Frage & Antwort

Frage & Antwort, Nr. 194 Wie viel Zucker verträgt ein Mensch?

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Paradiesische Zustände für Süßkram-Fans. Aber wie kommt der Körper mit dem Zucker zurecht?

(Foto: picture alliance / dpa)

Wie viel Zucker verträgt eigentlich ein Körper? Kann ein gesunder Mensch einen Zuckerschock erleiden? (fragt Matthias L. aus Tübingen)

Ob unser Leser einen Freibrief dafür sucht, den kompletten Süßwaren-Vorrat aus dem Schrank in einem Heißhunger-Anfall zu essen? Denn was sich darin befindet – zum Beispiel Gummibärchen und Kekse - besteht häufig fast nur aus Zucker. Gehen wir einmal davon aus, dass der Körper völlig gesund ist und alles einwandfrei funktioniert – würde er nach der Fressorgie streiken und erst einmal im wahrsten Sinne des Wortes den Geist aufgeben?

Die Frage stellt uns bei der Beantwortung zunächst vor ein Problem, wie uns der Endokrinologe und Diabetologe Dr. Matthias Epe erklärt. Denn was sich aus Laienmund eindeutig anhört, kann man medizinisch gesehen nicht über einen Kamm scheren. "Man muss zunächst klären, was denn eigentlich ein Zuckerschock ist", sagt der Mediziner. "Zum einen gibt es da die Überzuckerung, bei der im schlimmsten Fall ein Koma eintreten kann." Hierfür sei jedoch nicht allein der Zucker verantwortlich, mehrere Faktoren spielten eine Rolle. Dann gebe es noch die Unterzuckerung, die im Volksmund auch unter den Begriff "Zuckerschock" fallen könne.

Doch eins nach dem anderen. "Die Überzuckerung ist eine zum Glück sehr seltene Erstmanifestation einer Diabeteserkrankung." Allein durch die Einnahme von sehr viel Zucker innerhalb eines kurzen Zeitraumes könne ein gesunder Mensch dieses Koma nicht provozieren – die körpereigene Insulinproduktion steuert dem erhöhten Blutzuckerspiegel entgegen. Selbst beim Trinken einer Zuckerlösung passiert in dieser Hinsicht nichts. "Und wer sich drei Tage lang nur von Gummibärchen, Schokolade und Cola ernährt, dem wird höchstens schlecht", veranschaulicht Epe.

Zu viel Zucker, zu viel Insulin

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Zuckerhaltige Getränke - und damit zum Beispiel auch Säfte - gehören ebenfalls zu den "leicht verfügbaren Kohlenhydraten".

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Viel häufiger verstehe man unter einem umgangssprachlichen Zuckerschock jedoch keine Über-, sondern eine Unterzuckerung, erklärt der Mediziner. Diese tritt etwa auf, wenn Diabetiker sich zu viel Insulin spritzen, um den Blutzuckerspiegel auszugleichen. "Man kann nicht immer alle Kriterien, die Einfluss darauf haben, richtig bedenken." Da könne es durchaus passieren, dass man im Bemühen um gute Blutzuckerwerte falsch dosiert. Die Folge eines zu niedrigen Blutzuckerspiegels: "Eine Unterversorgung des Gehirns mit Energie." Auch hier kann man nach entsprechenden Warnzeichen in ein Koma fallen, sollte man nicht rechtzeitig Traubenzucker, sprich Glucose, zu sich nehmen. Verschätzt man sich jedoch regelmäßig und lebt dauerhaft mit erniedrigten Werten, könne sich der Körper daran "gewöhnen". "Die Warnsymptome spürt man dann gar nicht mehr - erst, wenn es eigentlich schon zu spät ist", so Epe.

Und das ist es im Prinzip, was tatsächlich in sehr seltenen Fällen auch bei einem Nicht-Diabetiker passieren kann. Der Diabetes-Experte erklärt: "Wenn man sehr viel Zucker gegessen hat oder leicht verfügbare Kohlenhydrate zuführt, kann der Körper mit einer überschießenden Produktion von Insulin reagieren. Sollte dann noch die Insulinwirkung etwa durch Übergewicht oder mangelnde körperliche Bewegung gestört sein, kann es passieren, dass die körpereigene Insulinproduktion über das Ziel hinausschießt." Dies könne unter Umständen tatsächlich dazu führen, dass die betroffene Person typische Zeichen einer Unterzuckerung wie Heißhunger, Schwitzen, Zittern oder Unwohlsein verspürt und im Extremfall sogar in einen bewusstseinsgetrübten Zustand geraten kann. "Das wäre dann aber kein diabetisches Koma, sondern eine sogenannte 'reaktive Unterzuckerung' – reaktiv deswegen, weil sie einen Auslöser hat: die falsche vorangegangene Mahlzeit mit schnell verfügbaren Kohlenhydraten."

Übrigens: Wenn der Körper zu viel Insulin produziert, etwa nachdem man sich den Bauch mit Süßigkeiten vollgeschlagen hat, folgen entsprechende Symptome auf den Fuß – wie etwa der uns allen bekannte "Nachhunger". "Dann braucht man etwas Deftiges. Man bekommt, obwohl man eigentlich gegessen hat, einen ordentlichen Appetit und fühlt sich unwohl", erklärt Epe. Um dieses Unwohlsein zu bekämpfen, wolle man den "Hunger" stillen. Leider gebe es in unserer heutigen Kost jede Menge dieser schnell verfügbaren Kohlenhydrate, die unseren Körper dazu bringen, überschüssiges Insulin zu produzieren. "Deshalb werden viele Leute auch immer dicker, weil sie immer wieder etwas essen müssen, um dieses Unwohlsein zu behandeln", klärt der Arzt auf.

Quelle: ntv.de

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