Unschuldig in Unfall verwickeltWer sich nicht anschnallt, haftet mit
Seit 1976 gilt in Deutschland Anschnallpflicht. Wer ohne Gurt bei einem Unfall verletzt wird, riskiert sein Schmerzensgeld. Auch dann, wenn ein anderer die Kollision verursacht hat.
Wer während eines Autounfalls nicht angeschnallt ist, muss für seine Verletzungen und die Folgen daraus mit haften. Auch dann, wenn er an dem Unfall selbst nicht schuld war. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Verletzungen durch den Gurt vermeidbar gewesen wären. Darauf hat das Oberlandesgericht München in einem nicht zur Revision zugelassenen Urteil bestanden (Az. 10 U 1931/12).
In dem Fall war einem Autofahrer auf einer Bundesstraße die Vorfahrt genommen worden. Bei dem Aufprall schlug sein Kniegelenk in das Armaturenbrett, der Brustkorb prallte auf das Lenkrad und der Kopf streifte die Windschutzscheibe. Zum Zeitpunkt des Unfalls war der Fahrer nicht angeschnallt. Die beiden Unfallverursacher wollten ihm deshalb das volle Schmerzensgeld von rund 30.000 Euro nicht in voller Höhe zahlen. Denn dem Mann mache laut eigenem Bekunden in seiner täglichen Lebensführung jetzt vor allem die erlittene Knieverletzung zu schaffen.
Dem stimmte ein Gutachten zu. Im angeschnalltem Zustand wäre es wahrscheinlich nicht zur Oberschenkelfraktur gekommen. Doch der Gurt hätte nach Aussage der Sachverständigen den Brustkorb ebenfalls massiv belastet. Möglich sei dabei auch eine Fraktur des Brustbeins und - beim trotz des Gurts nicht zu vermeidenden Aufschlag auf Lenkrad - eine Gesichtsprellung gewesen, verbunden mit einer Nasenbeinfraktur sowie eine Pedalverletzung. "Auf bestimmte Wahrscheinlichkeiten, was im Einzelnen hätte geschehen können und was nicht, wollten sich die erfahrenen Sachverständigen aber nicht einlassen", erklärt Rechtsanwältin Alexandra Wimmer von der Deutschen Anwaltshotline.
Nur dass der Mann mit angelegtem Gurt "quasi unverletzt" geblieben wäre, wie von der gegnerischen Versicherung rigoros behauptet, sei tatsächlich auszuschließen. Eine Mitschuld an der Schwere der Verletzungen trifft ihn also auf jeden Fall. Deshalb entschied sich das Gericht wegen der Verletzung der Anschnallpflicht für eine Mithaftung in Höhe von 1/3 des Schmerzensgeldanspruchs.