Besuch beim ZahnarztWenn nach der Behandlung Zähne fehlen
Es gibt Schöneres als einen Besuch beim Zahnarzt. Erst recht, wenn man nachher zwei Zähne weniger hat. Und besonders dann, wenn der Eingriff ohne die Einwilligung des Patienten geschieht. Ob der Dentist für so viel Eigensinn haften muss, entscheidet das Oberlandesgericht Oldenburg.
Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat einer Patientin den geltend gemachten Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch wegen einer angeblich fehlerhaften ärztlichen Behandlung verwehrt (Az.: 5 U 101/13).
In dem verhandelten Fall verlangte eine Frau von ihrem Kieferchirurgen Schmerzensgeld in Höhe von 6000 Euro, weil er ihr ohne ihre Einwilligung zwei Backenzähne gezogen hatte, obwohl er eine Wurzelspitzenresektion hätte durchführen sollen. Der Patientin war von ihrer Zahnärztin die Extraktion der beiden Zähne empfohlen worden. Sie wurde deshalb zu dem Kieferchirurgen überwiesen. Da die Frau wegen des unerwünschten Zahnverlustes und weil sie keine Schmerzen an den Zähnen hatte, der Extraktion kritisch gegenüberstand, erläuterte der Arzt auch die Möglichkeit einer Wurzelspitzenresektion. Er empfahl aber als sinnvoll - entsprechend der Empfehlung der behandelnden Zahnärztin - die Durchführung der Ziehung der beiden Zähne. Die Patientin erteilte daraufhin ihre Einwilligung für die Extraktion und vereinbarte direkt im Anschluss einen OP-Termin.
Als sie drei Monate später zum OP-Termin erschien, hatte sie es sich anders überlegt. Sie wünschte lediglich eine Wurzelspitzenresektion, hatte dies aber weder dem Kieferchirurgen noch dem Praxispersonal gesagt, sondern nur wortlos einen entsprechend geänderten Überweisungsschein bei Betreten der Praxis abgegeben. Den Arzt selbst konnte die Klägerin vor der Operation nicht mehr sprechen. Tatsächlich zog dieser der Frau - wie zuvor besprochen - zwei Backenzähne, weil vom geänderten Überweisungsschein niemand mehr Kenntnis genommen hatte.
Das OLG teilte die Auffassung der Frau nicht, dass die ursprünglich erteilte Einwilligung in die durchgeführte Operation am Tag der Operation keinen Bestand mehr hatte. Diese habe nicht ihre Wirksamkeit verloren. Auch sei es nicht generell Aufgabe des Operateurs, den Fortbestand der Einwilligung zu prüfen. In Konstellationen der vorliegenden Art hat der Patient, der ambulant nach Terminvergabe operiert wird, die Situation bis zur Operation in der Hand. Wenn er nicht mehr einverstanden ist, braucht er nicht zu erscheinen beziehungsweise kann er den Termin absagen. Wenn der Patient erscheine, bestehe aber keinerlei Veranlassung das Fortbestehen der Einwilligung zu überprüfen.
Die Frau habe die Einwilligung auch nicht wirksam widerrufen, so das Gericht weiter. Allein die Übergabe des geänderten Überweisungsscheins genüge dafür nicht. Vielmehr hätte sie ihren Sinneswandel gegenüber dem Arzt oder seinen Angestellten deutlich machen müssen.