Wirtschaft

Trotz EU-Sanktionen Wieso behielt ein russischer Oligarch ein Luxushotel auf Sardinien?

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Der in Tschetschenien geborene Bazhaev steht weiterhin auf den Sanktionslisten von EU und Großbritannien. Er ist in den Bereichen Öl, Metall und Rohstoffe tätig, die wichtige Einnahmequellen für den Kreml sind.

Der in Tschetschenien geborene Bazhaev steht weiterhin auf den Sanktionslisten von EU und Großbritannien. Er ist in den Bereichen Öl, Metall und Rohstoffe tätig, die wichtige Einnahmequellen für den Kreml sind.

(Foto: picture alliance / Russian Look)

Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine haben die Europäer Milliardenvermögen von Oligarchen eingefroren. Doch das System hat Lücken. Öl-Tycoon Musa Bazhaev soll noch Monate nach Verhängung von EU-Sanktionen gegen ihn ein Luxusferienanlage im Mittelmeer besessen haben.

Die Suche nach versteckten Vermögenswerten sanktionierter russischer Oligarchen gestaltet sich weiterhin schwierig. Kreml-Vertraute sollen in den vergangenen zwei Jahren immer wieder Schlupflöcher im System genutzt haben, um ihr Vermögen vor dem Zugriff der EU in Sicherheit zu bringen. Wie die "Financial Times" berichtet, könnte auch der russische Oligarch Musa Bazhaev dazu gehören.

Konkret geht es um eine Luxusferienanlage im Süden Sardiniens. Unter Berufung auf offizielle Dokumente heißt es, Bazhaev habe das berühmte Hotel Forte Village noch mehr als zwei Monate nach der Verhängung der EU-Sanktionen im Zuge der russischen Invasion in der Ukraine besessen. Dies gehe aus den Jahresabschlüssen des Hotelbesitzers Retivia Investments hervor, einer in Zypern ansässigen Firma, die Bazhaev gehört. Der Bericht sei im Juni 2022 beim zypriotischen Handelsregister eingereicht worden. Als Miteigentümer werden Musa Bazhaev und sein Neffe Deni genannt.

Bazhaev, einer der reichsten Oligarchen Russlands, wurde bereits am 8. April 2022 auf die EU-Sanktionsliste gesetzt. Die italienischen Behörden haben daher in den folgenden Wochen offenbar nicht versucht, seine Vermögenswerte einzufrieren. Die französischen Behörden hingegen beschlagnahmten bereits Ende April die Villa des Oligarchen in Saint-Jean-Cap-Ferrat. Die Frage ist, warum? Dass Bazhaev Eigentümer von Forte Village ist, war laut FT mindestens seit 2014 öffentlich bekannt.

Retivia Investments besitzt nicht nur das Hotel Forte Village auf Sardinien, sondern auch andere Vermögenswerte auf der Mittelmeerinsel im Gesamtwert von über 700 Millionen Euro. Das in den 1970er Jahren erbaute Resort zählt zu den exklusivsten Urlaubszielen im Mittelmeerraum. In der Hochsaison werden hier mehr als 10.000 Euro pro Person und Woche verlangt. Wie die Zeitung weiter schreibt, ist Bazhaev auf der Insel auch kein Unbekannter. Während der Covid-19-Pandemie spendete er 500.000 Euro an den sardischen Zivilschutz. Die italienische Finanzpolizei Guardia di Finanza wollte zu dem Fall keine Stellung nehmen.

Widersprüchliche Angaben zu Besitzverhältnissen

Aus einem zweiten Dokument, das nur einen Monat später beim zypriotischen Unternehmensregister eingereicht wurde, geht ein überraschender rückwirkender Eigentümerwechsel hervor. Demnach soll Retivia Investments bereits am 25. Februar 2022 - also einen Tag nach der Invasion - an einen Verwandten von Bazhaev verkauft worden sein. Die widersprüchlichen Angaben zu den damaligen Besitzverhältnissen werfen die Frage auf, ob es sich hierbei um einen tatsächlichen Eigentümerwechsel handelte.

Zumal es nicht der letzte Verkauf war: Anfang 2023 ging Retivia Investments mit seinen Vermögenswerten, darunter Forte Village, laut Firmenunterlagen an den kasachischen Geschäftsmann Shukhrat Ibragimov. Ibragimov ist Vorstandsvorsitzender der in Luxemburg ansässigen Eurasian Resources Group, einem der größten Kobalt- und Kupferproduzenten der Welt. Es seien solche Transaktionen, die es sanktionierten Personen ermöglichten, die Kontrolle über große Vermögenswerte zu behalten, kommentiert die Zeitung.

Ob es sich tatsächlich um clevere Schachzüge unter russischen Geschäftsleuten handelte oder ob Sardinien beziehungsweise Italien möglicherweise kremlnahe Personen vor den Sanktionen der EU geschützt haben, kann nicht beantwortet werden. Auch das zypriotische Handelsregister und Sprecher von Bazhaev und Ibragimov wollten sich nicht zu der Angelegenheit äußern.

Bekannt ist nach "Spiegel"-Recherchen von Dezember 2023 lediglich, dass sanktionierte russische Oligarchen Zypern als eine Art Hintertür zur EU genutzt haben. FBI-Ermittler unterstützen die lokalen Behörden seitdem bei der Suche nach entsprechenden Schlupflöchern. Erst im September sind mehrere russische Oligarchen, die auf der Sanktionsliste stehen, mit ihren Klagen gegen die Meldepflicht von Vermögenswerten innerhalb der Europäischen Union gescheitert - Bazhaev gehörte nicht dazu. Der in Tschetschenien geborene Oligarch ist in den Bereichen Öl, Metall und Rohstoffe tätig, die wichtige Einnahmequellen für den Kreml sind. Deshalb steht er auch weiterhin auf den Sanktionslisten der EU und Großbritanniens.

Quelle: ntv.de, ddi

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