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Frage & Antwort, Nr. 16Haben Hunde einen siebten Sinn?

07.11.2006, 05:32 Uhr

Plötzlich springt der Vierbeiner auf und läuft schwanzwedelnd zur Tür. Wir Menschen haben indes weder etwas gesehen noch gehört. Warum und was spüren Hunde da?

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(Foto: picture alliance / dpa)

Warum spüren Katzen und besonders Hunde das baldige Kommen ihnen nahestehender Personen, bevor diese zu hören oder sehen sind? (fragt Michaela aus Bitburg)

Familien mit Hunden kennen das Phänomen. Plötzlich springt der Vierbeiner auf, läuft schwanzwackelnd zur Tür. "Ja was ist denn Benno?" Nichts ist zu sehen oder zu hören. Nur der Wind säuselt leise durch die blätterlosen Kirschbaumzweige im Vorgarten. Doch Benno harrt aus. Und dann, nach zwei, drei Minuten, kommt er um die Ecke gebogen: "Da ist Papi ja!" Während er das Auto im Carport platziert, spring Benno freudig erregt an der Tür hoch und droht, den Spuren in der Holztür neue Kratzer hinzuzufügen. Woher wusste Benno, dass sein Herrchen jetzt kommen würde?

Ist es der siebte Sinn, wie Bestesellerautor Rupert Sheldrake behauptet? Der Biologe machte nach eigenen Angaben zahlreiche Experimente mit Hunden. Unter anderem entfernten sich die Herrchen von ihren Freunden und kehrten nach willkürlich gewählten Zeitspannen zurück. Laut Sheldrake bewies die permanent auf den Lieblingsbegrüßungsfenster- oder türplatz der Hunde ausgerichtete Kamera, dass die Hunde signifikant häufiger diese Plätze aufsuchten, sobald sich die Besitzer näherten. "Telepathische Fähigkeiten" meint Sheldrake bei den Freunden des Menschen erkennen zu können. Nun ja.

Aufmerksamkeit und bessere Sinne

Ganz so weit muss man vermutlich allerdings nicht gehen. Zum einen haben Hunde und auch Katzen ein sehr viel besseres Gehör als Menschen, sie hören also tatsächlich sehr viel mehr als Menschen und damit auch viel eher als wir, wenn sich der ihnen nahe stehende Mensch nähert. Das gilt auch für Fahrzeuge, die die Person benutzt, denn die Tiere sind sehr wohl in der Lage, die Geräusche verschiedener Fahrzeuge voneinander zu unterscheiden.

"Zum anderen sind unsere Haustiere sehr genaue Beobachter", unterstreicht die Diplom-Tierpsychologin Petra Mundsahl.

Unsere gewohnten Tagesabläufe sind Hunden und Katzen oft bestens vertraut. "Wenn der Tierhalter regelmäßig zu einem bestimmten Zeitpunkt heimkehrt, so kennt der Hund bzw. die Katze diesen Zeitpunkt. Dies gilt auch für Abläufe, die sich nicht jeden Tag wiederholen, aber dennoch von speziellen Merkmalen geprägt sind, zum Beispiel ein ausgedehntes Frühstück am Wochenende oder aber die Verwendung spezieller Gegenstände oder Kleidung," erläutert Mundsahl.

"Und schließlich sind unsere Tiere auch geübt darin, das Verhalten anderer Personen im Haushalt zu interpretieren und daraus Rückschlüsse zu ziehen. Ein Beispiel: Der Mann ruft regelmäßig seine Frau an bevor er sich auf den Heimweg macht. Am Tonfall, der Mimik und auch an vereinzelten, bekannten Wörtern des Gesprächspartners kann das Tier erkennen, dass innerhalb eines bestimmten Zeitraumes die nahe stehende Person heimkommen wird."

Fazit: Hunde und Katzen, die mit uns in einem Haushalt zusammenleben, kennen uns oft sehr viel besser als wir im Allgemeinen denken. Sie nehmen selbst kleinste Stimmungsunterschiede wahr und wissen die ständigen Signale, die der Mensch an das Tier sendet, bestens zu interpretieren. Keine Telepatie also, sondern Aufmerksamkeit und Beobachtungsgabe, die sich manch Frauchen und Herrchen auch vom zweibeinigen Partner wünschen würde.