Vorbote von Insolvenzen Zahlungsmoral so schlecht wie seit 15 Jahren nicht mehr
04.04.2024, 17:47 Uhr Artikel anhören
Der Zeitraum zwischen Rechnungslegung und deren Bezahlung war 2023 so lang wie seit 15 Jahren nicht mehr.
(Foto: picture alliance / ZB)
Internationale Unternehmen brauchen 2023 ganze 59 Tage, um ihre Rechnungen zu begleichen. Das sind drei Tage mehr als im Vorjahr. Der Anstieg ist so hoch, wie zuletzt in der Finanzkrise 2008. Die Unternehmen einiger Länder sind dabei deutlich zuverlässiger als andere.
Die weltweite Zahlungsmoral hat sich im vergangenen Jahr einer Studie zufolge so stark verschlechtert wie seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr. Der Zeitraum zwischen Rechnungslegung und deren Bezahlung sei um drei auf nunmehr 59 Tage gestiegen, wie aus der Untersuchung des Kreditversicherers Allianz Trade hervorgeht. Der Anstieg sei damit fast doppelt so hoch ausgefallen wie 2022.
Deutsche Unternehmen bleiben demnach aber weiterhin zuverlässige "Schnellzahler": Sie begleichen Rechnungen im Schnitt nach 54 Tagen, ein Anstieg von 0,8 Tagen. Auch Firmen in den Niederlanden und Skandinavien zahlen schneller als der weltweite Schnitt. In Frankreich, Italien und Spanien sowie im asiatischen Raum werden die Rechnungen im Durchschnitt deutlich später beglichen.
"Je länger Unternehmen auf ihr Geld warten müssen, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Rechnung gar nicht bezahlt wird", sagte der Chef von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Milo Bogaerts. "Insofern ist die Zahlungsmoral ein wichtiger Indikator für potenzielle Zahlungsausfälle und damit Vorbote für Insolvenzen." Deutsche Unternehmen hätten zwar immer noch eine vergleichsweise gute Zahlungsmoral. Dennoch erwartet Bogaerts, dass die Zahl der Insolvenzen in der Bundesrepublik im laufenden Jahr um 13 Prozent steigen wird.
Rentabilität ist Zünglein an der Waage
Die Rentabilität ist ein wichtiger Einflussfaktor für das Zahlungsverhalten in Europa. Sie wirkt sich der Studie zufolge stärker aus als die Finanzierung oder der Konjunkturzyklus. In diesem Zusammenhang könne eine Verlangsamung der globalen Nachfrage im Jahr 2024 in Verbindung mit weiterhin hohen Betriebskosten die Voraussetzungen für eine weitere Verschlechterung der Zahlungsbedingungen schaffen, insbesondere in Europa.
"Ein Rückgang der Rentabilität um nur einen Prozentpunkt könnte die Zahlungsfristen um über sieben Tage verlängern", sagte Ano Kuhanathan, Head of Corporate Research bei Allianz Trade. "Angesichts der drohenden Rentabilitätseinbußen im Jahr 2024 sollten sich europäische Unternehmen auf längere Zahlungsfristen einstellen."
Quelle: ntv.de, als/rts