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Sauberste Luft der ErdeAmazonas ist ein Regenmacher

17.09.2010, 15:34 Uhr
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Ein geschlossener Bioreaktor. Das Amazonas-Ökosystem produziert organische Aerosolpartikel. (Foto: MPI Chemie)

Forscher finden heraus, wie im Amazonasgebiet der Regen ohne jeglichen menschlichen Einfluss entsteht. Organische Schwebeteilchen aus dem Regenwald sind maßgeblich an der Wolkenbildung beteiligt.

Der Amazonas macht sich seinen Regen selbst. Der Regenwald setzt Pollen, Pilzsporen und auch viele kleinere Partikel frei, an denen Tröpfchen und Eiskristalle kondensieren. Diese bilden Wolken und fallen schließlich als Regen zur Erde. Über dem Amazonas, wo die Luft während der Regenzeit weltweit mit am saubersten ist, konnte ein internationales Forscherteam unter Mainzer Leitung jetzt erstmals untersuchen, wie dieser Prozess unbeeinflusst vom Menschen abläuft. Die Ergebnisse sind wichtig für bessere Klimamodelle.

Die Schwebeteilchen in der Luft, sogenannte Aerosole, sind in besiedelten Gebieten stark mit Ruß, Nitraten und anderen Schadstoffen verunreinigt. Ulrich Pöschl vom Max-Planck-Institut für Chemie fischte mit seinem Team daher die Kondensationskeime im Amazonas-Gebiet nördlich der brasilianischen Stadt Manaus fernab von industrieller Verschmutzung aus der Luft.

Mitten im Amazonasbecken errichteten die Wissenschaftler einen 40 Meter hohen Turm, von dem aus sie die Aerosole einsammelten. Die untersuchte Luft war bei der vorherrschenden Windrichtung rund zwei Tage über dem Amazonas unterwegs und durch den Regen auch von weit reisenden Schwebeteilchen gereinigt, wie die Foscher im US-Fachjournal "Science" berichten. 1600 Kilometer von industriellen Anlagen entfernt, befanden sich in der Luft fast nur noch Aerosole, die unbeeinflusst vom Menschen entstehen. Deren chemische Zusammensetzung analysierten die Forscher unter dem Elektronenmikroskop und mit dem Massenspektrometer.

Nur kleine Anzahl an Aerosolen

Überrascht hat die Forscher die insgesamt geringe Aerosoldichte über dem Amazonas von lediglich ein paar hundert Teilchen pro Kubikzentimeter Luft. Über Großstädten schweben mehrere Zehntausend Teilchen pro Kubikzentimeter. Anders als in dicht besiedelten Gebieten bestehen die Regenwald-Aerosole zudem zu mehr als 80 Prozent aus organischem Material.

Dabei bildet sich im Regenwald eine Art Kreislauf: Aus dem Wald verdunstet Feuchtigkeit, kondensiert an den organischen Schwebeteilchen, regnet schließlich wieder zur Erde und wässert die Pflanzen, die beim Wachsen wiederum Schwebeteilchen freisetzen. "Den brasilianischen Regenwald kann man sich zur Regenzeit als einen Bioreaktor vorstellen”, erläutert Pöschl.

So konnten die Forscher untersuchen, wie die Niederschlagsbildung ohne den Einfluss des Menschen abläuft – und daraus lässt sich ableiten, wie der Mensch die Bildung von Wolken und Niederschlag beeinflusst. Mit diesem Wissen lassen sich auch genauere Klimamodelle aufstellen.