Filesharing im Familien-WLANBGH soll Haftungsfrage klären
WLAN-Anschlüsse muss man gegen Fremdzugriffe sichern - Abmahnungen erreichen immer den Inhaber des Anschlusses. Doch haftet der auch, wenn ein Familienmitglied oder Mitbewohner den Internetzugang für illegale Aktivitäten nutzt? In dieser Frage entscheiden die Gerichte unterschiedlich. Jetzt fordert das Bundesverfassungsgericht eine endgültige Klärung durch den Bundesgerichtshof.
Das Bundesverfassungsgericht verlangt mehr Rechtssicherheit für die Inhaber von Internetanschlüssen in Fällen von illegalem Filesharing. Die Frage, wann der Anschlussinhaber für andere Nutzer hafte, sei nicht abschließend geklärt, so das Gericht. Deshalb könne es willkürlich sein, wenn ein Gericht in dieser Frage die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) verweigere (1 BvR 2365/11).
Damit hatte die Beschwerde eines Polizeibeamten Erfolg. Als Mitglied der "polizeilichen Informations- und Kommunikationsgruppe für Onlinerecherche und Internetpiraterie" ist der Mann vom Fach, doch auch nicht gegen die Tücken der sogenannten "Störerhaftung" gefeit: Weil der 20-jährige Sohn seiner Lebensgefährtin über den gemeinsam genutzten Anschluss Musikdateien in Tauschbörsen angeboten hatte, flatterte eine Abmahnung mit Schadenersatzforderung ins Haus.
Letztere wurde zurückgenommen, als klar war, dass der Anschlussinhaber die Dateien nicht selbst hochgeladen hatte. Auf den Rechtsanwaltskosten von rund 3500 Euro blieb der Beamte aber sitzen. Schließlich sei er mitverantwortlich für die Rechtsverletzung urteilte das zuständige Landgericht. Im Berufungsverfahren bestätigte das Oberlandesgericht (OLG) die Entscheidung und schloss gleichzeitig eine Revision beim BGH aus.
Zu Unrecht, befanden jetzt die Verfassungsrichter. Sie hoben die OLG-Entscheidung auf und verwiesen die Sache zurück. Die Haftungsfrage in solchen Fällen sei noch nicht höchstrichterlich geklärt, deshalb verstoße die Nichtzulassung der Revision gegen das im Grundgesetz garantierte Recht auf den gesetzlichen Richter.
Kein Einzelfall
Der BGH hatte 2010 entschieden, dass der Inhaber eines WLAN-Anschlusses als Störer für Rechtsverletzungen Dritter haftet, wenn er seinen Router nicht mit einer marktüblichen Verschlüsselung gesichert hat. Ob der Anschlussinhaber auch Familienmitglieder oder Mitbewohner auf das Verbot von Rechtsverletzungen hinweisen und sie möglicherweise überprüfen muss, sei von vom Bundesgerichtshof hingegen noch nicht geklärt, so die Verfassungsrichter. Deshalb hätte eine Zulassung der Revision nahe gelegen, um Interesse der Allgemeinheit eine einheitliche Klärung herbeizuführen.
"Die Frage ist, ob ich ohne jeden Anlass verpflichtet bin, Familienmitglieder darauf hinzuweisen, dass sich keine Rechte verletzten dürfen", sagt der Anwalt des Beschwerdeführers, Mathias Straub. "Ich halte das für übertrieben." Auch das Verfassungsgericht hat Zweifel am OLG-Urteil durchblicken lassen. Der Richterspruch, gegen den der Polizist klagen wollte, weiche "entscheidungserheblich von der Auffassung anderer Oberlandesgerichte ab", heißt es in der Mitteilung des Verfassungsgerichts.