren Devisenschatz zugreifen kann, stürzt der Rubel nicht ins Bodenlose. Der Kreml hat einen Weg gefunden, die Währung zu stabilisieren.
Der Rubel hält sich trotz der heftigen gegen Russland verhängten Wirtschafts- und Finanzsanktionen recht wacker. Seit dem Angriff auf die Ukraine hat er zum Dollar lediglich rund 22 Prozent an Wert verloren. Das ist alleine schon deshalb bemerkenswert, weil die russische Zentralbank auf einen Großteil ihrer angehäuften Devisenreserven nicht zurückgreifen kann. Damit ist ihr ein wichtiges Mittel genommen, um den Rubel zu stützen. Wieso stürzt der Rubel dann nicht ab?
Wichtig zu wissen ist, dass es angesichts der Sanktions-Salven zwei Rubelkurse gibt. Da ist zum einen der offizielle, der an den Devisenmärkten ermittelt wird. Zum anderen gibt es im Land mittlerweile aber einen zweiten, der den Preis des Rubels beim privaten Tausch angibt. Und dieser Schwarzmarktkurs wird sich in den nächsten Wochen sehr wahrscheinlich viel schlechter entwickeln als er offizielle. Mit anderen Worten: Es ist momentan unmöglich, den wirklichen Wert der russischen Währung zu ermitteln. Das ändert allerdings nichts daran, dass der Rubel an den Devisenmärkten entgegen anderslautender Prognosen nicht zusammenbricht.
Das liegt vor allem daran, dass der Kreml die Unternehmen des Landes zwingt, die Rolle der Notenbank bei der Stabilisierung der Währung zu übernehmen. Zudem wurden Beschränkungen für Devisenausfuhren von Unternehmen und Privatleuten verhängt, um eine Kapitalflucht zu verhindern. Auch eine Leitzinserhöhung auf 20 Prozent soll den Rubel stützen.
Gazprom und Rosneft springen ein
Eigentlich läuft ein Mechanismus zur Stabilisierung so: Wenn eine Zentralbank die eigene Währung aufwerten lassen will, verkauft sie Fremdwährungen. Das hat die russische Notenbank am vergangenen Donnerstag, am Tag des Angriffs auf die Ukraine, gemacht und eine Milliarde Dollar auf den Markt geworfen. Doch wegen der Sanktionen kann die Zentralbank auf ihren Devisenschatz von umgerechnet rund 630 Milliarden Dollar nicht zugreifen, weil er zum Großteil bei westlichen Zentral- und Geschäftsbanken liegt.
Deshalb hat die russische Regierung die heimischen Unternehmen verpflichtet, 80 Prozent ihrer Deviseneinnahmen in Rubel zu tauschen. Darunter sind die Energie-Giganten Rosneft und Gazprom, die den Löwenanteil ihrer Einnahmen in Dollar und Euro erzielen. Schätzungen zufolge können alle russischen Exporteure zusammengenommen jeden Monat dafür rund 46 Milliarden Dollar zur Verfügung stellen - vorausgesetzt, dass keine Sanktionen auf Energieausfuhren verhängt werden und Öl- und Gaspreis auf dem derzeitigen Niveau bleiben.
Derzeit kaufen europäische Länder weiter Energie aus Russland und bezahlen in Euro oder Dollar. Die Geschäfte laufen über russische Banken, über die der Swift-Bann nicht verhängt wurde. Sie tauschen die Devisen dann in Rubel. Das heißt: Solange russisches Gas und Öl weiter in großem Umfang exportiert werden, scheint ein Rubel-Crash unwahrscheinlich.
Quelle: ntv.de