Drohnen statt LkwWie ein deutsches Startup die Logistik revolutionieren will
Janna Linke
Was früher nach ferner Zukunft klang, ist im sauerländischen Lüdenscheid längst Realität. Hier setzt ein Startup darauf, das urdeutsche Thema Logistik mithilfe vollautomatisierter Drohnen grundlegend zu verändern.
Stellen Sie sich vor, Medikamente und Ersatzteile schweben lautlos über unsere Köpfe hinweg, transportiert von Drohnen - und niemand bekommt es wirklich mit. Was früher nach ferner Zukunft klang, ist im sauerländischen Lüdenscheid längst Realität. Hier setzt ein Startup darauf, das urdeutsche Thema Logistik mithilfe vollautomatisierter Drohnen grundlegend zu verändern.
"Wir wollen, dass der Zugang zu Hochtechnologie genauso einfach wird wie ein Flugticket zu buchen", sagt Norman Koerschulte, Gründer von Morpheus Logistik. Das Drohnenunternehmen hat er gemeinsam mit seinem Vater aus dem Mittelstand heraus gegründet hat.
Und so funktioniert es: Der Kunde bucht sich ein und wenig später macht sich eine Drohne mit Ware oder Probe im Gepäck auf die Reise.
Die Revolution beginnt in der Provinz
Industrieunternehmen, Kliniken und selbst Zementwerke zählen längst zur Kundschaft. Der Grund: Fachkräftemangel und die Erwartung, dass allein in der Transportlogistik bis 2030 bis zu drei Millionen Arbeitskräfte fehlen werden. "Wer soll das alles fahren?", fragt der Gründer und liefert die Antwort gleich mit: vollautomatisierte Drohnen, die schon heute über Deutschland ihre Bahnen ziehen.
Noch ist der Himmel nicht schwarz vor fliegenden Lieferdrohnen. Doch in Städten wie Lüdenscheid gehört der Anblick längst zum Alltag. Die Akzeptanz wächst, die Technologie macht neugierig. "Eines der schönsten Erlebnisse war, als eine Rentnerin mit zwei großen Tafeln Schokolade vorbeikam, um einfach nur Danke zu sagen", schwärmt der Gründer.
Drohnen in der Luft - das macht aber nicht nur Fans. Die Bedenken der Bevölkerung nimmt das Team ernst: Sicherheit genießt oberste Priorität, die Systeme sind mindestens zweifach, oft dreifach redundant, alle Prozesse vom Luftfahrtbundesamt zertifiziert. "Die Drohnen fliegen vollautomatisiert, aber nicht autonom. Die letzte Entscheidung trifft immer ein Mensch", betont Norman Koerschulte und lädt regelmäßig Schulen und Kindergärten zum Tag der offenen Tür ein, um Transparenz zu schaffen und Technik erlebbar zu machen.
Deutscher Mittelstand trifft auf Startup-Spirit
Der Erfolg des Unternehmens basiert nicht zuletzt auf einer intensiven Zusammenarbeit mit Behörden und einem klugen Timing: Während andere - wie Lilium oder Volocopter - noch am regulatorischen Vakuum gescheitert sind, profitiert Morpheus heute von fortschrittlichen EU-Drohnenverordnungen. "Oft waren andere einfach zu früh dran. Jetzt ist das regulatorische Umfeld endlich da", erklärt Koerschulte.
Skalierung allerdings bleibt auch in Deutschland eine Hürde. "Wir sind in Deutschland total innovativ, aber beim Ausrollen und Skalieren tun wir uns schwer", räumt der Unternehmer ein. Dass ausgerechnet der deutsche Mittelstand, von Silicon Valley bis Tel Aviv bewundert, im Startup-Kosmos zu wenig vorkommt - ein Fehler, findet Koerschulte. "Die Verlässlichkeit und Handschlagqualität, die Netzwerke - das sind Erfolgsfaktoren, die kaum jemand außerhalb Deutschlands so lebt."
Für die Zukunft sieht der Gründer riesige Potenziale: "Wir bauen hier neben dem Automobil eine neue starke Säule für Deutschland und Europa. Wir sprechen über zigtausende Arbeitsplätze, eine riesige Industrie - und: made in Germany, made in Europe."
Der Himmel über Deutschland könnte also zeitnah deutlich belebter werden - leise, effizient und nachhaltig.
Mit Norman Koerschulte sprach Janna Linke. Das Gespräch wurde zur besseren Verständlichkeit gekürzt und geglättet. Vollständig können Sie es im ntv-Podcast "Startup - jetzt ganz ehrlich" anhören.